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Die Russen vor Wien?

 

Während die Deutschen den 70. Geburtstag von Angela Merkel feiern, feiert die Republikanische Partei in Milwaukee ihren neuen Star: Donald Trumps Vizepräsidentschaftskandidaten J. D. Vance.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Vance am 15. Januar nächsten Jahres Vizepräsident der USA wird, steigt täglich. Er ist ein vehementer Gegner von Hilfen für die Ukraine und fordert die Ukraine angesichts ihrer personellen und materiellen Unterlegenheit auf, sich unterzuordnen.


Mit einer defensiven Strategie kann die Ukraine ihre wertvollen militärischen Kräfte schonen, das Ausbluten stoppen und Zeit für die Aufnahme von Verhandlungen gewinnen.


Das Problem ist, dass Putin, wenn jemand, der der US-Macht so nahesteht wie Vance, sich derart äußert, ermutigt wird, seine Forderungen zu erhöhen.
Es wäre naiv anzunehmen, dass Putin die Ukraine-Vorschläge eines Präsidenten Trump (wie von Orban skizziert) in toto akzeptieren wird. Putin wird mehr fordern und mehr bekommen, nämlich die gesamte Ukraine, nicht nur das bereits von Russland besetzte Gebiet. Den Resten des ukrainischen Militärs droht im besten Fall Sibirien, im schlimmsten Fall sofortiger Genickschuss, wie Ex-Präsident Medwedew angekündigt hat.

Iwano-Frankiwsk ist eine charmante westukrainische und galizische Stadt, die Touristenführungen in mehreren Sprachen (außer Russisch) anbietet. Die Oblast bildet ein schmales Tor zum Westen, zur Slowakei und nach Ungarn. Beide Länder sind Mitglied der NATO und beherbergen so genannte multinationale battlegroups. Das hindert ihre Regierungen jedoch nicht daran, offen russophil zu sein. Der Ungar Viktor Orban präsentiert sich gerne als Freund Putins, der Slowake Robert Fico bewundert Orban und kopiert ihn.

Eine interessante Frage: Was wird passieren, wenn Putins Truppen von Iwano-Frankiwsk aus nach Westen vorrücken und in die Slowakei und Ungarn einmarschieren? Wird die jeweilige Regierung die Russen als Freunde empfangen und sie nach Westen, nach Wien, durchwinken? Was wird die battlegroup tun? Wird sie die Regierung fragen, ob sie verteidigt werden will?

Auch interessant: Was würde die österreichische Regierung tun, wenn die Russen in Ödenburg, Pressburg und Steinamanger auftauchen und Wien bedrohen? Würde sich Österreich auf seine Neutralität und Nichtmitgliedschaft in der NATO berufen, wie sie im Staatsvertrag von 1955 verankert ist?


Am 26. Oktober 1955 beschloss der Nationalrat das Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs. Zehn Jahre später bestimmte der Nationalrat diesen Tag zum österreichischen Nationalfeiertag.


Würde Österreich die russischen Truppen in Richtung Salzburg, Braunau und Schärding durchwinken?

Von Iwano-Frankiwsk nach Passau sind es 1170 Kilometer, das ist die gleiche Entfernung wie von Berchtesgaden nach Kopenhagen.

Heinrich von Loesch

 

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