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Rote Armee 1945 - Russische Armee 2022

 

toilette

 

Der Autor hatte das Vergnügen, im Jahr 1945 von der Roten Armee befreit zu werden. Die Sowjets beschlagnahmten das Schloss Hagenberg* (O. Ö), in dem wir wohnten, und schmückten den Eingang mit einem giftgrünen Triumphbogen aus Sperrholz, der von einem roten Stern gekrönt war.

Dank der freundlichen Worte einer jungen Frau - eines Bombenflüchtlings aus Wien -, die sich mit dem Kompaniekommandanten anfreundete, durften wir im Schloss bleiben. So kam ich in den Genuss eines direkten Einblicks in die Lebensweise der Roten Armee.

Bemerkenswert war der Kontakt der Besatzer mit einer wassergespülten Toilette. Die ersten Sowjets - nette Ukrainer - erkannten den Vorteil der Wasserspülung und wuschen sich den Kopf in der Toilettenschüssel. Leider wurde die Toilette dann von anderen nicht nur für den Stuhlgang, sondern auch zur Müllentsorgung benutzt, was zur Verstopfung führte.

Da die Toilette nun nicht mehr funktionierte, nutzten die Soldaten die Fenster als Müllkippe und Toilette. In der Folge nisteten sich Ratten in den Glyzinien der Südfassade ein, was uns Buben veranlasste, die Ratten mit der Steinschleuder zu jagen. Wenn dabei ein nackter Sowjethintern beschossen wurde (Aufschrei, Fluch!), so war das ein Unfall und kein Akt des Widerstands gegen die Besatzer.

Die Rote Armee bewies Kunstsinn: Der Major ließ die Gemälde des Jagdsaals herausschneiden und nach Russland schicken. Seine Soldaten prüften derweil die Papierqualität der Bücher aus früheren Jahrhunderten in der Schlossbibliothek, indem sie jeweils das Titelblatt für eine Papyrossi herausrissen. Welche Enttäuschung! Nichts schmeckt so gut wie eine Papyrossi mit dem Papier der Prawda, die damals zum Leidwesen der Soldaten knapp war.

Jedenfalls haben die Sowjets damals keine Kloschüsseln abmontiert. Wozu auch, denn zuhause gab es wahrscheinlich weder fließendes Wasser noch Kanalisation

Nicht so heute: Die russische Armee in der Ukraine konfiziert Toiletten, weil ihre Soldaten entweder 

  • zu Hause zwar bereits Wasser und Kanalisation, aber keine Kloschüssel haben
  • oder weil die Porzellangarnitur der Anfang einer Anlage sein soll
  • oder weil es auf dem Straßenmarkt Kunden gibt, die ein solches Objekt verlangen.

Wie man sieht, hat es in 77 Jahren bemerkenswerte Fortschritte zwischen der berühmten Roten Armee und den heutigen russischen Streitkräften gegeben.

Heinrich von Loesch
 
*)  

Tumler Franz, Ein Schloss in Österreich. Roman

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