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Die EKD im Mittelmeer

    Noch ahnen die Italiener nicht, was ihnen droht. Die Mittelmeerbühne, auf der bisher kleine, klapprige Rettungsschiffe grosse Auftritte liefern, ist bald um einen weiteren Akteur reicher: die Evangelische Kirche Deutschlands, die EKD.

    Zwar nicht mit einem eigenen Schiff (Bedford-Strohm: “Wir sind keine Reederei”), wohl aber mit ihrem ganzen finanziellen und moralischen Gewicht hinter anderen Schiffsinitiativen will sich die mit Steuergeld-gepäppelte Staatskirche in dem mediterranen Sommertheater engagieren.

    Kein Wort darüber, wo die zu Rettenden angelandet werden sollen. Wieder werden es die üblichen Häfen in Italien und Malta sein. Wieder werden es vor allem deutsche Schiffe sein, und nun auch von evangelischer Moral getriebene – besonders unbeliebt im katholischen Italien und Malta.

    Gegenwärtig glänzt Italien mit einer bürgerlichen Regierung, die Europa eine Atempause verschafft, bevor nach der nächsten Wahl mit hoher Wahrscheinlicheit Matteo Salvini mit einer krypto-faschistischen Regierung antritt. Diese Atempause gilt es so zu nutzen, dass einerseits Flüchtlinge und ihre fellow travellers – die Migranten – aus Seenot gerettet werden, ohne andererseits Salvini die Argumente zu liefern, die er für den Gewinn der Wahlen benötigt.

    Bevor sich erstmals ein halbstaatlicher Akteur wie die EKD an Rettungsschiffen beteiligt, sollten Vorkehrungen getroffen werden, die verhindern, dass die Geretteten wie bisher Italien oder Malta aufgezwungen werden.

    Prinzipiell sehe ich zwei Möglichkeiten: Die EKD müsste zum einen dafür sorgen, dass die Geretteten in einem anderen Land (Tunesien, Algerien, Albanien, Kroatien) angelandet und von dort direkt per Flugzeug nach Deutschland gebracht werden. Das erfordert nicht nur die Mitarbeit des betroffenen Landes, sondern auch die Bereitschaft Deutschlands, diese Leute ohne Prüfung ihrer Nationalität und Herkunft aufzunehmen.

    Falls dieses Verfahren nicht funktioniert gibt es die Alternative eines grossen Vergnügungsdampfers, eines leeren Kreuzfahrtschiffs, das die EKD chartern und im Mittelmeer ausserhalb der italienischen und maltesischen Hoheitsgewässer stationieren könnte. Sobald die tausend oder so Betten voll sind, sollte das Schiff nach Wilhelmshaven oder Cuxhaven dampfen, sich dort leeren und wieder ins Mittelmeer zurückkehren – eine Pause von rund 20 Tagen, während der die Rettungsaktionen zu warten hätten. Auch in diesem Fall müsste sichergestellt sein, dass Deutschland die Geretteten ohne wenn und aber aufnimmt.

   Auf diese Weise würde die EKD ihrem hohen moralischen Auftrag gerecht werden. Am Geld könnte es nicht fehlen (die EKD ist reich genug) höchstens am Willen, das Geld für diesen Zweck auszugeben. Mehr als ein paar Millionen würde es nicht kosten wenn man es ordentlich machen und den Verdacht vermeiden will, die EKD wolle in letzter Stunde für kleines Geld noch auf den Publicity-trächtigen Rettungszug aufspringen.

    Salvini würde bestürzt erleben, wie ihm eine wichtige Keule aus der Hand geschlagen wird – ausgerechnet von den Deutschen, noch dazu den Evangelen. Italiens Chance auf eine demokratische Zukunft würde beträchtlich steigen und die EKD könnte dazu einen entscheidenden Beitrag leisten.

Heinrich von Loesch

Update

Anlässlich der Tagung des Kirchenparlaments in Dresden kündigte Ratsvorsitzender Bedford-Strohm an, am 3. Dezember werde ein "breites gesellschaftliches Bündnis United4Rescue" gegründet und eine Spendenaktion gestartet (Südd. Zeitung, 11.11.19).

Die Synodalen waren sich nicht einig, dass diese Aktion eine gute Idee sei. Worüber offenbar nicht diskutiert wurde, ist die (nebensächliche?) Frage, wo man die Geretteten anlanden will, und was die betroffenen Länder -- wahrscheinlich wieder Italien und Malta -- dazu meinen.

Man könnte spotten, dass Salvini zu den Ersten gehören wird, die für diese Aktion spenden werden. Nicht nur das: man muss den Eindruck fürchten, der sich einstellt, wenn das Mittelmeer als deutsches Mare Nostrum vereinnahmt wird, weil vor allem deutsche Schiffe nach Schiffbrüchigen suchen. 

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