Wachstum oder Rüstung?

 

Erste Stimmen sagen voraus, dass das neue europäische Rüstungsziel von 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts das ohnehin schwache Wachstum der europäischen Wirtschaft belasten wird. Dies wirft zwei Fragen auf

1. Stimmt das?

2. Wenn es stimmt, wäre das dann schlecht?

Eine breite Diskussion ist noch nicht im Gange. Es lassen sich jedoch bereits zwei grundsätzliche Ansichten skizzieren:

These:  Rüstungsausgaben fördern das Wirtschaftswachstum, wenn 

1. sie nicht durch Steuern, sondern durch Schulden finanziert werden

2. wenn die Rüstungsausgaben im Inland (in Europa) verbleiben, indem (im Zweifel nicht vorhandene moderne) Rüstungsgüter vor Ort produziert werden, statt sie (aus den USA) zu importieren (französisches Modell)

3. möchte man hinzufügen, dass die schönste Rüstung nichts nützt, wenn es nicht genügend Soldaten gibt, die sie benutzen.

 

Antithese: Ausgaben für Rüstung behindern das Wirtschaftswachstum.

Eine Stimme dazu (von links):

 

Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) errechnet, dass eine Erhöhung der Militärausgaben auf 3,5 Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) das Wirtschaftswachstum um bis zu 1,5 Prozent steigern könnte. IfW-Präsident Moritz Schularick forderte daraufhin: »Aufrüsten für den Wohlstand.« Diese Logik macht die EU mit der Reform ihrer Schuldenregeln nun endgültig zum offiziellen Wirtschaftsprogramm – doch die versprochene Wohlstandssteigerung wird daraus nicht folgen. Ganz im Gegenteil: Die Militarisierung vertieft die wirtschaftliche Spaltung Europas, steigert die soziale Ungleichheit und verschärft bestehende Krisen.

Militärausgaben hingegen sind keine produktiven Investitionen. Zwar können staatliche Militäraufträge das BIP aufblähen, doch sie schaffen keine gesellschaftlich nutzbare Wertschöpfung. Rüstungsgüter werden nicht konsumiert oder zur Erhöhung der gesellschaftlichen Produktivkraft genutzt, außer man würde anfangen Panzer im öffentlichen Nahverkehr einzusetzen. Vielmehr verursachen sie gesellschaftliche Folgekosten, indem sie teuer gewartet, modernisiert und im schlimmsten Falle eingesetzt werden, was noch viel mehr Wohlstand zerstört.

 

Das ist sehr schön gesagt. Aber dieses Argument geht am Kern der Sache vorbei: Aufrüstung bedeutet Opfer. Ein Opfer für die Sicherheit, auf Kosten des Wohlstands. Man kann nicht Sicherheit und Wohlstand gleichzeitig optimieren.Wenn man nicht will, dass eines Tages Putins Panzer über deutsche Autobahnen rollen (und sie dabei ruinieren), muss man Opfer für die Sicherheit bringen. Ob dies durch Steuern oder Schulden finanziert wird (ob sofort oder später bezahlt wird), ist zweitrangig.

Die neu beschlossenen Militärausgaben in Europa bedeuten Konsumverzicht, heute oder in Zukunft. Die europäischen Regierungen sollten dies ihren Völkern umgehend mitteilen, damit niemand unvorbereitet getroffen wird, wenn die Rechnungen eintrudeln.

Wer eine Weltmacht sein und Putin fernhalten will, muss zahlen, genau wie die amerikanischen Steuerzahler. die jahrzehntelang die Sicherheit Europas (und indirekt ihre eigene) finanziert haben.

Nicht jeder europäische Kleinstaat kann seine eigenen Kampfflugzeuge bauen: Wenn schon viel Geld ausgegeben werden muss, dann nur für die besten Produkte. Beispiel: Großbritannien kauft jetzt amerikanische Flugzeuge als Atomwaffenträger, nicht Rafale aus Frankreich oder Eurofighter Typhoon.

Rebus sic stantibus, die massive Umpolung von Europas Wirtschaftskraft auf das Militär bedeutet den Verzicht auf eine Position an der Spitze der Weltwirtschaft.

Europa liegt wirtschaftlich bereits jetzt weit hinter den USA und China zurück: Sobald die großen Militärausgaben kommen, wird das Wachstum (wahrscheinlich getarnt durch Inflation) negativ werden.

Heinrich von Loesch

 

Knallhart rechnet Wolfgang Munchau mit dem Haager Geloebnis der Nato-Europaeer ab, 5 Prozent des GDP in die Verteidigung zu investieren. 

We are talking about the biggest fiscal programme in human history — because Europeans are dead scared that Trump will feed us to the Russian bear....Given the lack of any political willingness to pool our defence purchases, what will Putin make of our newly announced 5% spending target? He is already spending 6-8% of Russia economic output on defence, but the impact is much higher than those numbers suggest.

 

Together, European countries (EU + UK, Norway etc.) show a total GDP of some $28 trillion. Five percent of this would amount to $1,4 trillion or roughly one third of Germany's GDP ($4.6 trillion) or close to Spain's entire GDP ($1.59 t) and not far below Russia's GDP of $2.0 trillion.

Europe is not prepared to raise funds and face an expenditure of this magnitude. This program requires Europe to sacrifice part of its purchasing power or most of its social welfare without obtaining much benefit in military terms because of enormous moneys being lost in the European military procurement jungle and because of shortage of soldiers to use new equipment.

However, Europe can still hope for divine help. Putin's economy might crack under the combined weight of armaments expenditure and the Ukraine war despite the Russian people's much vaunted ability to quietly suffer hardship.  In 2019, Trump might have to hand the White House over to a less Europhobic successor. Creative bookkeeping and accounting might help to reduce and stretch the military expenses.

Still, Europe's road to its own defense will be paved with new poverty and hardship. It's time to face up to reality.

--ed  

 

 

 

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