Die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Südländer -- Griechenland, Italien, Spanien und Portugal, aber auch Frankreich -- klagen über hohe Jugendarbeitslosigkeit. Von einer verlorenen Generation ist die Rede. Die Gewerkschaften fordern massive Investitionen, um den Jobmotor anzuwerfen und die Jungen von der Strasse wegzubringen. Auch die EU hat ein Programm für die Jugend gestartet. Trotz allem Aktionismus und Gerede bleiben die Hintergründe der Jugendarbeitslosigkeit rätselhaft, zumal mancherorts die Nachfrage nach Arbeitskräften im Rentenalter steigt.
Die italienische Zeitschrift "L'Espresso" hat sich ausführlich mit diesem Thema befasst. Startpunkt war eine Anzeige "Junge Hochschulabsolventen gesucht", auf die sich niemand meldete. Geboten wurden Ausbildungspositionen zu 22.000 Euro pro Jahr brutto (ein gutes Gehalt in Italien), Auto, Firmentelefon und weitere Annehmlichkeiten für eine Tätigkeit in Vertriebsbuchhaltung für eine marktführende Firma in drei Regionen Italiens.
Eine Personalagentur schaltete Anzeigen in der geeigneten Presse und in Sozialmedien. Gefordert wurde ein akademischer Abschluss, Alter unter 30 Jahren und Wohnort in der jeweiligen Region. Man erwartete Waschkörbe voll Bewerbungen. Doch in der Basilikata meldeten sich nur 6 Bewerber, die nach dem ersten Kontakt ablehnten. In Ligurien interessierten sich 8 Personen, doch nur zwei erschienen zum Vorstellungstermin. In Molise meldete sich nur ein Mann, der jedoch schon vor der Vorstellung ablehnte. Und das in einem Land mit 43 Prozent Jugendarbeitslosigkeit.
Was war geschehen? In einer öffentlichen Diskussion über den Vorfall wurde das Alterslimit von 30 Jahren kritisiert. Zwischen 30 und 40 hätte es viele Bewerber gegeben, wurde behauptet. Wie auch immer, Personalfachleute sind der Ansicht, dass es in Italien tausende unbesetzte Stellen dieser Art gebe. Sie sehen vor allem ein mismatch zwischen der Ausbildung der jungen Menschen und den Bedürfnissen der Wirtschaft. Zu Viele studieren Geisteswissenschaften und streben nach Beamtenpositionen, während die Wirtschaft vor allem Naturwissenschaftler und Techniker braucht.
Der Mitinhaber einer anderen Personalagentur sagte, in seinen siebzehn Jahren im Metier hätte er die Suche nach qualifiziertem Personal noch nie so schwierig gefunden wie heute. Er zitierte den Fall einer namhaften venezianischen Modefirma, die junge Hochschulabsolventen suchte. Viele hätten sich interessiert, mancher hätte aus Neugier das Vorstellungsgespräch absolviert, aber niemand hätte die Stelle angenommen.
Ein anderer Personalfachmann verwies auf das Problem der Überqualifikation mancher Bewerber, die sich zwar in der Forschung spezialisiert haben, doch nicht den Anforderungen der Wirtschaft entsprechen.
Soweit der Bericht des "Espresso", der freilich im Lichte der Natur des italienischen Arbeitsmarkts moderiert werden muss. Unzählige Schwindelfirmen tummeln sich auf dem Sektor Ausbildung und Praktiken, deren Absicht es ist, den gutgläubigen jungen Menschen teure Lehrgänge und Lernmittel zu verkaufen. Die meisten jungen Italiener dürften Bekanntschaft mit solchen stets grosspurig auftretenden Firmen gemacht haben. Nicht umsonst streben viele Jobsucher zum Staat. Die Römer Müllabfuhr und die Polizei beispielsweise können sich Hochschulabsolventen als Müllkutscher und Streifengänger leisten.
Dennoch bleibt unter den jungen Italienern nach Abzug aller Unvolkommenheiten des Arbeitsmarkts ein nicht gerade dünner Bodensatz von Null-Bock-Kandidaten übrig, die entweder garnicht suchen oder auf die ihnen ins Maul fliegende gebratene Taube warten. Die elterliche Wohnung ist bequem, und ein Anliegen wie etwa die Gründung einer Familie kann man Jahr um Jahr aufschieben, bis die gebratene Taube herbeifliegt. Oder nicht. In der Zwischenzeit kann man vielleicht mit ähnlich motivierten Freunden ein wenig Musik machen oder sonstwie genial sein. Hauptsache, die Eltern sind beeindruckt.
Benedikt Brenner
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Vor wenigen Jahren kannten ausser Türken nur ein paar Spezialisten den Namen Fethullah Gülen. Ein Islamprediger, der -- aus dem Nichts kommend -- sich mit dem Geld seiner Gemeinde ein Milliarden-Imperium von Verlagen, Zeitungen, Fernsehsendern und vor allem Privatschulen aufgebaut hat. Schulen in vielen Ländern, auch in Deutschland. In den letzten Monaten wurde der im Exil in Pennsylvania lebende Prediger weltbekannt, weil er in einen gnadenlosen Zweikampf mit dem Machthaber der Türkei, Präsident Recep Tayyip Erdoğan, verstrickt ist.
Ursprünglich Glaubens- und Weggenossen, entwickelte sich zwischen ihnen im Lauf der Regierungsjahre Erdoğans eine Rivalität, weil sich der Regierungschef und jetztige Präsident zusehends von seinem Mentor abnabelte und dieser sich revanchierte, in dem er einen Korruptionsskandal ausschlachtete, in den die Familie Erdoğans und mehrere Minister verwickelt sind.
Nun schien es der Süddeutschen Zeitung (13. 12. 14) angebracht, den scheuen Fethullah Gülen in seinem Exil zu interviewen. Die Türkei/Griechenland-Korrespondentin Christiane Schlötzer reiste in Begleitung von Tim Neshitov, dem ehemaligen Zögling einer Gülen-Schule, nach Saylorsburg. Das Ergebnis: ein Aufmacher "Der Prediger klagt an" auf der Titelseite und ein ganzseitiges Interview, in dem ein milde lächelnder, schnurrbärtiger Greis seine Anklage gegen Erdoğan abspulen darf.
Und Erdoğan? Seine Version der Kabale wird nicht erläutert. Das ist vermutlich auch nicht nötig, denn er verkündet sie nicht nur den Türken gerne und bei jeder Gelegenheit. Wer aber türkische Politik nicht laufend verfolgt, könnte den Eindruck gewinnen, dass Fethullah Gülen ein durchaus honoriger Mann ist, der Vertreter eines milden Islam und Kritiker der Mörderbande des Kalifen von Raqqa. Wie lieb und verdienstlich, dass er sein weltumspannendes Netz von Schulen betreibt! Der deutsche Verfassungsschutz sieht das allerdings eher kritisch.
Das Problem von Erdoğan und Gülen ist, dass sie mit ihren gegenseitigen Verdächtigungen wahrscheinlich beide Recht haben. Erdoğan ist wohl wirklich auf dem Weg zum "Ein-Mann-Staat", wie Gülen sagt, und der Prediger hat mutmasslich versucht, sich mit Hilfe seiner alle Bereiche der Macht in der Türkei durchdringenden Geheimgesellschaft zum Strippenzieher und Marionettenspieler aufzuschwingen. Ein Glück für die Türken, dass diese beiden ehrgeizigen und mächtigen Männer sich streiten. Nicht auszudenken, was geschähe, wenn die beiden weiterhin verbündet wären. So kommen jede Woche neue Details des Machtkampfes ans Licht, zur Information der Türken und zum Staunen des Auslands.
Offenbar erschüttert die Türken das Geschehen nicht sonderlich. Sie sind von ihren Politikern einiges gewöhnt. Erdoğan haben sie vor kurzem trotz Korruptionsskandal wieder gewählt, und dass Gülen im Exil lebt, weil ihm in der Türkei ein Hochverratsprozess droht, hat seiner Beliebtheit bislang nicht geschadet. Dennoch, wenn zwei Elefanten kämpfen, leidet das Gras. Zu dutzenden sind Staatsdiener entlassen, angeklagt oder versetzt worden, weil sie verdächtigt wurden, "Gülenci" zu sein, oder weil sie von Amts wegen Korruptionsverdächten nachgingen. Redaktionen wurde durchsucht und Journalisten verhaftet. Erdoğan schlägt um sich.
Ihsan al-Tawil
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The BMZ Group, a company run by President Recep Tayyip Erdoğan's son Bilal, alongside other family members, has purchased an $18 million tanker which will carry a Maltese flag, thus exempting the company from paying taxes in Turkey, according to a report in the Cumhuriyet daily...
Today's Zaman, 12/5/14
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Vor wenigen Jahren erkrankte eine gute Freundin von mir an Krebs, an einem bösartigen, als unheilbar erachteten Krebs. Bei ihrer Suche nach einer alternativen Therapie stiess sie auf das Buch The Cure for All Cancers von einer Autorin namens Hulda Regehr Clark, Ph.D. Das Buch erklärte, dass Krebs, AIDS und andere Krankheiten von Darmparasiten und Umweltverschmutzung hervorgerufen seien. Clark sagte, es genüge, durch Einnahme von Walnusstinktur und anderen natürlichen Mitteln den Körper von Parasiten zur "reinigen", um zu gesunden.
Meine Freundin folgte den Anweisungen getreulich und verstarb nach 18 Monaten. Hulda Clark selbst starb 2009 an Krebs. Ihr Buch erreichte Millionenauflagen und war zeitweise in den USA vergriffen. Zum Buch gab es "Heilmittel" und Gerätschaften, die weltweit verkauft wurden. Kostspielige "Klinik"-Aufenthalte gab es zeitweilig auch. Clark sammelte um sich eine grosse Schar von Bewunderern, die ihrer Lehre wohl auch heute noch anhängen.
Warum lassen sich erwachsene, gebildete, vernünftige Menschen durch Quacksalberei verführen? Bei einem Krebskranken, dem die Schulmedizin keine Chance bieten kann, mag das verständlich sein. Bei einem Menschen, der sich nicht in einer verzweifelten Notlage befindet, wirkt es merkwürdig. Und doch beobachtet man bei manchen Zeitgenossen, die durchaus mit beiden Beinen im Hier und Jetzt stehen, eine gewisse Anfälligkeit für Pseudo-Wissenschaft.
Hulda Clark war ein gutes Beispiel. Ihren Ph.D. - Titel hatte sie nicht in Medizin, sondern in Zoologie und Botanik erworben. Zudem schmückte sie sich mit einem windigen Titel in "Naturopathie". Das reichte, um ihre mutmasslich von Wissenschaft wenig beleckten Anhänger zu beeindrucken. Auch meine Freundin.
Verständlicherweise sind es oft Lebensängste, die Menschen zu Quacksalbern treiben. Gesundheit, Ernährung und Umwelt bieten ein Feld, auf dem sich viele Autoren tummeln können, wenn sie nur ein wenig den wissenschaftlichen Jargon beherrschen. Je erstaunlicher ihre Behauptungen, desto erfolgreicher ihre Veröffentlichungen. Doch auch auf anderen Gebieten gibt es breites Spektrum von kruder Wissenschaft bis zu phantasievoller Erfindung und glattem Betrug. Bücher sind die Pflastersteine dieser Scheinwelt; das Internet und die sozialen Medien sind der Mörtel, der das luftige Bauwerk zusammenhält. Ist eine neue Legende erst einmal erfolgreich veröffentlicht, so gesellen sich Trittbrett-Autoren dazu. Trichterförmig öffnet sich die Perspektive, sobald mehr Menschen in dieser Richtung zu lesen und zu suchen beginnen. Die Legende verfestigt sich, drängt im Bewusstsein der Adepten die Wissenschaft ins Abseits.
Wenn der Glaube an Quacksalberei die Medizin verdrängt, kann das fatale Folgen haben. In anderen Fällen mag das Ergebnis eher komisch und lächerlich sein.
So geht es dem Präsidenten der Türkei, Recep Tayyip Erdoğan. Mit seiner Idee, in Kuba eine Moschee zu bauen an einer Stelle, an der angeblich ein islamischer Entdecker Jahrhunderte vor Kolumbus die Neue Welt betrat, hat sich Erdoğan zum Gespött von Kommentatoren und Karikaturenzeichnern nicht nur in türkischen Medien gemacht. Indem er fragwürdige und pseudo-wissenschaftliche Quellen bemühte, um angebliche Errungenschaften weithin unbekannter islamischer Forscher und Denker zu beweisen, hat Erdoğan dem verständlichen Bemühen, das Ansehen der islamischen Kultur aufzuwerten, einen schlechten Dienst erwiesen. Je mehr Kritik er für seine Behauptungen erntet, desto mehr versteift er sich. Es ist bedauerlich, dass es offenbar niemand in seinem Umfeld wagt, ihn zu bremsen und von weiterer Selbstdemontage abzuhalten. Erdoğan hat gewiss genügend Leistungen in seinem Leben vorzuweisen und bräuchte sich nicht auf Sektoren zu profilieren, von denen er wenig versteht.
Seine letzte Eskapade, nämlich für die ganze Türkei den obligatorischen Schulunterricht in osmanischer Sprache anzuordnen, ist -- wenn der Ordre de Mufti denn tatsächlich befolgt wird -- kein Pappenstiel. Die alte osmanische Sprache aus der Zeit der Sultane unterscheidet sich wesentlich vom modernen Türkisch. Sie enthält zahlreiche Ausdrücke aus dem Arabischen und anderen Sprachen des alten ottomanischen Reiches, die vor fast einem Jahrhundert durch türkische Begriffe ersetzt wurden. Vor allem aber bedarf sie der arabischen Schrift, die ausser Priestern und Gelehrten wenig Türken beherrschen. Ein erheblicher Teil der schulischen Lernzeit würde davon auf Kosten anderer Fächer absorbiert werden.
Kein Wunder, dass nicht nur Lehrkräfte alarmiert sind. Die wichtigste Oppositionspartei CHP sieht in dem Vorschlag einen weiteren Versuch Erdoğans, für die moderne Türkei die Macht und den Glanz des alten Sultanats und Kalifats zu beanspruchen. Mit der Wiedererweckung der arabischen Schrift würde Erdoğan einen Schlag gegen das Erbe des Staatsgründers Atatürk fuhren, der 1928 den Türken die lateinische Schrift, wie wir sie heute kennen, dekretiert hatte. Kenntnis der arabischen Schrift würde die Schüler in die Lage versetzen, auch klerikale Texte im Original zu lesen.
Erdoğans neue Massnahme, bei deren Verkündung er sogar seinen zögerlichen Regierungschef Davutoğlu desavouierte, ist nur ein weiterer Schritt zur umfassenden Islamisierung des Unterrichts. Seit dem Beginn der dritten Amtszeit Erdoğans als Premier 2011 wurde das Mindestalter für Koranunterricht auf drei Jahre gesenkt, die Anforderungen an Religionslehrer wurden vermindert und auch Imame aus Saudi-Arabien zugelassen. Als Wahlfächer wurden Arabisch, das Leben des Propheten, und Korankunde eingerichtet. Die Absolventen der religiösen Imam-Hatip-Schulen wurden gegen Proteste der Universitäten zum Studium zugelassen.
So radikal, wie einst Atatürk sein Volk durch die Schriftreform über Nacht zu Analphabeten machte, will Erdoğan die Türken mit der originalen Lektüre seit Generationen unleserlicher Texte beglücken und die Bevölkerung allmählich in ihre orientalische Kultur und Religion zurückführen dank einer Schrift, die sie zwar mit Arabern, Iranern und anderen Völkern verbindet, nicht aber mit Europa und Amerika.
Heinrich von Loesch
Updates
Tens of thousands of teachers planned to go on strike for one day on Friday all over Turkey in reaction to the AK Party's perceived attempts to transform the country's education system into one based on religion. (Today's Zaman, 13/02/15)
During his visit to Cuba, President Recep Tayyip Erdoğan said that he submitted a very detailed project to Cuban authorities to have a mosque built in Havana. (Today's Zaman, 12/02/15)
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Nicht mehr viele der heute rund 200.000 Arcadier sind noch Hirten, die mit ihren Kühen, Schafen und Ziegen die Hänge des Parnon, des Lykaion und des Mainalo bevölkern und die ihrem Leben in der Natur, in Genügsamkeit und Gelassenheit dichtend und Panflöte blasend nachgehen. Mehr noch als eine (der 1991 im Zuge der Gebietsreform abgeschafften) Provinz der Peloponnes ist dieses Arcadien eine Landschaft der Seele und Poesie, vertraut und zugleich unerreichbar, diffus hinter den Schleiern der Jahrhunderte.
Thomas Cole: A dream of Arcadia
Im Mittelalter wohl entstand der moderne Mythos von Arcadien, dem bukolischen Land der Fantasie. Verborgen irgendwo in den Falten des weiten Gewandes Byzantiniens lebten die Arcadier Jahrhunderte lang ungestört von Kriegen, Pestilenz und Kreuzzügen ihre idyllische Existenz, die nach Thymian, Honig und frischem Käse duftete. So beschrieb sie um 1500 der Neapolitaner Jacopo Sannazaro in seiner Romanze Arcadia, die Aufsehen erregte und Poussin und Guercino zu Gemälden anregte, deren Echo sich im 19. Jahrhundert in den bukolischen Landschaften von Thomas Cole und der Hudson School findet.
Als mit den Ausläufern der Renaissance sich Manierismus und Barock in Europa breitmachten, sehnten sich Poeten und Künstler nach einer Rückkehr zur klassischen Einfachheit. Der Überlieferung nach war es Agostino Taja aus Siena, der am 5. Oktober 1690 bei einem Dichtertreffen auf den Prati di Castello bei Rom das Vorbild Arcadiens propagierte: "Pare che noi facciamo rivivere l'antica Arcadia" (Es scheint, wir erwecken das antike Arcadien wieder zum Leben)
Damit gab Taja den Anstoss zur Gründung der Accademia dell'Arcadia, die bis heute existiert und sich jedes Jahr im Juni im Park einer Villa auf dem Gianicolo in Rom zu einem Bankett trifft. Vierzehn Literaten aus ganz Italien waren die Gründungsmitglieder, "Hirten" genannt, die sich griechische Pseudonyme gaben.
Giovanni Vincenzo Gravina und Giovanni Mario Crescimbeni formulierten die Satzung und die Regeln der Akademie, die bis heute gelten. Die Dichter-Hirten sollten ihre Titel abstreifen, sich zur Schlichtheit bukolischen Lebens verpflichten, antike und frühe italienische Quellen -- etwa Homer und Dante -- studieren und dem "schlechten Geschmack" des Barocks entsagen.
Die jährlichen Bankette im Park der selbst für Römer Verhältnisse spektakulären Villa Bosco Parrasio, zwischen dem Palazzo Corsini und der spanischen Akademie gelegen, sind eines der elitärsten Ereignisse des Römer Sommers.
Trotz der Grosszügigkeit hoher Gönner musste die Akademie mehrfach ihren Sitz wechseln, bis ihr ein Geschenk von viertausend Escudos eines Mitglieds, des Königs von Portugal, 1725 ermöglichte, die Villa auf dem Janikulum zu bauen, die ihr seither gehört. Ursprünglich tagten die Dichterfürsten den ganzen Sommer von Mai bis Oktober im Park; seit geraumer Zeit ist die Villa jedoch vermietet mit der Auflage, sie zu pflegen und das Bankett zu gestalten. Das umfangreiche Archiv der Arcadier wird in der Biblioteca Angelica aufbewahrt.
Die Akademie fand schon kurz nach ihrer Gründung ein starkes Echo in vielen italienischen Städten und in Portugal, wo sich Filialen gründeten und erheblich den Übergang vom Barock zum Klassizismus in Dichtung und Künsten beschleunigten. Auch heute ist für italienische Dichter die Ehre, Arcadier zu werden, vergleichbar mit dem Rang eines Académicien in Frankreich.