Warum will Putin die Ukraine haben?
Über Wladimir Putins großrussische, zaristische Träume als die eines Hobbyhistorikers ist viel spekuliert worden. Vor allem über die Rolle Kiews im Mittelalter:
Die Kiewer Fürsten vereinigten bald alle ostslawischen Gebiete unter ihrer Herrschaft. Ihr Staat wurde der größte in Europa. Im Norden grenzte die Kiewer Rus an die Ostsee und das Weiße Meer...
...und daher stammt Putins Annahme, die Ukraine sei kein unabhängiger Staat, sondern eine (abtrünnige) Provinz Russlands, die mit Gewalt „heimgeholt“ werden müsseSo viel zur Mythologie.
Aber es gibt andere, konkrete Gründe, warum Putin die Ukraine um jeden Preis haben will. Jahrzehntelang war die Ukraine die wichtigste Waffenquelle der Sowjetunion.
Ein zentraler Fünfjahresplan (ab 1928) mit gigantischen Entwicklungszielen gab der Ukraine mit ihren fruchtbaren Schwarzerdeböden im Südosten und den Kohle- und Eisenerzvorkommen im Donbass einen Sonderstatus. Das Kraftwerk Dnipro mit seinem riesigen Staudamm, die Stahlkombinate in Saporischschja, die Rüstungsindustriezentren in Charkiw und Dnipropetrowsk machten die Ostukraine zum entscheidenden Zentrum der sowjetischen Schwerindustrie.
Diese von Stalin geschaffene Basis für die ukrainische Rüstungsproduktion ist bis heute erhalten geblieben:
Rheinmetall-Chef Armin Papperger sagte:.
Die Ukraine habe als ehemalige Waffenfabrik der Sowjetunion eine sehr gute Basis. Er geht davon aus, „dass es uns relativ schnell gelingen wird, die Ukraine in die Lage zu versetzen, sich selbst zu verteidigen“.
Bekanntlich stieg die Ukraine im Zuge des russischen Angriffskrieges nicht nur zum viertgrößten Waffenimporteur der Welt auf, sondern wurde auch zu einem beeindruckenden Rüstungsproduzenten. Hunderte kleiner privater Fabriken, die über das ganze Land verstreut sind, stellen derzeit zum Beispiel Drohnen her.
Der Ukraine mangelt es zunehmend an Soldaten. Um bei Russlands Offensiven mit immer weniger Menschen standhalten zu können, muss die Ukraine neue autonome und ferngesteuerte Waffen kaufen oder entwickeln:
Die Fortschritte bei der künstlichen Intelligenz im zivilen Bereich treiben auch die militärische Entwicklung voran: Diese zielt darauf ab, die menschliche Waffensteuerung durch autonome Systeme zu ersetzen. Die ersten Waffensysteme mit einem hohen Grad an Autonomie sind bereits in der Luftverteidigung im Einsatz. Auch die Entwicklung von autonomen Drohnen und Bodenfahrzeugen für die Polizei oder das Militär mit Überwachungstechnik ist weit fortgeschritten....
Der ukrainische Soldat der Zukunft wird nicht im Schützengraben liegen, sondern vor einem Monitor sitzen und seine Waffe steuern. Natürlich kostet sein Arbeitsplatz ein Vielfaches des Drecklochs im Schützengraben, weshalb der Finanzbedarf der Ukraine mit der Zahl der Gefallenen und Invaliden enorm steigt, wenn das Land sich mit immer weniger Männern (und zunehmend Frauen) verteidigen will.
Ironischerweise nimmt der Wert der Ukraine für Putin mit seinen Siegen zu. Je mehr die Ukraine ausblutet, desto moderner und effektiver muss ihre Verteidigung werden. Not macht erfinderisch, und davon können die Russen nur lernen.
Aus Putins Sicht führt der Weg zur Weltherrschaft (oder zumindest zur europäischen Herrschaft) zunehmend über den Sieg in der Ukraine. Die Beute dort ist eine neue, effiziente Rüstungsindustrie mit viel westlicher Technologie, die die traditionelle russische Massenproduktion alt und unwirtschaftlich aussehen lässt.
Mit jedem Monat des Krieges wird die Ukraine für Putin wertvoller und wichtiger. Nicht nur das Land und seine Rüstungsindustrie müssen erobert werden, es bietet auch Zugang zu modernster westlicher Technologie, die kopiert werden kann.
Mehr denn je würde ein Sieg in der Ukraine Putin in die Lage versetzen, seine imperialen Träume zu verwirklichen.
Heinrich von Loesch Wie sähe Putins Ukraine aus? Sie hiesse wahrscheinlich nicht mehr Ukraine, sondern Noworossiya Новороссия (Neurussland)....eine am 24. Mai 2014 proklamierte Union[2] zwischen der proklamierten Volksrepublik Donezk und der proklamierten Volksrepublik LuganskMit einem Verbot des Namens "Ukraine" würde vermutlich ein Verbot der ukrainischen Sprache -- zumindest im amtlichen Sektor -- einhergehen.