Stop TTIP!

Stop TTIP !

Heute sah ich im Rückfenster eines vor mir fahrenden Autos ein Schild "Stop TTIP" von einer ominösen europäischen Bürgerinitiative.

OMG -- was soll das, dachte ich.

Die Wirtschaft der Eurozone dümpelt am Rande der Deflation. Niemand will eigentlich genau wissen, wie hoffnungslos die Lage in Italien ist, einem Land, dessen ständig wachsende Staatsverschuldung wie das Schwert des Damokles über der Eurozone hängt. Mit Zähnen und Klauen bekämpfen dort die Interessengruppen jede noch so bescheidene Reforminitiative.

Frankreich schiebt die längst überfälligen Reformen vor sich her wie einen Berg aus Hirsebrei. Griechenland braucht eine neue, dritte Rettungsaktion.

Während Euroland lustlos auf der Stelle tritt, melden die USA rasches Wachstum. Durch fracking gibt es plötzlich ein Überangebot an billiger Energie, das auf Wirtschaft und Privatleute wie eine unverhoffte Steuersenkung wirkt. Halbierte oder gedrittelte Energiekosten in Amerika wirken so, als ob man in Europa die Mehrwertsteuer um fünf oder mehr Prozent senken würde.

Egal wie man fracking ökologisch bewertet, wird in jedem Fall dadurch ein Wachstumsschub losgetreten. Europas Industrie verlagert in Eile Produktion in das Land der billigen Energie, wo im boom Profite winken, von denen man in Europa nur träumen kann.

Dieses Amerika bietet Europa die Hand zu einem Freihandelsabkommen, das die letzten Handelshemmnisse beseitigen soll. Nicht Asien gilt das Angebot. sondern dem alten Europa. Eine enorme Chance für uns, von der -- vielleicht nur vorübergehenden -- Dynamik Amerikas jetzt zu profitieren. Jedes Freihandelsabkommen, das lehrt die Erfahrung, beschert den Teilnehmern enormes Wachstum. Ohne viel Anstrengung, ohne grosse Reformen. Allein die Verdoppelung der Marktgrösse beschert den Verbrauchern schärfere Konkurrenz der Hersteller, die wiederum ihre Grenzkosten durch steigenden Absatz senken können. Eine echte win-win-Situation. Ein Geschenk des Himmels für eine in Lethargie und Stagnation gefangene Wirtschaft wie unsere, sollte man meinen.

Doch nein. Da wird gegen TTIP gestänkert. Da melden sich Partikularinteressen und irrationale Furchtgespenster. Niemand will wissen, dass es auch in den USA solche Befürchtungen geben könnte. So wie in Kanada, wo ein ähnliches Freihandelsabkommen mit Europa Proteste hervorrief, weil man beispielsweise Angst hat, dass die mächtige europäische Milchindustrie die einheimischen Käsesorten verdrängen wird.

Es lohnt nicht, auf all die rationalen und irrationalen Argumente gegen TTIP einzugehen. Die Diskussion darüber gleicht einer Fahrt durch die Geisterbahn. Angesichts der italienischen (und anderen südlichen) Staatsschulden, die über der Eurozone hängen, erlauben wir uns den Luxus, so zu tun, als ginge es uns so gut wie immer und wir könnten es uns leisten, TTIP abzulehnen.

In Wirklichkeit haben wir keine Wahl. Wir stecken so tief im Loch, dass wir Amerika danken sollten, wenn es hilft, uns daraus zu befreien. Eine Chance, die man nicht zweimal bekommt. Dieses Mal muss es Europa schaffen, den ewigen Bedenkenträgern, Fortschrittsfeinden und Amerikaskeptikern eine klare Absage zu erteilen.

Dieses Mal geht es um die Wurst, nicht um prickelnden Grusel in der Geisterbahn.

 

---Heinrich von Loesch

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