Warum Erdogan die Niederländer Faschisten nennt
Recep Tayyip Erdogan ist als Absolvent einer Koranschule nicht sehr gebildet. Würde man ihn bitten, den Begriff “Faschist”zu definieren, käme wohl wenig mehr als “böse”, “schlecht” und "Italien" heraus.
Dennoch benutzt er den Begriff fleissig, noch gepfeffert mit Varianten wie “Nazi”, “Neo-Nazi” und dergleichen. Die Absurdität dieser Epithete bei Anwendung auf die Niederlande entgeht ihm völlig weil er weder die Geschichte kennt, noch eine klare Vorstellung der Bedeutung dieser Begriffe hat.
Also was trieb den Ober-Türken, diese unverstandene Keule zu schwingen?
Der Zorn. Der masslose Zorn, dass jemand es wagt, sich ihm, dem von Gott berufenen Errichter des Staates der Frommen in den Weg zu stellen. Ihn -- den Vollender der türkischen Geschichte und Abschaffer des gottlosen Irrwegs des Laizismus -- in letzter Minute vor dem Triumph der AK-Partei zu behindern, ist für Erdogan nicht anderes ein Teufelswerk der Feinde des einzigen Glaubens.
Es liegen ihm Worte auf der Zunge, von denen er weiss, dass er sie nicht benutzen darf, zumindest noch nicht: "Christen", "Gottlose", "Feinde des Propheten". Sie haben sich verschworen, ihn an der Errichtung des Hauses Gottes zu hindern, so glaubt er. Nicht nur er, auch seine Millionen Anhänger glauben an eine Verschwörung der Christen und Feinde der Türkei.
Er weiss, er darf die Niederländer, Deutschen und Österreicher nicht Christen nennen, denn theoretisch ist er ja immer noch Politiker, nicht Oberpriester einer Erlösungssekte. Also sucht er nach einem Ersatzbegriff, der möglichst negativ und zugleich politisch klingt. “Kommunisten”?, “Rassisten”? Nein, besser “Faschisten”oder “Nazis”.
So poltert er ohne zu ahnen, wie lächerlich er sich macht mit diesem Fehlgriff in die Mottenkiste der Geschichte. Die Niederländer und die anderen Europäer sollten die Schimpfereien eines Ungebildeten nicht allzu ernst nehmen: sie sollten verstehen, dass er sie eigentlich “Christen” nennen möchte und sich nur nicht traut. Noch nicht.
-- ed
Update
"Europa werde schon lernen, wie man mit der Türkei umzugehen habe, sagte (Aussenminster) Cavusoglu weiter. Ansonsten werde die Türkei es Europa beibringen. "Ihr werdet von Eurem befehlenden Diskurs absehen. Die Türkei befiehlt", sagte er. Die Türkei sei die "Umma", die weltweite Gemeinschaft von "zwei Milliarden" Muslimen. "Deshalb könnt Ihr mit der Türkei nicht im Befehlston sprechen. Ihr müsst anständig reden, Ihr könnt um etwas bitten."