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2023 = 1933? Der Fluch der Vergesslichkeit

 

 Als Charles-Louis Napoléon Bonaparte 1848 zum Präsidenten Frankreichs gewählt wurde, waren 33 Jahre vergangen, seit die Herrschaft seines Onkels Napoleon I nach 19 Jahren Krieg endete.
Nur 33 Jahre -- knapp zwei Generationen -- dauerte es, bis die Franzosen das Grauen der endlosen Kriege seines Onkels vergessen hatten und Louis Napoleon als Nachfolger des durch die Revolution von 1848 gestürzten Bourbonenkönigs Louis Philippe zum Präsidenten erkoren.

Louis Napoteon zögerte nicht. Schon 1852 wurde er als Napoleon III Kaiser der Franzosen und, wie sein Onkel, engagierte er Frankreich in mehreren Kriegen, die erst 1870 mit der Niederlage gegen Preußen und seine Verbündeten endeten. Erst nach dieser Erfahrung waren die Franzosen bereit, auf die kriegerischen Bonapartes zu verzichten, übrigens auch auf die kaum friedfertigeren Bourbonen. Vive la République!


Was das mit Deutschland und 2023 zu tun hat?

1945 endete Deutschlands letzter grosser Krieg mit der nahezu vollkommenen Vernichtung. Deutsche Städte lagen in Trümmern, Deutschland Söhne unter der Erde, soweit sie nicht in Gefangenenlager marschierten. Der Holocaust und die Verbrechen deutscher Truppen und Besatzer in Nachbarländern.hatten kommenden Generationen eine unglaubliche Schuld aufgeladen.

Mehrere Generationen von Deutschen haben sich dieser Schuld gestellt, irgendwie. Sie haben Verzeihung und Versöhnung gesucht und gefunden, mehr als sie erwarten durften. Die Welt hat sie wieder aufgenommen in die Gemeinschaft der Vereinten Nationen.

Aber seit 1945 ist viel Zeit vergangen, fast 80 Jahre. Generationen sind gekommen und gegangen: Immer kleiner wurde die Schar derer, die das Grauen der vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts erlebt und erlitten haben. Als „Zeitzeugen“ steckten sie ihr Wissen zwischen Buchdeckel in der Annahme, damit den kommenden Generationen Wissen und Empathie zu vermitteln.

Doch die neuen Generationen lasen die Bücher nicht. Sie waren beschäftigt zu leben, genug Geld dafür zu erwerben, Fernsehen und Smartphone zu schauen.

Allmählich vollzog sich ein Wandel in der Denkweise der Generationen. Das Bewusstsein der Schuld, die Kenntnis der im Namen Deutschlands begangenen Verbrechen fielen der zeitlichen Erosion zum Opfer. Nicht nur das: zum Vergessen und der Gleichgültigkeit gesellte sich im Laufe der Jahrzehnte der Wunsch neuer Generationen „einen Schlusstrich“ unter die Vergangenheitsbewältigung zu ziehen; die Schuld abzuwälzen wie Prometheus einen Felsblock, sie aufzurechnen gegen eine Fußball-Weltmeisterschaft oder eine elegante Automarke.

Mehr noch: während die Portraitfotos der Soldaten unter der Erde verblichen und die Städte schlecht und recht wieder aufgebaut wurden formierte sich ein neuer Nationalstolz, eine Erinnerung an vergangene deutsche Größe in Geografie, Literatur, Export und Fussball.

Dem wachsenden Nationalstolz der neuen Deutschen entspricht ein Rechtsruck in der Politik. Vergessen die Zeiten, in denen ein Nachkriegsdeutschland die Sozialdemokratie mit der Leitung des Landes betraute. Brandt, Schmidt, Dohnanyi, Schroeder -- Monumente einer Vergangenheit, an der man die Gegenwart nicht messen sollte.

Die Gegenwart? Eine deutschnationale Partei (um es höflich auszudrücken) ist, wenn man den Umfragen glauben will, erstmals seit 1945 die zweitstärkste Kraft in Deutschland und scheut sich nicht, nach der Macht zu greifen.
Frankreich hatte 1848 das Debakel von 1815 vergessen. .Hat Deutschland heute 1945 vergessen? Sind die Deutschen bereit, ihr Schicksal (und nicht nur ihres) wieder Rechtsextremen anzuvertrauen, deren Vorläufer bereits einmal das Unvorstellbare verwirklichten?

Heinrich von Loesch
 
Update
"Ein Teil der deutschen Bevölkerung habe schon immer eine extremistische Gesinnung gehabt, urteilte Münch. Mit der AfD würde sich auch für enttäuschte Wähler nun eine scheinbar wählbare und "komplett destruktive Opposition" bieten. "Das ist ein neues Phänomen, mit dem wir anscheinend noch gar nicht so recht umgehen.""
 
Update II
Lesefrucht aus einem populären Social Media Portal:
"Hier ein paar Zitate von AfD-Aussteigern (Von Es_REicht auf Facebook)
9 Zitate von AfD-Aussteigern, … die belegen wie rechtsextrem sie ist:
1. Die Radikalen haben die Kontrolle über die AfD übernommen!
2. Diese Partei ist keine Alternative, sie ist der Abgrund für Deutschland!
3. Demokratie, die sie abschaffen wollen! Wie 1933, genau so wurde auch die NSDAP groß!
4. Den Kampf gegen Nationalbesoffene, Radikale, Extremisten, Höcke-Jünger habe man verloren!
5. Hätte dreimal gereicht, für eine Bebachtung!
6. Bei der AfD gibt es Papiere in den Schubladen, die sind krasser als das, was die NPD früher wollte!
7. Nur ein Feigenblatt für die Ideologien von Höcke & Co.!
8. Die AfD läuft Gefahr, eine Art NPD 2.0 zu werden!
9. Mit Neonazis mache ich mich nicht gemein!"
 

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