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Flüchtlinge: warum Frau Merkel irrt

 

   Europa ist eine Zone niedrigen Bevölkerungsdrucks, angrenzend an eine Zone enorm hohen Bevölkerungsdrucks im Süden und Südosten. Der Druckausgleich erfolgt durch Wanderung, legale und illegale. Je stärker das Gefälle zwischen beiden Zonen, desto intensiver der Zustrom in das Unterdruckgebiet.

   Das Jahr 2015 brachte einen Wanderungsschub, doch keine Verminderung der Druckunterschiede. Trotz des Zustroms von einer Million in Deutschland allein ist Europas Bevölkerung nur minimal gewachsen. Die Gesamtbevölkerung der Europäischen Union von 511 Millionen (2014) zeigt kein natürliches Wachstum. Geburtenrate und Sterberate liegen bei 1,02 Prozent/Jahr. Falls 2015 insgesamt 1,5 Millionen in die EU eingewandert sind (die genaue Ziffer ist noch nicht bekannt), so entspräche das einer Bevölkerungszunahme von rund 0,3 Prozent. Im gleichen Jahr wuchs die Bevölkerung der Staaten, aus denen die Migranten kamen, um über 2 bis knapp 3 Prozent. Der Druckunterschied zwischen den beiden Zonen ist also 2015 weiterhin gestiegen, trotz Wanderung.

   Wie Gunnar Heinsohn dargelegt hat, sind die Konflikte im Süden vorwiegend Ergebnis eines Überschusses an jungen Männern, denen die Wirtschaft keine Chance auf Selbstverwirklichung und Einkommen bietet. Daran hat die Wanderung hunderttausender junger Männer nach Europa in 2015 nichts geändert – weitere Millionen frisch Heranwachsender entdecken ihre Chancenlosigkeit und die Verlockung Europas.

   Es ist ebenfalls klar, dass Europas Anstrengungen, den Zustrom aus Süden einzudämmen, nur teilweise erfolgreich sein können. Interessant ist, dass Geschäftsleute – in diesem Fall ein grosser europäischer Vermieter von Wohncontainern – erwarten, dass die gegenwärtig enorme Nachfrage nach ihren Behelfswohnräumen nur zwei bis drei Jahre anhalten wird. Offenbar erwartet man, dass es der EU mittelfristig gelingen wird, die Zuwanderung soweit unter Kontrolle zu bringen, dass sich der Bedarf für Notunterkünfte normalisiert.

   Das Chaos von 2015 darf sich nicht wiederholen, das ist allen Akteuren bewusst. Der politische Preis ist viel zu hoch. Die Abschottung osteuropäischer Staaten, Grossbritanniens, Dänemarks und Schwedens ist schlimm; der Aufstieg rechtsextremer Parteien in zahlreichen Ländern Europas sehr bedenklich.

   Die Einwanderung muss kanalisiert werden, damit alle Immigranten durchleuchtet werden können, soweit das überhaupt möglich ist. Die in Beirut für 2000 Dollar käuflichen syrischen Pässe sind bekanntlich echt: sie werden auf offiziellem Papier mit offiziellen Stempeln angefertigt, wobei nicht klar ist, ob das Material von Widerstandsgruppen erbeutet wurde oder ob die Assad-Regierung die Pässe gegen Bezahlung liefert.

   So traurig es ist, aber ausgerechnet die Flüchtlinge aus Syrien, die Frau Merkel favorisiert, sind besonders gefährlich. Nach einer Pew Research-Umfrage hält Syrien weltweit den prozentualen Rekord an Unterstützern des Daesh (IS, ISIS, Islamischer Staat).  21 Prozent der Syrer (ausserhalb des IS lebend) haben eine positive Meinung über den Daesh, also über 4 Millionen. An zweiter Stelle folgt Nigeria mit 14 Prozent Unterstützern der lokalen Variante des Daesh, Boko Haram. Auch in Tunesien, Senegal und Pakistan – weiteren wichtigen Ländern, aus denen Europa Einwanderer bezieht – ist der Daesh bei Teilen der Bevölkerung gut angesehen. Nicht so in Libanon: hier liegt der Anteil bei 0 Prozent! 

   Dass Daesh, al-Nusra und andere Terrorgruppen die Fluchtrouten der illegalen Einwanderer benutzen, um ihre Leute einzuschleusen, glauben (ausser deutschen Geheimdiensten) alle Fachleute. Vor allem gilt besondere Wachsamkeit den Syrern, Tunesiern, Irakern, Ägyptern und anderen Trägern arabischer oder pakistanischer Namen.

   In den kurzen Monaten, bevor im Frühjahr 2016 der Migranten-Ansturm vermutlich wieder startet, müssen die Behörden  die in Deutschland 2015 aufgenommene Million Migranten überprüfen, die mit dem Erstaufnahme-System "Easy" ins Land kamen und lediglich registriert, untergebracht und medizinisch behandelt wurden. Wer sie eigentlich sind, was man über sie ausfindig machen kann, ob sie überhaupt noch da sind oder wohin sie verschwunden sind – eine Herkulesarbeit, die noch vor der formalen Antragstellung auf Asyl ansteht und die Behörden zum Verzicht auf den Weihnachtsurlaub bewegen sollte. Dass ausserdem heimkehrende Europäer (wie im Falle der Pariser Attentate) aus Syrien oder dem Irak bei der Einreise besondere Aufmerksamkeit verdienen, versteht sich von selbst.

   Europa braucht Einwanderer. Dass der offizielle Weg – Visum - Green Card (oder äquivalent) - Einbürgerung – nicht annähernd ausreicht, die Menschenmassen zu bewältigen, die hereindrängen und zum Teil auch benötigt werden, ist offenkundig und wurde de facto auch von mehreren Staaten Europas akzeptiert. Die illegale Einwanderung zu legalisieren – vor allem durch das Asylrecht – ist eine zu lösende Aufgabe. Die nicht legalisierten Einwanderer zurückzuschicken oder sie, falls sie sich weigern, zu deportieren, ist die andere Aufgabe. Um beides bewältigen zu können, muss der Strom von Migranten so weit gedrosselt werden, dass Stress und Chaos, wie sie 2015 herrschten, vermieden werden.

   Diese Drosselung des Zustroms würde nicht nur helfen, Feindseligkeiten zwischen EU-Staaten künftig zu vermeiden; sie würde auch dank besserer Betreuung der Wanderstrecken den Migranten helfen, Lebensgefahr, Misshandlungen und Leiden auf ihrem Treck nach und durch Europa zu mindern. Bereits jetzt ist Drosselung in Aktion. Alle Nachbarstaaten Syriens haben inzwischen ihre Grenzen für mittellose Migranten geschlossen und repatriieren Flüchtlinge in steigendem Umfang. Doch können sich jederzeit Situationen wiederholen, in denen Grenzen von der Masse der Migranten durchbrochen und niedergerannt werden. 

Heinrich von Loesch

Update

1,28 Milionen Menschen sind in den vergangenen elf Monaten laut einem Medienbericht illegal in die EU eingereist - so viele wie nie zuvor. Die EU-Kommission spricht von einem "Allzeithoch" und kritisiert die Sicherung der EU-Außengrenzen als "völlig unzureichend". 

Tagesschau.de

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