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Hilfe! Ich bin ein Terrorist!

   Falls ich auf die Idee käme, Urlaub in der Türkei zu machen. Dann gälte für mich folgende in Vorbereitung befindliche Gesetzeslage:

Ein hoher Vertreter der regierenden Gerechtigkeits- und Entwicklungs-Partei (AKP) erklärte Reuters früher am Tag, dass die Türkei daran arbeite, die Definition 'Terror-Verbrechen' so zu erweitern, dass sie auch jene umfasst, die die Medien benutzen, um Gewalttätigkeit zu unterstützen oder zu loben. Erdogan warnte Journalisten, Hochschullehrer und Gesetzgeber mehrfach, sie sollten sich nicht als immun von der Verfolgung unter Anti-Terrorismus-Gesetzen betrachten.   Unter dem Titel Erdogan: Eiserne Faust im Samthandschuh wird den Terror zerschmetternberichtet dies die Hürriyet Daily News.

   Da germanpages.de – Deutsche Rundschau  (vorher german.pages.de) seit Beginn der AKP-Regierungszeit 2002 die Entwicklung in der Türkei kritisch beobachtet und kommentiert, wäre ich als verantwortlicher Redakteur, falls ich die Türkei besuchte, ein typischer Kandidat für Untersuchungshaft, Prozess und womöglich viele Jahre in rattenverseuchten Verliesen.

Hier wiederhole ich es noch einmal: wir sollten sofort “Terror” und “Terrorist” neu definieren. Wir sollten sofort das Strafgesetzbuch gemäss dieser neuen Definition modifizieren. Wir sollten unseren Sicherheitsdiensten, Staatsanwälten und Richtern alle Arten von legalen und technischen Möglichkeiten geben, die sie in die Lage versetzen, den Terror und die Terroristen wirksam zu bekämpfen, erklärte Erdogan.”

   Wow! Eine kalte Brise, aus der Richtung von Nordkorea kommend, weht über die Türkei. Für mein Teil habe ich alle Gedanken an einen Istanbul-Besuch gestrichen. Dass neue Terrorgesetze in mehreren Ländern weiten Spielraum zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit bieten, beklagte die New York Times in ihrer Wochenausgabe vom 4. 3. 16.

   Irgendwie erinnert mich die Situation an jene Jahre zwischen 1967 und 74, als in Griechenland das Militär herrschte und ich von Grikos, dem inoffiziellen Geheimdienstresidenten der Obristen in München, gewarnt wurde, nicht nach Griechenland zu reisen, da man mich dort nicht möge. Ich reiste trotzdem und verliess mich (zurecht) auf den Schutz meines damaligen Laissez-Passer der Vereinten Nationen.

   Deutsche und andere Touristen  mieden in jenen Jahren aus Solidarität mit der Bevölkerung Griechenland. Das schadete zwar der ohnehin ärmlichen griechischen Wirtschaft, aber es setzte ein weithin sichtbares Signal.

Heinrich von Loesch

 

Update

"Immer mehr westliche Journalisten ziehen sich wegen Drohungen und Repressalien aus der Türkei zurück. Jetzt verlässt mit "Spiegel"-Mann Hasnain Kazim einer der schärfsten Erdogan-Kritiker das Land."-- Die Welt

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