Warum Russland beleidigen ? Washington wiederholt seine Fehler
Barack Obama machte einen großen Fehler, als er Russland im März 2014 als "Regionalmacht" bezeichnete. Diese herablassende Einstufung könnte der Auslöser für den heutigen Krieg in der Ukraine gewesen sein.
Man mag zwar denken, dass eine atomar bewaffnete Siegermacht des Zweiten Weltkriegs nach sieben Jahrzehnten zu einer Regionalmacht abgestiegen ist. Ja, man darf das denken, nur sagen darf man es nicht. Schon gar nicht, wenn man der US-Präsident ist.
Vorgestern wiederholte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin den Fehler, indem er verkündete, die USA wollten Russland schwächen, damit es keine Angriffskriege mehr führen könne.
Wieder diese Herablassung. Das große Amerika bestraft das kleine Russland. Was wird damit erreicht?
Dass Russland wütend aufstampft und schreit: Wir sind immer noch eine Weltmacht! Wir haben die meisten Atomwaffen, wir haben die modernsten Waffen überhaupt. Wir fliegen im Weltraum! Und wir machen mit der Ukraine, was wir wollen, denn sie gehört uns! Wir beanspruchen unsere Version der Monroe-Doktrin.
Dass die Putin-Clique Russland jahrzehntelang ausgeraubt hat, dass die Menschen arm blieben und ihre Ersparnisse verschwanden, statt in Wirtschaftswachstum investiert zu werden, hat Russlands Stellung in der Welt untergraben. China zog an Russland vorbei, die USA und Japan eilten ebenfalls aufwärts ins neue Jahrhundert.
Russland hingegen: Russische Soldaten stehlen in der armen Ukraine Wasserklosetts, weil sie zwar Raketen, aber keine Porzellanschüsseln zu Hause haben.
Angeschossene Wildschweine sind bekanntlich gefährlich: Russland beindet sich in dieser Rolle. Volodymyr Zelensky verzichtet auf weitere Friedensbemühungen, für die er noch vor einem Monat bettelte, weil er jetzt den Sieg vor Augen hat, den ihm seine amerikanischen und englischen Freunde versprechen.
Das ist verständlich, aber es sollte den Russen nicht lauthals verkündet werden, dass sie dabei sind, die Partie zu verlieren. Warum Russland unnötig demütigen? Waffen können auch ohne Lärm geliefert werden. Siege können errungen werden, ohne sie im Voraus anzukündigen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich lange Zeit geweigert, durch Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine Russland den Vorwand zu suggerieren, man wolle sich des Ergebnisses von 1945 entledigen und endlich ein ein europäischer Staat wie alle anderen sein. Ein normales Deutschland würde einen weiteren Zweifel an Russlands Weltmachttradition bedeuten!
Leider gab Scholz nach und genehmigte die Lieferung von Flakpanzern Gepard. Der Druck war einfach zu groß.
Nicht so Macron. Obwohl er Atomwaffen besitzt, ist Frankreichs Präsident zurückhaltend. Man hat nicht zwei Weltkriege überlebt um einen dritten zu riskieren. Bislang sieht er sich weniger als Ukraine-Helfer, sondern eher als Vermittler, der Moskau die Tür offen hält.
Heinrich von Loesch