In den meisten europäischen Ländern - mit Ausnahme von Italien - sind die Immobilienpreise in den letzten Jahren in Folge der Nullzinspolitik der EZB stark gestiegen. Die Suche der großen und kleinen Anleger nach einer wertbeständigen oder rentablen Anlage hat die Märkte, insbesondere für Wohnimmobilien, geleert.
Doch Immobilien sind keine Ware. So mancher glückliche Käufer musste erfahren, dass er oder sie mit dem Kauf die Verpflichtung eingeht, die Immobilie innerhalb kurzer Zeit thermisch "aufzurüsten". Oft wäre es auf Dauer billiger, eine alte Heizungsanlage weiterlaufen zu lassen, als kostspielige, aufwendige und manchmal sogar gebäudeschädigende Wärmeschutzmaßnahmen durchzuführen.
Fazit: Ein Gebäudeeigentümer ist ein Klimaakteur wie ein Autobesitzer, wird zur Rechenschaft gezogen und zur Kasse gebeten.
Der Drang nach Eigentum einerseits und der pandemisch gesteigerte Drang, auf dem Land zu leben, andererseits, haben die Nachfrage nach einer Kategorie von Wohnimmobilien besonders erhöht, nämlich nach preiswerten ländlichen Altbauten. Die fortschreitende Digitalisierung des ländlichen Raums hat erstmals in der Wirtschaftsgeschichte Berufe und Lebensstile auf dem flachen Land ermöglicht, die früher den Städten vorbehalten waren,
Der thermischen Aufwertung dieser Altbauten sind jedoch enge Grenzen gesetzt: Die Sanierungskosten übersteigen aufgrund der ländlichen Lage schnell den Wert der (sanierten) Immobilie. In der Großstadt mögen Sanierungskosten von 100.000 Euro eine Bagatelle sein, in Posemuckel wären sie der Todesstoß für die Fungibilität der Immobilie, denn die Sanierungskosten würden den Marktwert des Objekts übersteigen.
Nun haben viele Investoren in den letzten Jahren mit Begeisterung solche ländlichen Immobilien gekauft und überlegen nun, wie sie diese sanieren und nutzen können. Da kommt ein Paukenschlag aus Brüssel:
Am 16. Dezember 2921 schlug die Europäische Kommission die Einführung von Mindeststandards für die 15 % der Gebäude mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz in Europa vor, die auf der EU-Energieskala mit "G" bewertet werden sollen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um Wohngebäude handelt oder nicht.
Die von der Kommission vorgeschlagene Kategorie G entspricht in etwa den Kategorien G und H in Deutschland, in denen sich fast alle Altbauten vor 1945 und etliche danach befinden.
Bis zum 1. Januar 2027 müssten alle gewerblichen oder öffentlichen Gebäude mindestens die Kategorie F" auf der EU-Energieeffizienzskala erreichen, bis zum 1. Januar 2030 dann die Kategorie E".
Für Wohngebäude - einzelne Häuser oder Wohnungen - würde mehr Zeit eingeräumt, da sie bis zum 1. Januar 2030 die Klasse F" und bis zum 1. Januar 2033 die Klasse E" erreichen müssten.
Neue Käufer der betreffenden älteren Gebäude hätten acht Jahre Zeit, um das erste Klassenziel zu erreichen, und drei weitere Jahre für das nächste Ziel. Und wenn die Ziele verfehlt werden? Wird es Geldstrafen, Wohnverbote, Mietverbote oder Verkaufsverbote geben?
Der Vorschlag ist in der überarbeiteten EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) enthalten, die die Kommission nun als Teil eines umfassenderen Gesetzespakets zur Halbierung der Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 vorgelegt hat.
"Die Richtlinie konzentriert sich auf die Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz und hilft, die Energiearmut zu bekämpfen", sagte EU-Klimachef Frans Timmermans, der den Vorschlag vorstellte.
Die Kommission versucht, ihre harte Faust in einem gepolsterten Handschuh zu verstecken und die Verantwortung auf die Mitgliedstaaten abzuwälzen:
Es wird jedoch kein starres System sein, da jedes EU-Land seine eigene Energieleistungsskala auf der Grundlage von EU-weit einheitlichen Parametern festlegen wird. "Auf dieser Grundlage wird jeder Mitgliedstaat für sich selbst die 15 % der Gebäude mit den schlechtesten Werten festlegen", erklärte ein hoher EU-Beamter.
Die EU-Länder werden auch die Startpunkte selbst bestimmen können, d. h. ab wann eine Renovierung erforderlich ist, z. B. wenn eine Wohnung verkauft oder vermietet wird.
Das ist wahrscheinlich nicht das, was die neuen Käufer der alten Gebäude im Sinn hatten. Was ist zu tun? Wie können thermische Sanierungen in Millionen von Fällen gleichzeitig (oder überhaupt) erschwinglich durchgeführt werden? Müssen viele Tausende ihre Häuser auf dem Land aufgeben oder verlassen, weil sich nur die Sanierung in den Städten lohnt?
Timmermans und seine Mitarbeiter sind sich der Problematik durchaus bewusst:
"Wir wissen, dass die Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz am häufigsten von Haushalten mit geringem Einkommen bewohnt werden", sagte ein hoher EU-Beamter auf einer Pressekonferenz am Dienstag (14. Dezember).
"Indem wir diese Gebäude mit der schlechtesten Leistung ins Visier nehmen und die Finanzierung und technische Unterstützung dorthin lenken, wo sie am dringendsten benötigt wird, stellen wir sicher, dass die Bemühungen zur Gebäudesanierung die Ursachen der Energiearmut an der Wurzel packen", so der Beamte.
Für Immobilieneigentümer bedeutet dies eine große Veränderung, da jedes Gebäude bis spätestens 2033 saniert werden muss, unabhängig davon, ob es sich um ein öffentliches oder privates Gebäude, ein Wohn- oder Nichtwohngebäude handelt und ob es vermietet ist oder nicht.
Die Tatsache, dass die neue Richtlinie eine teilweise Enteignung der Eigentümer bedeutet, wird nicht angesprochen. Den Betroffenen bleibt nichts anderes übrig, als nach Möglichkeiten zu suchen, den Wärmehaushalt der Immobilie so kostengünstig wie möglich zu verbessern.
Schon bei der Suche nach einem geeigneten Altbau kann man eine Auswahl treffen. Reihenmittelhäuser zum Beispiel sind geeignet, weil zwei ihrer Seiten durch Nachbarhäuser gewärmt werden. Alte Häuser mit besonders dicken Wänden sind besser gedämmt als dünne Notbauten aus den Nachkriegsjahren, die man am besten meidet. Der Verzicht auf eine Zentralheizung kann ein preislicher Vorteil sein, wenn man ohnehin eine klimaneutrale Pelletheizung oder eine Wärmepumpe installieren muss. Die Fotovoltaikanlage auf dem Dach wird wahrscheinlich ohnehin bald zur Pflicht.
In jedem Fall kann der schillernde Begriff "Energiearmut" leicht zur persönlichen Armut des Immobilienbesitzers (m/w) mutieren. Opfer der Klimakatastrophe, ähnlich den im Pazifik versinkenden Inseln.
Heinrich von Loesch
Update:
Die Ampel will ab 2025 die Wärmepumpe quasi vorschreiben, Brüssel zwingt Eigentümer praktisch zur Sanierung. Klimaschutz ist wichtig, doch Wohnen ist ein sensibles und emotionales Thema. (Die Welt)
Update II
Die neue Diagnose der energetischen Leistung (DPE), die seit dem 1. Juli in Kraft ist, offenbart den Eigentümern der zahlreichen als Energiefresser eingestuften Wohnungen sehr unangenehme Überraschungen, erklärt Le Monde.
Die DPE, die von einem zugelassenen Fachmann nach theoretischer Berechnung auf der Grundlage der technischen Merkmale des Gebäudes und nicht mehr auf der Grundlage von aktuellen Energiekosten erstellt wird, bewertet die Immobilien je nach ihrer Energieeffizienz von A, der besten Note, bis G, der schlechtesten Note. Sie muss jedem Kauf- oder Mietvertrag beigefügt werden, was nun weitreichende rechtliche Folgen hat..
"Die Immobilienwelt macht aus ihrer Angst keinen Hehl: "Das neue DPE ist dabei, 40 % des Immobilienbestands veraltet zu machen, können wir uns das leisten?", fragte Jean-Marc Torrollion, Präsident des nationalen Immobilienverbands (Fnaim), auf dem Kongress der Gewerkschaft am 30. November und rief dazu auf, die im Klima- und Resilienzgesetz vorgesehenen Fristen zu verschieben", berichtet Le Monde weiter.
Am 17. Dezember wurde eine Frist für die vorgeschriebene Energieprüfung einer zum Verkauf angebotenen Wohnung mit der Klassifizierung F oder G eingeräumt, deren Durchführung vom 1. Januar auf den 1. September 2022 verschoben wurde.
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The "Decreto flusso", the "flow decree" is a measure with which the Italian government establishes each year the entry quotas for non-EU foreign citizens who may enter Italy for dependent, autonomous and seasonal work.
Expected by the end of the year is the 2021 "flow decree", the instrument that determines how many foreign workers may enter Italy in a given year. The quota also defines which types of workers are required: seasonal, self-employed, dependent and so on. The decree does not concern citizens of EU countries, for whom free movement is ivalid, nor entries for family reunification and humanitarian reasons, which follow other procedures.
The first expectations speak of a total of 80,000 entries, but still do not show the distribution between seasonal and non-seasonal. This would be in any case a turning point compared to the last six years, when the total number had always remained constant at 30,850. And, since 2011, it has never exceeded sixty thousand.
If, on the one hand, some political forces are already shouting scandal for this "opening of the borders", on the other hand, other economic categories are asking to do it quickly because of the lack of manpower.
Since its introduction in 1998, the "flow decree" has been the main instrument for planning the entry of immigrants for work purposes. Excluding seasonal workers (1.2 million in total, but in many cases these are the same people who have entered in different years), in about twenty years over 800.000 foreign workers have entered in this way.
Since 2008, the year in which the global financial crisis began, planned entries have been drastically reduced to just a few thousand plus seasonal workers.
To these must be added another 2 million workers regularized through the most hasty "amnesties": that of 2003, for example, remains one of the largest ever in Europe, with about 650.000 people regularized in a few months.
The regularization a posteriori ("amnesty") represents an implicit admission of the inability to regulate entry.
Moreover, in recent years the main channels for entry into Italy have been family reunification and humanitarian reasons. In both cases, applications are assessed individually, without "quotas".
In essence, the low numbers of "flow decrees" in recent years did not result from a lack of need for foreign labor. On the contrary, the reduced use of flows has pushed towards the use of "other" channels of entry, more difficult to monitor: EU citizens, landings, because of family reunions, tourist visas.
Fig. 1: Seasonal (green) and non.seasonal entries
Fig. 2: time series of "regularizstions"
Complementary labor market
The main argument used by those who oppose the "flows decree" is the presence in Italy of 2.6 million "citizenship income" recipients (Ministry of Labor report for 2019). In reality, not all recipients of the citizenship income are directly employable: in fact, minors, people with disabilities, people already employed but with very low incomes are included. Not even the 2.3 million unemployed (ISTAT data updated to October 2021) would meet the demand for labor, due to their geographical location, professional characteristics and other reasons. The number also includes the foreign unemployed, but this does not mean that they can directly fill labor market shortages.
In 2019, Luigi Cannari, deputy head of the economics and statistics department of the Bank of Italy, explained that "with current demographic trends, we would have a drop in GDP between now and 2060 of 11.5 percent. To compensate for this demographic trend, we would need an increase in productivity of 0.3 percent per year." In addition, "Not only is there no displacement, in the sense that the work of immigrants reduces the work of the natives, but in some situations - particularly for women - the entry of the foreign population may even encourage greater participation in the labor market".
Tito Boeri comes to similar conclusions, who, in a 2019 article, explained that "When work increases in Italy, it increases for everyone: Italians and immigrants. When it decreases, it decreases for everyone. [...] This should not be surprising because work creates work. One more carer allows one more Italian woman to work and vice versa. [...] If there were no immigrants to do these jobs, many companies would fail, taking jobs away from Italians".
What other countries do
Another piece of data useful for understanding Italian immigration policy is that of residence permits. If until 2010, there were more than 500,000 new permits issued every year, recently there has been a drastic decline, with the lowest minimum reached in 2020 (106,000 permits)
In addition, the composition of new admissions has changed dramatically. Until 2010, entries for work accounted for the majority component, today they are less than a tenth of the total.
With the exception of 2016 and 2017, when there was a spike in "other reasons" (mainly asylum and humanitarian reasons), in the last ten years, the main component has been family reunification.
Fig. 3: Time series of residence permits issued in Italy (first issue, in theousands)
Fig. 5 Residence permits issued per 10.000 inhabitants by country (2020)
At the European level, in absolute terms, the 10 .000 Italian work permits are less than those issued by Romania and Slovakia. Comparing them to the number of inhabitants, in 2020 Italy occupied the penultimate place, only Greece ranks lower. In fact, in Italy, work permits amounted to just 1.7 per 10.000 inhabitants, compared to the EU average of 12.9.
It is also quite surprising that Eastern European countries (those of the Visegrad group, which has always been hostile to the reception of migrants) show a higher number of work permits than Italy: 161,000 in Poland (first in terms of number of work permits), 32,000 in Hungary (three times as many as Italy), 29,000 in the Czech Republic and 12,000 in Slovakia (more than Italy, despite a population of only around 5.5 million).
The announced increase in entry quotas for immigrant workers in Italy does not, therefore, represent an "unconditional opening of the borders"; on the contrary, it is an attempt to respond to an economic need through reasoned and controlled planning, the exact opposite of an emergency management based on "amnesties".
Am 26. November 2021 sabotierten deutsche Anarchisten mehrere Bagger, Fahrzeuge und andere Maschinen der Firma "Leag" in der Lausitz, Deutschland. Anarchisten haben es häufig auf den Energiesektor abgesehen.
In einer Mitteilung beschuldigen die Anarchisten die Firma Leag, ihre Fahrzeuge in einem ungeschützten Bereich abgestellt zu haben und damit rechnen zu müssen, dass sie angegriffen werden, weil sie ihnen leichten Zugang verschaffte.
Die einfache Sabotage richtete sich gegen alle Fahrzeuge und Geräte auf die gleiche Weise, indem die Luftfilter vom Motor der Maschinen entfernt wurden. Wenn die Maschinen ohne Filter verwendet werden, werden sie irreparabel beschädigt, und dies wird in der Regel nicht vor jedem Einsatz überprüft.
Darüber hinaus wurde in der Mitteilung detailliert auch mit Bildern erklärt, wie man diesen Angriff wiederholen kann. Es ist davon auszugehen, dass die Anleitung in Zukunft ähnliche Angriffe auslösen wird.
tracterrorism.org
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Verschwörungstheorien haben während der Pandemie Hochkonjunktur. Für 5,9 % der Italiener (etwa 3 Millionen Leute) gibt es Covid einfach nicht. Für 10,9 % ist der Impfstoff nutzlos und unwirksam. Für 31,4 % handelt es sich dabei um ein experimentelles Medikament, und die Menschen, die geimpft werden, sind Versuchskaninchen. Für 12,7% schadet die Wissenschaft mehr als sie nutzt. Vormoderner Aberglauben, antiwissenschaftliche Vorurteile, unbegründete Theorien und Verschwörungsspekulationen werden geglaubt. Technikphobie: 19,9 % der Italiener halten 3G für ein ausgeklügeltes Instrument zur Kontrolle der Gedanken der Menschen. Wissenschaftsleugnung: 5,8 % sind sich sicher, dass die Erde flach ist, und 10 % sind überzeugt, dass der Mensch nie auf dem Mond gelandet ist.
An diesem letzten Novembertag kommt die Nachricht, dass Eric Zemmour, der Rechtsaussen der französischen Politik, seine Kandidatur für das Amt des Präsidenten der Republik angekündigt hat.
Er teilt dies in einem langen Video mit, das mit Bildern von Höhepunkten der französischen Geschichte illustriert und mit klassischer Musik unterlegt ist. Das Video steigert sich in seinem nationalen Pathos, um dem Zuschauer zu suggerieren, dass die große Nation gerettet werden muss und dass sich jeder mit Zemmour zusammentun muss, um diese Rettung gemeinsam zu bewerkstelligen.
Wunderschön und schrecklich zugleich. Die Apotheose des Nationalismus, scheinbar aus der Zeit gefallen und doch brandaktuell. Wer ist dieser Zemmour? Ein français de bonne souche, ein Vollblutfranzose? Ganz und gar nicht. Im Gegenteil, er ist zwar Franzose , doch nicht Katholik, sondern Jude mit algerischen (genauer gesagt: berberischen) Wurzeln. Wie passt das zusammen?
Ich habe das dank meines verstorbenen Freundes Menouar S. verstehen gelernt. Auch er war Jude, auch er hatte algerische (berberische) Wurzeln. Als Frankreich Algerien 1962 die Unabhängigkeit gewährte, verließen 800.000 Menschen den neuen Staat: Franzosen, die sich dort angesiedelt hatten (pieds noirs), Mitarbeiter der französischen Verwaltung (harkis) -- und Juden, die befürchteten, von der muslimischen Mehrheit verfolgt zu werden. Alle gingen bevorzugt nach Frankreich.
Für die Juden aus Algerien wurde Frankreich zur neuen, zur einzigen Heimat, die sie in sich aufnahmen, da sie dort problemlos aufgenommen wurden. Sie, die bereits frankophil und frankophon waren, wurden in mancher Hinsicht französischer als die Franzosen.
Menouar ging nach Amerika, heiratete eine Amerikanerin und reiste mit ihr nach Algerien, um ihr die Orte seines Ursprungs zu zeigen und die Freunde der Familie von früher zu besuchen. Er blieb jedoch auch in Amerika Franzose und sie folgte ihm als Mitglied seiner Familie.
Eric Zemmour, der 1958 in Frankreich in eine Kaufmannsfamilie in Montreuil geboren wurde -- also lange nach der Unabhängigkeit Algeriens -- wäre als Vertreter der zweiten Einwanderergeneration in der Lage, einige der Gräben zu überbrücken, die Frankreich durchziehen. Er könnte den alteingesessenen Franzosen das Schicksal der Einwanderer verständlich machen; er könnte den Einwanderern die Größe und den Stolz Frankreichs vermitteln; er könnte in seiner Person die Antisemiten besänftigen.
Doch wahrscheinlich wird er nichts von alledem tun: Er reitet derzeit auf der Welle der antiterroristischen, antiislamischen und antiafrikanischen Gefühle, die Frankreich aufwühlen. Mit seiner gebildeten, aber brutalen Rhetorik deklassiert er die traditionelle extreme Rechte von Marine Le Pen, bleibt aber selbst ohne echte Chance, die Nachfolge von Emmanuel Macron anzutreten.
Impftermin
Eine Halle in einem oberbayerischen Dorf. Eine Sachbearbeiterin mit einem Computer im Wartezimmer. Ein Arzt im Professorenrang und eine Assistentin in einem improvisierten Behandlungszimmer. Alles ist cool und nett. Ein paar Erstimpfungen, mehr Zweitimpfungen, der Rest Auffrischungen. Auffallend viele betagte Paare lassen sich boostern.
Ich frage, wie viel die Impfung kostet. Nichts. Wer zahlt es denn? Die unsichere Antwort: der Staat. Warum kostet es nichts? Die Mitarbeiter vom Roten Kreuz lachen: weil sonst niemand zur Impfung kommen würde.
Nach dem Pieksen bedanke ich mich. Offenbar wird nicht oft gedankt, wie mir scheint.
Ist es richtig, dass auch diese dritte Impfung kostenlos ist? Würde eine Kostenbeteiligung von symbolischen zehn Euro nicht helfen, den Impfskeptikern und Impffaulen klar zu machen, dass Impfen keinen behördlichen Zwang bedeutet und keine Selbstverständlichkeit ist, sondern ein geldwerter persönlicher Vorteil für den Einzelnen?
Der Staat ist nicht verantwortlich für den Ausbruch einer Epidemie, die uns alle bedroht und gegen die wir uns als Einzelne und als Gemeinschaft wehren müssen. 15 Millionen ungeimpfte erwachsene Deutsche haben das noch nicht begriffen. Viele glauben, sie könnten sich ausklinken aus der Gemeinschaft, Welle nach Welle. Bis endlich alle Ungeimpften angesteckt sind. Und entweder geheilt, tot oder mit long-covid dauerkrank geworden.
Der Tumor muss warten
Ein von Laura Di Siena, 42 Jahre alt aus Pavia, auf Facebook geposteter Bericht, weil ihre Operation eines seltenen Tumors wegen von Covid 19 ungeimpften-Patienten verschoben wurde. Wie ist das möglich? Warum muss ich für die Gleichgültigkeit und Rücksichtslosgkeit anderer Leute bezahlen? Ich bin Krebspatient und muss mich einer für mich lebenswichtigen Operation unterziehen, aber die Krankenhäuser sind voll von ungeimpften Covid-Patienten.
Macht euch die Erde untertan
so lautete die Überschrift eines Berichts der Süddeutschen Zeitung (4.11.21) aus Jair Bolsonaros Brasilien über Viehzucht und den schrumpfenden Regenwald im Amazonasgebiet. Erschreckend.
"In Brasilien gibt es schon lange mehr Rinder als Menschen.218 Millionen Tiere sollenes mittlerweile sein", sagt Christoph Gurk in diesem Bericht. "Die Rinderzucht ist.... einer der Haupttreiber der Entwaldung."
218 Millionen Rinder... wofür? Für den Export, aber wohin, bitte? Wer kauft und konsumiert solche riesigen Mengen an Rindfleisch? Fragen, die der Artikel weder stellt noch beantwortet.
Ein Blick in die Welthandels-Statistik zeigt, dass Brasilien wenig überraschend der größte Rindfleischexporteur ist, gefolgt von den USA, Indien (!) und Australien.
Letztere drei zusammen exportieren (2021) noch einmal rund 50 Prozent mehr als Brasilien. Mit seinen 218 Millionen Rindern (232 Millionen laut USDA) liefert Brasilien nur 15 Prozent der weltweiten Rindfleischexporte (2021). Mit 24 Prozent der Welteinfuhr ist China (einschließlich Hongkong) der Hauptabnehmer, gefolgt von den USA, Japan, Südkorea, Deutschland und Italien (2020).
Deutschland könnte mit 4,1 Prozent der Weltimporte zur Entwaldung des Amazonas beitragen. Der Anteil Deutschlands am Brandfrevel ist wahrscheinlich noch höher, da die EU nach China und Hongkong der wichtigste Importeur von brasilianischem Rindfleisch ist.
Bolsonaros (und seiner Vorgänger) erfolgreicher Kampf gegen den Amazonaswald lässt sich auch an den Statistiken ablesen. Zwischen 1990 und 2018 wuchs der brasilianische Rinderbestand um 56 Prozent; Tendenz weiter stark steigend, also mehr Brandrodung, wie Gurk betont.
Erstaunlich ist nur, dass die vermeintlich so klimabewussten Deutschen (und Italiener) hemmungslos brasilianisches Rindfleisch importieren, wohl wissend, dass sie damit im Amazonas brennen. Eine der einfachsten und wirkungsvollsten Maßnahmen, die die neue Bundesregierung zur Rettung des Klimas ergreifen könnte, wäre ein Importstopp für Rindfleisch aus Brasilien.
Mehr Plastik, bitte!
In den letzten Monaten kann man eine neue Welle der Plastifizierung des Nahrungsmittelangebots in den Supermärkten beobachten. Immer schon waren die Produkte in den Gefriertruhen und in den Süssstraßen fest in Plastik verpackt. Doch nun greift das Streben nach immer längerem shelf life der Ware zu immer weiterer Plastifizierung.
Selbst von der Natur so liebevoll mit weichen Schalenschichten geschützte Produkte wie Maiskolben werden ihrer Schalen beraubt und in Plastikhüllen verpackt. Fleisch und Fisch werden portionsgerecht geschnipselt und vakuumiert, vielleicht sogar noch mit irgendeiner ungenießbaren Marinade beklebt. Petersilie und Schnittlauch im Vakuum-Tütchen. Besonders ärgerlich: die Brottüten mit Fenster, die es schwer machen, Plastik und Papier zu trennen. Dass es weltweit ein Plastikmüll-Problem gibt, ist dem Lebensmittelhandel offenbar schnuppe. Wir doch nicht!
Wohin soll das führen? Spargel einzeln im Plastikfutteral? Wann? Erst nächstes Jahr!
Germany, Germany!
Sizilien und Weißrussland sind die aktuellen Brennpunkte des Ansturms von extracomunitari (italienisch für Nicht-EU-Bürger), die ohne Visum (und oft auch ohne Papiere) in die EU einreisen wollen. Ein bunter Haufen: an der polnischen Grenze vor allem Kurden aus dem Irak und Syrien, Araber, aber auch Weißrussen ohne Visum. In Sizilien die übliche Mischung aus Tunesiern, Syrern, Afrikanern, Bangladeschis, Afghanen und anderen Asiaten.
An beiden Orten sind es vor allem junge Männer, aber auch unbegleitete Jugendliche und Familien. "Sind das alles Flüchtlinge?", fragt Bild. Eine Frage der Definition. Verfolgt und in Lebensgefahr sind wohl nur Wenige. Die überwiegende Mehrheit sind Migranten mit den unterschiedlichsten Motiven: auf der Suche nach einem besseren Leben, Familienzusammenführung, medizinischer Behandlung, Bildung und Weiterbildung. Oder schlicht auf der Suche nach Abwechslung, Sex mit freien Europäerinnen, Spass und Geld. Oder Schlawiner, Kleinkriminelle, die ihr Metier im reichen Europa praktizieren wollen.
Manchmal nehmen die Ereignisse den Charakter von Völkerwanderungen in Zeitlupe an. Tunesier nach Italien, Bangladeschis nach Italien, Kurden nach Deutschland, Türken nach Deutschland. Auf den fliegenden Märkten Italiens ist bengalisch seit Jahren die Verkehrssprache des Verkaufspersonals. Bei den Strandverkäufern dominiert arabisch. Angeblich reisen die meisten Migranten aus Italien weiter nach Norden, wie Matteo Villa in der Süddeutschen Zeitung behauptet (12.11.21): der Augenschein aber zeigt zumindest in den Zentren die zunehmend starke Präsenz der extracomunitari.
Was Amerika einst für deutsche Auswanderer war, ist Deutschland heute für Türken und Kurden, viele davon echte Flüchtlinge, die politische Unterdrückung vertreibt.
So weit ist alles wie immer. Problematisch ist nur das Wer und das Wie. Die EU hat keine Möglichkeit zu beeinflussen, wer wann wo ankommt. Will Italien wirklich Hunderttausende von Bangladeschis aufnehmen - Bürger eines fernen Landes, von dem viele Italiener nicht wissen, wo es liegt? Wahrscheinlich können nur die wenigsten Bengalen aus Bangladesch von sich behaupten, sie seien Verfolgte, also Flüchtlinge. Dennoch machen sie ein Viertel bis ein Drittel der Menschen auf den Booten aus. Den Booten, die im Mittelmeer in Seenot geraten und gerettet (oder auch nicht gerettet) werden. Aber das sind nur die ungeschicktesten der Bangladeschis (sagen ihre Landsleute) - die clevere Mehrheit kommt als Touristen oder Studenten mit dem Flugzeug nach Italien.
Noch schlauer sind die Chinesen, die inzwischen zehntausende von China shops in Italien betreiben und nie auf Booten im Meer zu finden sind. Andere Asiaten hingegen, vor allem Pakistaner, Iraner und Ceylonesen, setzen auf die Bootsroute.
Nicht so Arul aus Sri Lanka, der in einer großen Gartenbaufirma in Rom arbeitet. Er kennt sich aus, spricht fließend italienisch und ist seit zehn Jahren im Lande, wie er sagt. Ich frage ihn, ob er bereits eingebürgert worden sei. Nein, seufzt er. Jedes Jahr muss er ein- und ausfliegen, um seine Aufenthaltsgenehmigung zu erneuern.
Einmal Ausländer, immer Ausländer. Die sonst so flexiblen Italiener sind in dieser Hinsicht hart.
Wie wird es den Neuankömmlingen in Polen, Litauen, Deutschland oder Finnland ergehen?
Falls sie es lebend durch den Zaun schaffen und von Angehörigen, Freunden oder Schleppern abgeholt werden. Doch nun ist die Grenze praktisch geschlossen: die Migranten sitzen in der Falle. Nach Polen geht es nicht, nach Belarus nur wenn das Herkunftsland -- beispielsweise Irak -- sie zurückholt. Und bald kommt der Winter.
Die praktischen Satrapen
Satrap war im antiken Perserreich der Titel des Statthalters einer größeren Provinz. Satrapen hatten eine politisch-administrative und militärische Leitungsfunktion, entsprechend einem heutigen Gouverneur (wikipedia)
Ramsan Kadyrow, Baschar al-Assad und Alexander Lukaschenko sind die Gouverneure von drei russischen Grenzprovinzen (Tschetschenien, Belarus) bzw. Kolonien (Syrien). Diese drei sind aufgrund ihrer Rücksichtslosigkeit, ihres Überlebenswillens und ihrer Loyalität gegenüber dem Kreml die perfekten Vasallen von Wladimir Putin.
Dieser Kreis von Pufferzonen um Russland weist jedoch erhebliche Lücken auf, die zu schließen das vornehmste Ziel des jeweiligen Kremlherrn sein muss. Blickt man auf den Globus, so fällt die Rolle Nordkoreas und der Mongolei als Schutzschilde vor China auf. Blickt man auf Europa, bietet sich die Ukraine als idealer Pufferstaat an.
Im Falle der Ukraine hat Russland sogar einen potenziellen Satrapen, der über Nacht installiert werden könnte: Viktor Janukowitsch. Er wurde zwar abgesetzt, wird international gesucht und soll während seiner Zeit als ukrainischer Präsident (2010-14) 40 Milliarden Dollar veruntreut haben, aber das kann als Verleumdung ausgelegt werden. Auf jeden Fall wäre er appetitlicher als die afghanischen Taliban, die wahrscheinlich kurz vor der internationalen Anerkennung stehen.
Update:
Das britische Außenministerium hatte mitgeteilt, der Regierung lägen Informationen vor, "die darauf hindeuten, dass die russische Regierung versucht, eine prorussische Führung in Kiew zu etablieren, während sie erwägt, ob sie in die Ukraine einmarschieren und sie besetzen soll." Murajew wurde dabei als möglicher Kandidat für die Führungsposition in der Regierung in Kiew genannt. Moskau warf London daraufhin "Desinformation" vor.
In der Mitteilung des britischen Außenministeriums werden weitere Namen genannt wie Sergej Arbusow, Vizeregierungschef von 2012 bis 2014 und dann Interimsregierungschef, Andrij Klujew, ehemaliger Leiter des Präsidialamts von Ex-Staatschef Viktor Janukowitsch, Wolodymyr Siwkowytsch, ehemaliger Assistent des nationalen Sicherheitsrats und des ukrainischen Verteidigungsministeriums, sowie Mykola Asarow, Ministerpräsident der Ukraine von 2010 bis 2014.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will, dass im Ukraine-Konflikt Russlands Vorbehalte gegen die Nato berücksichtigt werden. Dafür soll eine Aufnahme der Ukraine in das Militärbündnis seiner Meinung nach auf absehbare Zeit ausgeschlossen werden. Zudem solle auch im Falle eines russischen Angriffs auf die Ukraine von harten Sanktionen abgesehen und die Gaspipeline Nord Stream 2 nicht infrage gestellt werden. Söder stellte fest, dass Russland "Großmacht" sei und die Sorgen vor einer Nato-Erweiterung zu registrieren seien. Russland sei "ein schwieriger Partner, aber kein Feind Europas", sagte er. "Ständig neue Drohungen und immer härtere Sanktionen" seien kaum wirksam und könnten Deutschland schaden.
Das derzeitige Interregnum Deutschlands könnte den Kreml dazu verleiten, nach der Krim und den russischsprachigen Oblasten Donezk und Luhansk im Osten auch den größten Teil der restlichen Ukraine zu schlucken und damit seinem Ziel, die Sowjetmacht wiederherzustellen, einen entscheidenden Schritt näher zu kommen.
Vor wenigen Tagen ließ das Weiße Haus in Washington die Europäer wissen, dass eine russische Invasion in der Ukraine möglich sei. Auf diese Warnung folgte jedoch nicht die zu erwartende Erklärung von Präsident Biden, dass sich die USA und die NATO einer russischen Invasion widersetzen würden.
Vielmehr wird in durch die Warnung an die Europäer appelliert, das Problem als ihr eigenes zu betrachten und Moskau klarzumachen, dass sie einen Angriff auf die Ukraine als Angriff auf Europa verstehen und militärisch darauf reagieren würden.
Kiews bester Schutz sind derzeit die eigenen Streitkräfte, und die wurden praktisch über Nacht durch den Kauf und Einsatz türkischer Bayraktar-Drohnen verstärkt, die nicht nur in Libyen und Berg-Karabach, sondern zur bösen Überraschung Moskaus auch im ukrainischen Osten enorme Erfolge erzielt haben.
Dennoch, so wie es aussieht, sollten die Europäer endlich ihre eigene Truppe aufstellen und dafür sorgen, dass Janukowitsch weiter auf den Anruf aus dem Kreml warten muss.
Die Briten, wacher als die Kontinentalen, haben jedenfalls schon vorgesorgt:
Hundreds of British special force troops are ready to deploy to the Ukranian border at a moment’s notice, amid rising tensions and fears of a possible Russian invasion in the region, according to reports.
Auch die NATO ist aufgewacht
The Nato secretary general, Jens Stoltenberg, has cautioned Moscow against “any further provocation or aggressive actions” following warnings by US officials that Russia could be preparing to a launch a winter offensive in Ukraine.
The Ukrainian president, Volodymyr Zelenskiy, said last week that Russia had amassed nearly 100,000 soldiers near Ukraine’s border, as Washington warned that Moscow may be “attempting to rehash” its 2014 invasion
Rote Saffian-Stiefel
Vor fast auf den Tag genau 80 Jahren kam Maxe wie immer einmal in der Woche, um meinen Vater zu massieren. Sie war eine gefragte Masseuse und zählte etliche Prominenten zu ihren Kunden. Daher war sie immer gut über den Klatsch und Tratsch der Reichshauptstadt informiert. Der Tod des Kirchenministers Hanns Kerrl amüsierte sie.
Auf einer "Dienstreise" ins besetzte Paris erlitt der protestantische Würdenträger in einem Bordell einen tödlichen Herzinfarkt. Die empörten und fassungslosen Damen warfen den nackten Bischof in eine Eierkiste, vernagelten sie und schickten sie nach Berlin. Dort wurde der Leichnam von den Eiern befreit, gewaschen und in einem feierlichen Staatsakt beigesetzt.
All das schien Maxe nicht verwunderlich, wohl aber die Nachricht, dass Reichsmarschall Hermann Göring zur Beerdigung in seiner Fantasieuniform mit roten Saffianlederstiefeln erschien.