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Lässt sich Russlands Kindermangel beheben?

In Russland schrumpft die Bevölkerung, wie in allen Ländern außerhalb Afrikas südlich der Sahara. Dieser globale Trend wird in Russland durch zwei nationale Faktoren noch verschärft:

  • Das massenhafte Sterben russischer Soldaten in der Ukraine und
  • Die Massenauswanderung junger Russen, die den Krieg in der Ukraine ablehnen und sich ihm durch Flucht ins Ausland entziehen.

 

Es ist kein Wunder, dass der jetzige Bevölkerungsverlust und die langfristige Schrumpfung Russlands Präsident Wladimir Putin veranlasst haben, eine geburtenfördernde Kampagne mit dem Ziel der Erhöhung der Geburtenrate zu starten.

Der erste Schritt ist nicht - wie üblich - eine Maßnahme zur Förderung der Fortpflanzung, sondern das Gegenteil: ein Verbot, den Verzicht auf Fortpflanzung zu propagieren.

 

Das ZDF berichtet mit Blick auf Russland von einem Demographieproblem, die Geburtenrate sei seit dem Ende der Sowjetunion 1991 nicht mehr so niedrig gewesen. In der russischen Duma, dem parlamentarischen Unterhaus in Putins Autokratie, werde deshalb derzeit ein Gesetz diskutiert, das demnach die angebliche „Propaganda für die Kinderlosen-Ideologie“ eindämmen soll. So zumindest die eigenwillige Interpretation in Moskau.

Laut „heute journal“ sind in diesem Zuge unter den Vorschlägen der russischen Abgeordneten Bußgelder von 400.000 Rubel (umgerechnet 3800 Euro) für Einzelpersonen oder sogar Freiheitsstrafen, sollte jemand zum Beispiel in Sozialen Netzwerken oder Medien auffällig von einem kinderlosen Leben schwärmen oder gar für dieses Werbung machen.

Angebliche Werbung für kinderloses Leben: In Russland drohen harte Strafen

Damit nicht genug der Androhungen: Wie der Business Insider (BI) schreibt, drohen Staatsbeamten Geldstrafen von 800.000 Rubel (rund 7700 Euro), die solche Inhalte verbreiten. Unternehmen müssten demnach mit Strafen von fünf Millionen Rubel (etwa 48.000 Euro) rechnen, sollten sie dies tun. (pm)

 

Putin ist noch nicht so weit gegangen, Kinderlosigkeit zu kriminalisieren. Kinderlosigkeit darf zwar nicht propagiert, aber sie kann noch praktiziert werden. Wie lange noch?

Natalistische Politik ist ein Minenfeld. Meistens geht es schief, wenn demografisch ungebildete Politiker Maßnahmen ergreifen, von denen sie sich mehr Geburten erhoffen, ohne vorher die Beweggründe der Frauen erforscht zu haben.

Es gibt Ausnahmen, wo es funktioniert hat. Frankreich und Polen sind Beispiele für Länder, in denen großzügige Kinderbeihilfen und umfangreiche öffentliche Kinderbetreuung zeitweise die Geburtenrate erhöht oder stabilisiert haben. Eine höhere Geburtenrate ist jedoch nur von begrenzter Bedeutung: Was zählt, ist die Gesamtfruchtbarkeit der Frauen im Laufe ihres Lebens. Manchmal kann eine Geburtensubvention einen kurzfristigen Effekt erzielen, nämlich das Vorziehen von später geplanten Geburten, obwohl die Gesamtzahl der Kinder dadurch nicht steigt.

Aus demografischer Sicht wird man den unbeholfenen Natalismus von Präsident Putin mit Belustigung beobachten. Wollte man ihm Erfolg wünschen, so wäre das Rezept einfach: Frieden, Freiheit, Wohlstand. Das könnte die Russinnen vielleicht überzeugen.

Heinrich von Loesch

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