Die grosse Einwanderung

 

Wie die USA. Kanada, Australien und Argentinien ist die Europäische Union ein grosses Einwanderungsland. Sinkende Bevölkerungszahlen, sich leerende ländliche Gebiete, Arbeitskräftemangel, Jugendmangel, Überalterung sind Stichworte, die die EU beschreiben. Starke Wirtschaft ist ein pull-Faktor, der Millionen Menschen  aus armen Ländern nach Europa lockt. Europa braucht sie, aber will Europa sie auch haben?

Jein! Europa möchte gerne wenige Hochqualifizierte importieren, nicht aber niederqualifizierte Millionen. Selbst den Hochqualifizierten werden Hindernisse in den Weg gelegt.

Es ist unglaublich, dass die EU keine Politik aufweist die Einwanderungsgenehmigungen am Herkunftsort und legale Arbeitsverträge am Zielort ausstellt. (El Periódico de Catalunya)  

....um den Mangel langfristig in den Griff zu bekommen, bräuchte es deutlich mehr Anstrengung bei der Anwerbung, sagen die Arbeitsmarktforscher vom IW. Und das sei nicht immer einfach. "Hemmnis ist in einigen Ländern die überlange Wartezeit auf Visa, was arbeitsmarktorientierte Zuwanderung nach Deutschland stark erschwert", sagt Werner. "Aus Sicht von Zuwanderungsinteressierten haben andere Länder den Vorteil, dass mit einer Zuwanderung ein dauerhafter Aufenthalt gewährt wird, was in Deutschland wegen der Anerkennung bis zu acht Jahre dauern kann." (Tagesschau)

Europa hat den Wechsel der Paradigmen vom Menschenexport des 19. und 20. Jahrhunderts zum Menschenimport des 21. Jahrhunderts nicht verinnerlicht. Statt der vorübergehend gefeierten „Willkommenskultur“ (in Deutschland 2015/16) herrscht in der EU nach wie vor die reflexhafte Forderung im Stil früherer Jahrhunderte, Immigration abzuwehren, zu erschweren, ja zu verhindern. Alle Politiker haben dies anlässlich des Lampedusa-Besuchs von Meloni/von der Leyen erneut lauthals verkündet.

Aber ohne Einwanderung würde Europas Bevölkerung schrumpfen, wie Eurostat notiert:

Eine Tatsache, die man bedenken sollte: Ohne Migration wäre die europäische Bevölkerung 2019 um eine halbe Million geschrumpft, da 4,2 Millionen Kinder in der EU geboren wurden und 4,7 Millionen Menschen gestorben sind.

Praktisch verringert sich die eingeborene Bevölkerung der EU um 1 Promille pro Jahr, so nicht Einwanderung die Lücke füllt. Nun, dank positiver Netto-Wanderung wächst die EU-Bevölkerung sogar in manchen Jahren.

Der Paradigmenwechsel bereitet den Europäern zunehmend Bauchschmerzen. Nur die Schweizer sind es schon seit über einem Jahrhundert gewohnt, mit einem großen Anteil von „Ausländern“ (zeitweise 30 Prozent) zusammen zu leben. Die EU-Bürger erschrecken vor dräuenden Pappkameraden wie „Überfremdung“, „Umvolkung“, „Verdrängung“ und gar noch „Islamisierung“.

Dabei ist Migration Normalzustand menschlicher Gesellschaften. Das antike Rom nahm enorme Scharen Nordafrikaner („Numidier“, Asiaten und Ägypter auf. Es gab sogar einen arabischen Kaiser (Marcus Julius Philippus 244-249 AD)

Großbritannien wird derzeit von einem Politiker indischer Herkunft (Rishi Sunak) regiert, ohne dass die britische Seele dadurch Schaden genommen hätte. Unter den amerikanischen Präsidenten war Barack Obama zur Hälfte kenianischer Herkunft. Und wer weiss, ob nicht bald ein deutscher Kanzler Cem Özdemir oder Omid Nouripour heisssen könnte?

All das ändert wenig an der Tatsache, dass viele Europäer die Einwanderung problematisch finden und von den Politikern „Lösungen“ fordern. Welche „Lösungen“ gibt denn, zumindest in der Theorie?

-- Grenzen schließen, Migranten aussperren
-- Migranten akzeptieren, integrieren
-- Migranten fangen und wegsperren
-- Migranten repatriieren
-- Migranten irgendwo im Ausland abladen

Um die Angelegenheit zu komplizieren gib es auch noch mehrere Kategorien von Migranten

-- Wirtschaftsmigranten
-- Flüchtlinge/Asylsuchende
-- Minderjährige
-- Familienmitglieder

Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal ist jedoch die Zugehörigkeit zu einer von drei Kategorien:

-- legal Eingewanderte
-- illegal Eingewanderte
-- legal Eingewanderte, die nach Ablauf ihrer Aufenthaltserlaubnis das Land nicht verlassen (Visa overstayers)

„Lösungen“ werden von unterschiedlichen Ländern praktiziert oder versucht. Ungarn schließt mit einigem Erfolg seine Grenzen, Kroatien vesucht es.

Migranten ohne wenn und aber zu akzeptieren und zu integrieren ist in mehreren Ländern Praxis, aber nur hinsichtlich einer einzigen Ethnie: den Ukrainern.

Migranten zu repatriieren ist der Traum zahlloser Politiker und Meinungsaktivisten in sozialen Medien. Nur Spanien und Frankreich weisen in dieser Hinsicht einigen Erfolg auf.

Meist jedoch scheitert die „Rückführung“ an dem Umstand, dass das „Herkunftsland“ den Kandidaten keine Papiere ausstellt, sie nicht als Bürger anerkennt, oder sich schlicht weigert, sie zurückzunehmen. Oft scheitert die Rückführung auch an den Zuständen im Herkunftsland, wo den Rückgeführten Strafe, Misshandlung, Hunger, Tod oder Krieg droht.

Regierungs-Abkommen mit dem Herkunftsland sind selten und miunter das Papier nicht wert, auf dem sie publiziert sind, weil -- wie im Fall Tunesiens -- die Regierung die Bootsunternehmer statt sie zu bremsen eher noch ermutigt. Jeder Migrant, der nicht ertrinkt oder verdurstet ist fuer das Herkunftsland eine potentielle Quelle von Remittenten -- Geldüberweisungen an die Familie im Herkunftsland.

Migranten irgendwo abzuladen, versucht derzeit die britische Regierung. IInnenministerin Suella Braverman hat ein Abkommen mit Ruanda ausgehandelt, nach dem das afrikanische Land aus Großbritannien ausgewiesene Einwanderer aufnimmt. Dänemark folgt dem britischen Beispiel. Ob das Verfahren funktioniert und die Ruander die Fremden akzeptieren, muss sich erst noch erweisen. Dass das Experiment für die Zwangsverpflanzten eine Katastrophe bedeutet, steht wohl außer Zweifel.

Bleibt als letzte Möglichkeit die des Fangens und Wegsperrens. Wieder ist es Braverman, die das fest verankerte Schiff Bibby Stockholm in Dorset als Gefängnis für Asylsuchende benutzte. Prompt brachen auf dem Kahn Legionellen aus und die Migranten mussten an Land gebracht werden. Kaum verwunderlich, dass die Bezeichnung „inhumane Behandlung“ der Gefangenen noch zu den milderen Bewertungen der Aktion gehörten.

Angesichts der bisherigen Erfahrungen bleiben also im Prinzip nur zwei Erfolg verprechende Methoden des Umgangs mit Migration: entweder Grenzen schließen oder Migranten akzeptieren und integrieren.

Sperrung der Grenzen bedeutet einen erheblichen Aufwand für den fraglichen Staat, und das Medienecho ist -- wie Griechenland und Kroatien erfahren haben -- wenig schmeichelhaft. Die Mitwirkung der EU-Behörde Frontex wirft auch Schatten auf Brüssel.

Vollends undurchschaubar wird die Lage, wenn man zwischen legalen und illegalen Einwanderern unterscheidet. Was die Legalen anlangt, bietet der EU-Statistikdienst Eurostat detaillierte und positiv anmutende Zahlen. Alles halb so schlimm!

Die Eurostat-Daten der Durchsetzung der Einwanderungsvorschriften beziehen sich auf Drittstaatsangehörige oder Nicht-EU-Bürger, denen die Einreise an den Außengrenzen der EU verweigert wurde, auf Nicht-EU-Bürger, die sich illegal im Hoheitsgebiet eines EU-Mitgliedstaates aufhielten, und auf Nicht-EU-Bürger, die zum Verlassen des Hoheitsgebiets eines EU-Mitgliedstaates aufgefordert wurden.
Jeder dieser Indikatoren kann als offizielle Aufzeichnung von Personen betrachtet werden, die der Durchsetzung der EU-Einwanderungsvorschriften unterliegen.
Die Daten umfassen nicht die Einwanderer, die sich verstecken und nicht offiziell erfasst werden.
(Eurostat Media Support)

Da liegt der Hase im Pfeffer! Es gibt (verständlicherweise) keine Zahlen über die Illegalen, die sich verstecken. Es gibt nicht einmal grobe Schätzungen. Nichts!

Italien zum Beispiel. Gibt es im Belpaese 100.000 Illegale, oder 1 Million, oder 2 Millionen? Die riesige italienische Schattenwirtschaft beschäftigt Ausländer wie sie kommen, ohne lange zu fragen, ohne sie zu versichern oder gar anzumelden. Bezahlt wird bar auf die Pfote wenn gerade niemand zuschaut. Ausserdem gibt es die Mafias der Ausländer: den Souvenirhandel der Senegalesen, die Tankstellenjobs der Bangladeshi, die Straßenabschnitte der Roma, die Italien „Nomaden“ nennt: die Basarplätze der Pakistaner, die Callgirls der Nigerianer, die Krimskrams-Kettenläden der Chinesen, die Strandhändler der Marokkaner, alles bestens organisiert, profitabel und weitgehend „unsichtbar“.
Nur arme Teufel kommen durchnässt über das Meer oder staubbedeckt über die Landrouten. Die Fachkräfte, Manager und Prostituierte der Schattenwirtschaft fliegen als Studenten, als au-pair girls, Touristen oder Priester.

Offiziell gehört Italien nicht zu den europäischen Ländern mit dem höchsten Anteil an Migranten: das sind die Schweiz, Island, Norwegen und die Türkei. Der Anteil von Flüchtlingen an der Bevölkerung ist am höchsten in der Türkei, in Polen, Deutschland und Russland.

Doch Italien jammert laut, dass es bei der Unterbringung illegaler Einwanderer allein gelassen werde. Die deutsche Regierung erklärt hingegen süffisant, sie weigere sich, weitere Flüchtlinge aus Italien aufzunehmen, weil Deutschland viel mehr Geflüchtete beherberge als Italien und Italien gegen seine Pflicht verstoße, dort bereits registrierte Ankömmlinge aus Deutschland zurückzunehmen. Innenministerin Nancy Faeser dementiert.

Das deutsche Argument ist fadenscheinig. Bei ihren Kalküls benutzen die Deutschen die Zahlen von Eurostat, die die Illegalen ausschließen. Schon der Augenschein in beliebigen italienischen Städten verrät, dass der Migranten-Anteil hoch sein muss. Höher als in deutschen Städten.

Bislang waren Italiens Regierungen schlampig, was die Migranten anlangt. Sie kamen übers Meer, wurden registriert oder auch nicht, und dann weitergeschickt. Wohl die meisten reisten in andere Länder, etliche jedoch blieben da und verkrümelten sich in Italien. Zu ihnen gesellten sich weitere Illegale, die aus Kroatien oder Albanien herüber kamen.

Nun hat Regierungschefin Giorgia Meloni erkannt, dass sie keine europäische Hilfe beanspruchen kann, so lange ein Großteil der Migranten in Italien unsichtbar, unzählbar bleibt. Um zu verhindern, dass die Tausende, die in Lampedusa und an anderen italienischen Küsten täglich  ankommen, sich ebenfalls im Land verstecken, will sie Hochsicherheitsgefängnisse in wenig besiedelten Gegenden bauen, die Illegalen dort bis zu 18 Monate lang einkasteln und danach die nicht-Asyl-Gewürdigten sofort abschieben. Die Gouverneure der betroffenen Regionen protestieren und weigern sich. 
Vielleicht hofft Meloni, dass -- sobald sich die neue Regelung in Afrika und Asien herumgesprochen hat -- die Aussicht auf 18 Monate Konzentrationslager ohne Cappuccino und Tiramisu die potentiellen Migranten abschrecken wird.

Wie Meloni die harte Nuss der Repatriierung (oder ihren Ersatz in Ruanda) knacken will, bleibt offen. Die bisherige Erfahrung mit Tunesien verspricht wenig Erfolg.

Italiens Forderung nach einer Seeblockade könnte der einzige Weg sein, Europas Migrantenkrise einzudämmen, sagt ein Experte

Nile Gardiner, Direktor des Margaret Thatcher Center for Freedom der Heritage Foundation, erklärte gegenüber Fox News Digital, dass sich Meloni in Bezug auf die Krise in einer schwierigen Lage befinde, da der Großteil Europas in dieser Frage "schwach" sei und es ihm an Entschlossenheit fehle, das Problem anzugehen.

Letzten Endes sei Melonis entschlossenes Handeln die einzige Möglichkeit für Italien, die Krise zu bewältigen, und die italienische Marine sei in der Lage, diese Aufgabe zu erfüllen, so Gardiner.

"Das ist das Einzige, was sie tun können. Wenn sie darauf warten, dass die Europäische Union etwas unternimmt, wird Italien mit einer großen Zahl illegaler Migranten konfrontiert werden, die das Land überschwemmen", sagte Gardiner. "Die italienische Marine ist nicht so stark wie die britische oder die französische, aber sie hat immer noch die Möglichkeit, Migrantenschiffe an der Überfahrt zu hindern.

Gardiner meint, dass Italien -- um die Seeblockade zu verwirklichen -- aus der EU austreten müsste, was jedoch wenig wahrscheinlich erscheint.

Will man ein Fazit der gegenwärtigen Lage ziehen, so heißt es, dass es eigentlich nur eine realistische Möglichkeit gibt, mit der Einwanderungsproblematik umzugehen: die Ankömmlinge zu akzeptieren und zu integrieren. Europas Grenzen sind aus geografischen und wirtschaftlichen Gründen porös. Sie zu sperren ist unmöglich und unproduktiv. Europa kann nicht wie Australien die Grenzen schließen und die Illegalen auf einer Insel (Nauru) unbefristet internieren.

Europa kann angesichts des alltäglichen Einwanderungsdrucks nicht die Rosinen aus dem Kuchen -- die Hochqualifizierten -- picken sondern muss sich darauf verlassen, dass die Migranten -- vor allem die jungen Männer -- wissen, was sie wollen und das nicht Verbrechen oder Sex bedeutet, sondern Arbeit, Lohn und am Ende vielleicht Wohlstand.

Bislang ist die Einwanderungslage in der EU unproblematisch. Eurostat sagt:

Der Anteil der im Ausland geborenen Bevölkerung ist in der EU niedriger als in den meisten Ländern mit hohem Einkommen.

Das ist natürlich nur bedingt richtig, denn die Illegalen fehlen in der Rechnung.

Von der EU-Bevölkerung von rund 450 Millionen waren 2022 laut Eurostat 38 Millionen ausserhalb der EU geboren, also 8,5 Prozent. Denkt man die Illegalen dazu, dann kommt man wohl über 10 Prozent; aber nicht in jene stratosphärischen Regionen, von denen Populisten und Aktivisten in sozialen Medien fabulieren. Jedenfalls bleibt man weit unterhalb von Ziffern wie der Australiens, wo 29,2 Prozent der Einwohner außerhalb des Landes geboren sind.

Übersehen wird auch oft, dass der Einwanderung auch eine Auswanderung gegenüber steht, zum Beispiel in 2021:

2.26 million persons
immigrated to the EU
1.12 million persons
emigrated from the EU
1.14 million persons
total net immigration to the EU

Der Bevölkerungsgrösse der EU kam 2021 auswanderungsbedingt nur die Hälfte der gesamten Einwanderung zugute. Dass Einwanderung den natürlichen Rückgang der EU-Bevölkerung ausgleicht, ist auch nicht in allen Jahren der Fall.

 Ohne Migration wäre die europäische Bevölkerung 2019 um eine halbe Million geschrumpft, da in der EU 4,2 Millionen Kinder geboren wurden und 4,7 Millionen Menschen starben. In den Jahren 2020 und 2021 ist die EU-Bevölkerung sogar geschrumpft, was auf eine Kombination aus weniger Geburten, mehr Sterbefällen und einem geringeren Wanderungssaldo zurückzuführen ist.

Obwohl Eurostat in Sachen legaler Einwanderung deutlich Entwarnung gibt, sollte doch das Problem der illegalen Einwanderung im Auge behalten und europäisch statt einzelstaatlich behandelt werden. Der französische Innenminister Gérald Darmanin weigerte sich nach einem Besuch in Rom, Flüchtlinge aus Lampedusa aufzunehmen:

„Es gibt eine irreguläre Einwanderung nach Europa, nach Frankreich und Italien, die bekämpft werden muss, und es ist nicht so, dass man durch die Aufnahme von mehr Menschen einen Strom zum Versiegen bringt, der offensichtlich unsere Integrationsfähigkeit beeinträchtigt“, (Figaro Politique)

Ein klassisches Bild: ein Zustrom ohne Grenzen, der Europa überfordert. Sicherlich hat die Gleichzeitigkeit der Ukraine-Flucht und der Globale-Süden-Flucht das Problem verschärft. Den Ukraine-Flüchtlingen gewährt Europa Vorzugsbehandlung, von der Süd-Flüchtlinge nur träumen können.

Wenn Sie Ihren ständigen Wohnsitz in der Ukraine hatten und das Land ab dem 24. Februar 2022 verlassen haben, um dem Krieg zu entkommen, haben Sie möglicherweise Anspruch auf vorübergehenden Schutz in einem beliebigen EU-Land. Die Dauer des vorübergehenden Schutzes beträgt mindestens ein Jahr und kann je nach Lage in der Ukraine verlängert werden. Zu den Rechten nach der Richtlinie über vorübergehenden Schutz gehören eine Aufenthaltsgenehmigung, Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Wohnraum, medizinische Versorgung und Zugang zu Bildung für Kinder. Jeder, der sich legal in der EU aufhält, hat auch das Recht, ein einfaches Bankkonto zu eröffnen. Auch Sie haben das Recht, ein Basiskonto zu eröffnen.

Es ist klar, dass die Millionen Menschen aus der Ukraine einen guten Teil der Hilfskapazität Europas absorbieren und sich die Ankömmlinge vom Typ Lampedusa hinten anstellen müssen. Das ist zwar eine Art von Triage; dennoch kann man den Europäern nicht verdenken, dass sie ihren ukrainischen Vettern Vorrang geben, weil sie Genozidopfer sind. Auch kann man den "Süd"-Flüchtlingen nicht vermitteln, dass sie warten sollten bis der Ukraine-Krieg beendet ist, so er überhaupt im Zeithorizont einer Generation endet.

Was Europa derzeit erlebt, ist die größte Fluchtbewegung seit dem II. Weltkrieg. Das Eine zu tun, doch das Andere nicht zu lassen -- das ist die Herausforderung.

Europa wird sie annehmen, das verlangen sein Stolz und seine Menschlichkeit.

Heinrich von Loesch
Die EU hat auf tragische Weise deutlich gemacht, dass ihre Menschenrechtsverpflichtungen nicht für Migranten und Asylbewerber gelten - insbesondere, wenn sie aus Afrika oder dem Nahen Osten kommen. Ihr Tod, ihre Misshandlung und ihr Leiden werden als bessere Alternative angesehen, als sie auf europäischem Boden zu haben.
(Politico)
"Europa muss nun endlich umsetzen, worauf sich die Innenminister im Juni geeinigt haben: deutlich schnellere Asylverfahren, mehr Rückführungen, die sofort durchgeführt werden, und die Einrichtung von großen Auffanglagern an den Außengrenzen, in denen Migranten schlimmstenfalls mehrere Wochen lang in Baracken bleiben müssen, bis klar ist, ob sie bleiben dürfen oder zurückgeschickt werden müssen."
(KURIER)
"Es sind genau die falschen Rezepte, mit denen derzeit in Europa Wahlen gewonnen werden, die darauf abzielen, die Leichtgläubigen und Gleichgültigen in einer Europäischen Union zu überzeugen, die sich immer mehr der Führung einer reaktionären Front lokaler Nationalismen nähert."
(El Pais)
 
Blick in die Zukunft
Nehmen wir einmal unrealistisch an, die EU würde bald alle Grenzen für Migranten öffnen, sie ohne Wenn und Aber aufnehmen und sich erfolgreich um ihre Bedürfnisse kümmern.
Die Schlepper würden ihr Geschäft verlieren, die Reise nach Europa wäre billig. Die EU könnte sogar die Reisekosten subventionieren, um armen Menschen die Einwanderung zu ermöglichen.
Was würde die EU gewinnen? Millionen neuer Arbeitskräfte, die vom Herkunftsland aufgezogen und ausgebildet wurden: eine Subvention, die die EU erhält.
Die Arbeitskraft und der Fleiß der Neuankömmlinge sowie die Kaufkraft ihrer Nachfrage würden einen Wirtschaftsboom auslösen. Eine unkontrollierte Einwanderung, die die Bevölkerung der EU in zwei oder drei Jahrzehnten verdoppelt, hätte ein Wirtschaftswachstum zur Folge, das mit dem Chinas und der Vereinigten Staaten konkurrieren würde.
Wie sich dies mit den Ressourcen und der Umwelt des kleinen Erdteils Europa vereinbaren ließe, ist natürlich eine andere Frage. Europa würde auch sein Aussehen verändern; das heutige Europa wäre dann nur noch in Videos und Bildbänden zu sehen, als Trostpflaster für Nostalgiker.
                                                                                                                                                                                      -- ed

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