In einer Kolumne für Zeit Online plädiert Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin, für die Zuwanderung als Motor der wirtschaftlichen Entwicklung.
Seine Argumente sind zahlreich und erscheinen auf den ersten Blick plausibel, aber halten sie auch der Realität stand?
Ich möchte die Leser bitten, mich nicht misszuverstehen: Ich bin kein Gegner der Einwanderung. Ganz im Gegenteil: Ich glaube, dass die Deutschen von Zuwanderung und Vermischung in menschlicher (und biologischer?) Hinsicht nur profitieren können. Die Deutschen von heute sind - so lehrt mich die Erfahrung meiner 90 Lebensjahre - offener, flexibler und wahrscheinlich auch gebildeter als die von 1950. Dafür gibt es viele Gründe: Ein wichtiger könnte Zuwanderung und Vermischung sein (die AfD schreit: nein, nein!).
In einem Artikel der Deutschen Rundschau heißt es:
"Es lassen sich sechs Arten von Ländern unterscheiden:
* Länder mit schrumpfender Bevölkerung und wachsenden Volkswirtschaften (Japan, China, Südkorea, Taiwan)
* Länder mit schrumpfender Bevölkerung und schrumpfender Wirtschaft (Russland, Krieg; Ukraine, Krieg)
* Länder mit wachsender Bevölkerung und wachsenden Volkswirtschaften (Australien, Kanada, Indien, Indonesien)
* Länder mit wachsender Bevölkerung und stagnierenden oder schrumpfenden Volkswirtschaften (Ägypten, Türkei, Tunesien, Sudan, Libyen, Sri Lanka, Frankreich)
* Länder mit schrumpfender Bevölkerung, die durch Einwanderung ausgeglichen wird, und stagnierender Wirtschaft (Italien, Deutschland, Großbritannien)
* Länder mit schrumpfender Bevölkerung, die durch Einwanderung ausgeglichen wird und deren Wirtschaft wächst (USA, Spanien)
Aus der obigen Liste ergibt sich nicht, dass Zuwanderung ein sine qua non für wirtschaftlichen Erfolg ist. Im Gegenteil: die zuwanderungs-freien Länder mit schrumpfenden Bevölkerungen erweisen sich als wirtschaftlich besonders dynamisch. Warum?
"Warum lehnen die schrumpfenden Länder die Einwanderer ab?
Japan zeigt, warum: Das Volk soll so erhalten bleiben, wie es ist und immer war. Fehlende Menschen werden durch Roboter ersetzt („neue Richtung der Evolution“?)
Das erfordert zwar zunächst Investitionen, steigert aber langfristig den Wohlstand. Schrumpfung (der Bevölkerung) erzeugt also Wachstum (der Wirtschaft)."
Dies ist wahrscheinlich nur ein Aspekt der Entwicklung. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Wachstum des Humankapitals. Je mehr eine Bevölkerung schrumpft, desto "wertvoller" werden die (wenigen) verbleibenden Kinder. In diese wenigen Kinder wird pro Kopf der Bevölkerung mehr investiert als zuvor. Das Deutschland des Jahres 2024 entlässt eine Generation junger Menschen in die Wirtschaft, die weitaus besser qualifiziert sind als ihre Altersgenossen im Jahr 1950.
Der Weg ist klar: Statt die Zuwanderung von Fachkräften zu erleichtern, sollte man die nächste Generation inländischer Arbeitskräfte fördern, damit sie die Fachkräfte stellen, die nicht durch Zuwanderung kommen.
Dieser Ansatz wirft natürlich ein Problem auf: Die bessere Ausbildung der einheimischen Jugend kostet Geld, während der Import ausländischer Fachkräfte billig oder kostenlos ist (wenn sie z. B. als Flüchtlinge kommen). Das Herkunftsland (oder die Familie) hat die Ausbildung der Einwanderer übernommen und subventioniert damit das Einwanderungsland. Je höher qualifiziert und je zahlreicher die Einwanderer, desto massiver die Subvention, was im Einwanderungsland zu Wachstum führt (und im Herkunftsland spiegelbildlich zu Abwanderung, Armut und wirtschaftlichem Niedergang).
Gibt es eine Art Obergrenze? Eine Obergrenze für die Qualifikation in Form von mehr Humankapital? Können Länder wie Japan oder Südkorea nur einen begrenzten Prozentsatz an Nobelpreisträgern, Wirtschaftsführern und Erfindern hervorbringen? Oder hat jeder Klippschüler das Zeug zum Patentanwalt, Minister oder Professor, wenn er richtig ausgebildet ist? Wie dem auch sei, wahrscheinlich schlummern in den Millionen-Bevölkerungen moderner Länder enorme Wachstumsreserven an Humankapital.
Jedenfalls ist kein Land bekannt, das sich darüber beklagt hätte, dass es die Grenzen seines Humankapitalwachstums erreicht hat. Selbst das kleine Israel oder die Schweiz haben noch keine derartige Erklärung abgegeben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Professor Fratzscher auf der Grundlage der Forschungen seines Instituts eine sehr europäische Sicht vertritt.
Eine Sichtweise, die nicht ohne Folgen bleibt: Wenn Europa den bequemen Weg des Humankapitalimports weitergeht, anstatt in die einheimische Entwicklung des Humankapitals zu investieren, wird es wirtschaftlich ins Hintertreffen geraten, vor allem im Vergleich zu den asiatischen Großmächten.
Heinrich von LoeschUpdateEine neue Studie zeigt, dass Einwanderer ohne Papiere im Jahr 2022 fast 100 Milliarden Dollar an Steuern auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene gezahlt haben, während viele von den Programmen, die sie mit ihren Steuern finanzieren, ausgeschlossen sind. Die Ergebnisse stehen im Widerspruch zur einwanderungsfeindlichen Rhetorik, wonach Einwanderer ohne Papiere Sozialprogramme "zerstören".
In 40 Staaten zahlten Einwanderer ohne Papiere höhere Steuersätze als die obersten 1 % der Einkommensskala in diesen Staaten, so eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Institute on Taxation and Economic Policy, einer linksgerichteten, gemeinnützigen Denkfabrik.
Die Studie, die sich auf Schätzungen der Steuerbeiträge von Einwanderern ohne Papiere für das Jahr 2022 stützt, zeigt, dass sich diese in diesem Jahr auf 96,7 Milliarden Dollar beliefen.
Ohio Capital Journal