Die Berichte und Analysen der Wirtschaftskorrespondentin der Süddeutschen Zeitung in Italien, Ulrike Sauer, zu lesen ist immer ein Genuss, denn sie basieren auf einem Fundament solider Fakten, kombiniert mit einem klaren Urteil.

 

   Jung, weiblich, arbeitslos titelt ihr Bericht (SZ 26-3-21, 17) über die Auswirkungen der COVID-Krise auf die weibliche Beschäftigung in Italien: “Von 101000 Beschäftigten, die im vergangenen Dezember in Italien ihre Stelle verloren haben, waren 99000 Frauen.” (2000 waren Männer)

   Strage! Ein Blutbad! Als hätten sich die Arbeitgeber abgesprochen, die Männer zu retten und dafür die Frauen zu opfern.

   Der Bericht ist reich an haarsträubenden Statistiken. Er analysiert das europäische Recovery Programm, das Italien mit 200 Milliarden Euro sanieren und modernisieren soll. Doch “57 Prozent der Mittel gehen in Branchen, in denen der Männeranteil mehr als 80 Prozent beträgt”, beklagt Sauer und zitiert die deutsche Parlamentarierin Alexandra Geese (Grüne), die mit starkem Echo in Italien fordert, dass die Hälfte der EU-Mittel “gezielt für Frauen ausgegeben wird”. Das wären 100 Milliarden in Italien.

   Es ist offenkundig, dass Italien als Schlusslicht der EU in Sachen Frauenbeschäftigung ein enormes Wirtschaftspotenzial verschenkt, wie auch Premierminister Mario Draghi betont. Doch zwischen Erkenntnis und Abhilfe liegt ein Abgrund. Ein von Brüssel und Rom gesteuertes Milliardenprogramm für Frauen könnte sich als ein teurer Flop erweisen, denn....

 – wie Ulrike Sauer betont, sind die wichtigsten Sektoren der Frauenbeschäftigung (Gastronomie, Tourismus, Einzelhandel) am härtesten von der Pandemie betroffen, wodurch sich die Entlassungswelle im vergangenen Dezember teilweise erklärt.

 – das stärkste Hindernis der Frauenbeschäftigung sind generell die Millionen arbeitsloser oder teilzeitbeschäftigter (vor allem junger) Männer, die zur Generation Mille Euro gehören, die sich mit tausend Euro brutto zufrieden geben müssen oder gar vergeblich danach streben. So lange massive männliche Arbeitslosigkeit, Teilarbeitslosigkeit und Prekariat herrschen, ziehen viele Arbeitgeber Männer den Frauen vor wegen der tradierten Bedenken hinsichtlich Schwangerschaften, Kinderversorgung und Haushaltspflichten.

– wie die Deutsche Rundschau unlängst dargelegt hat, sind die Frauen zu einem guten Teil an der Misere schuld. Falsche Erziehung in einer immer noch patriarchalischen Welt treibt die Jünglinge zur Verzweiflung, weil sie nicht sehen, wie sie als Generation Mille Euro eine “Familie ernähren” könnten. Die Mädchen werden vom Umfeld darauf getrimmt, einen Mann zu suchen, der eine “Familie ernähren” kann, anstatt sich selbst als potentielle Ernährerin (notfalls auch einen Mannes) zu begreifen.

 – dass die Lage in Italien grotesk ist, weil das Niveau der Frauenbeschäftigung um 6 Prozent unter dem Griechenlands liegt und europaweit nur noch vom (vorwiegend muslimischen) Bosnien-Herzegovina untertroffen wird. Italien: ein prinzipiell christliches Land mit einer pseudo-islamischen Sozialstruktur. Während in Deutschland Damen mit Kopftuch Stadtbusse fahren, sucht man auf Yahoo.it bei der Eingabe “conduttrice autobus” (Busfahrerin) vergeblich nach einem italienischen Eintrag. Stattdessen findet man zahlreiche Einträge zum männlichen “conduttore”, darunter eine Jobbeschreibung im von der Wirtschaft getragenen Ausbildungs- und Berufswahlportal www.wecanjob.it. Der Beratungsdienst beschreibt die Arbeit des Busfahrers als gefährlich, stressig und technisch anpruchsvoll. Vor allem soll “der” Fahrer jederzeit auf Wunsch der Firma zur Verfügung stehen (Kinder? Haushalt? Elternpflege?) Fazit: nichts für Frauen!

 – weil in Italien höhere Bildung Frauen nicht unbedingt beruflich hilft. Die Römer Müllkutscherinnen mit akademischem Abschluss (gesicherter Job, festes Einkommen) sind kein Scherz, sondern Realität. Die meisten Frauen mit höherer Bildung werden Lehrerinnen, einige Rechtsanwältinnen, Beamtinnen usw. Vor allem suchen sie Bürojobs. Wie überall erzielen Frauen die besseren akademischen Noten, sind fleissiger und sprachbegabter als die gleichaltrigen Männer. Aber was studieren sie? Neben den Lehrberufen wenig praktisches, gerne Orchideenfächer: Lizeum und Universität statt technischer Weiterbildung. Man kann den Eindruck gewinnen, dass für viele Italienerinnen der akademische Abschluss mehr Symbol des sozialen Prestiges und Vorteil bei der Gattenwahl ist als Sprungbrett für eine berufliche Karriere.

-- wie der Artikel darlegt, hat Italien nie Strukturen entwickelt, die eine Berufstätigkeit von Frauen erleichtern. Um Kindergärten, Kinder-Tagesstätten kümmerte sich gerne die Kirche samt ihren Orden, und dem Staat war es recht. Dass es so wenig Kita-Plätze gibt, hat aber auch andere Gründe: beschränkte Nachfrage. In vielen bürgerlichen Familien gibt es auch heute noch Dienstboten, die sich um den Nachwuchs kümmern. Manche junge Mutter begründet ihr Hausfrauendasein auch mit der Notwendigkeit, das oder die Kinder zu chauffieren: zur Schule, zum Sport, zum Spiel.  Angesichts des mörderischen Verkehrs und fehlender Schulbussysteme ist verständlich, dass man die Kleinen nicht der Unzuverlässigkeit des öffentlichen Verkehrswesens aussetzen will. Den Staat interessiert das wenig, denn im Gegensatz zu Frankreich beispielsweise hat die rapide demografische Schrumpfung Italiens (minus 350.000 Einwohner in 2020) zu keinen natalistischen Reflexen geführt, die versuchen würden, junge Eltern samt ihrem Nachwuchs finanziell und organisatorisch auf Rosen zu betten. Wenn italienische Kinder fehlen, gibt es halt Einwanderung.

   Fazit: Mit der gegenwärtigen Frauengeneration und den heutigen Politikern ist bei der  herrschenden Arbeitslosigkeit wenig Fortschritt in der Frauenbeschäftigung zu erwarten. Wie üblich in Italien ist die Lage im Norden schwierig, im Süden weitaus schlimmer. COVID hat den Süden wirtschaftlich und in der Beschäftigung noch härter getroffen als den Norden – trotz Bergamo und Mailand. Was das für die ohnehin prekäre Lage der Frauen bedeutet, kann man sich ausmalen.

Benedikt Brenner

 

 

TRACwatch, ein Dienst, der den Extremismus weltweit überwacht, warnt:

   Der Cloud-basierte Messagingdienst Telegram, der ein führender Kommunikationskanal für Extremisten geworden ist, hat eine Voice-Chat-Funktion gestartet, die seiner Community die Fähigkeit bietet, virtuelle Radiosender zu bauen.

   Mit diesem Schritt tritt Telegram gegen Clubhouse an, das Voice-Chat-Messaging anbietet und in den letzten Monaten ein enormes Wachstum verzeichnet hat. TRAC schätzt, dass unreguliertes Live-Audio- und Video-Streaming bösartige Aktivitäten begünstigt.

   Da Telegram seine Vorkehrungen zur Anonymisierung verstärkt hat, werden viele dadurch ein neues Megafon gewinnen, um ohne eine Rundfunklizenz von der FCC ein noch breiteres Publikum zu erreichen,

   Derzeit dreht sich die Diskussion der neuesten Funktion des Telegram-Dienstes um die rechtsextreme Möglichkeit, ohne Angst vor Zensur rassistische Beleidigungen laut zu äussern.

   Telegram hat auch versprochen, in diesem Frühjahr eine Video-Funktion zu liefern und damt das Potenzial für viel radikalere Anwerbung von potentiellen Extremisten, ähnlich wie die Gefahren von FaceBooks und YouTubes Live-Video-Streaming-Diensten, die enorm von den extremen linken, rechten und dschihadistischen Sphären genutzt werden, die Sekunde für Sekunde über Telegram kommunizieren.

   Die Möglichkeit, sich eine GoPro-Körperkamera umzuschnallen um aktive Selfie-Schießereien von einsamen Wölfen zu filmen, begann, als Brenton Tarrant 2019 seinen bewaffneten Angriff auf Moscheen während der Freitagsgebete in Hagley Park und Linwood in Christchurch, Neuseeland, live auf Facebook streamte.

   Seitdem wurden viele weitere Extremisten von diesem Videomaterial inspiriert, das nach wie vor auf Telegram im Umlauf ist. Zweifellos wird der neue Telegram-Videodienst auch Selfie-Live-Streaming anbieten, was die Reichweite und Effektivität der Botschaften von Extremisten um eine neue Dimension erweitern könnte.

TRACwatch

   Unless blocked by a court ruling, ex-President Donald Trump will most likely be the frontrunner for the Republican candidacy in 2024. Currently, he seems to enjoy the almost unanimous support of the GOP. Terrible or marvellous?

   Among others, Adlai Stevenson II and Hillary Clinton have shown that Americans don’t like losers. Once you lost a primary or a presidential election, you are out. That’s the rule, and the GOP pundits know it as well.  Still, they support Trump with the enthusiasm of lemmings, why?

There are two possible explanations

– they are still under Trump’s spell and afraid of his followers

– they think: four years are a long time and Trump might be blocked or fade away.

   Indeed, under “normal” circumstances, Trump “fighting ïn his basement” at Mar-a-Lago would have hardly a chance against a President Biden enjoying the glamour of office and running for re-election after four moderately successful years.

   But circumstances are far from normal. Twice, America has shown that it is ready to morph from a white plus minorities society to a minorities plus white society. Barack Obama and Joe Biden are two milestones marking a transition unique among major countries with the exception of South Africa.

   The South African parallel is not as far fetched as it may seem: the whites still claim they settled and developed an empty country before the blacks moved in from the North, established a majority and grabbed power. Like Republicans in the U.S., whites in S.A. represent old money and wield economic power.

   More than Obama, Biden seems ready to implement policies dear to the progressives and the minorities. Consequently, the conservatives are furious and disgusted. After four years of an administration pandering to their ideas and preferences, the shock of Biden’s reversal is deep.

   The result is despair and radicalism among the Republican electorate. Today, if a President Trump would again call for an attack on the Capitol, thousands instead of hundreds would be coming.

   Some observers predict that Trump, if reelected, would repeat the January 6th event on a much larger scale instead of giving up power. Support among Republicans for his attempts to topple democracy would be stronger than ever.

   There can be little doubt at this juncture that many Republicans would trade in America’s democracy for a system that offers conservative white rule forever. Biden’s liberal immigration policy and his intention to legalize 15 million illegal foreigners are the opposite of what these Republicans consider indispensable.

   There are three possibilities how Trump might get a real chance to return to power

  • Biden’s policies result in havoc and disaster

  • Biden falls ill and Harris takes over

  • Biden is exhausted, refuses to run for a second term, and the Democrats present a weak candidate as successor.

If none of the above happens, it is likely that America will be able to definitely close the chapter Trump.

   Still, there is the possibility that the GOP would nominate a successor candidate who is more Trumpian than Trump.

 

John Wantock

 

   In den letzten Tagen ist klar geworden, dass die COVID-Varianten aus Südafrika und Brasilien die Hoffnungen auf Rückkehr zu einem normalen Leben torpedieren. Nicht nur, dass die existierenden Impfstoffe teilweise die Erkrankung nicht verhindern sondern nur mildern, sie können auch bereits durch Erkrankung immun Gewordene erneut infizieren.

   Achtzehn Fachleute, die von Reuters befragt wurden, zeigen sich pessimistisch. Das Virus wird uns als endemisch erhalten bleiben "und wird wahrscheinlich eine bedeutende Belastung durch Krankheit und Tod auf Jahre hinaus bedeuten", wie Reuters berichtet. "Die Bevölkerung sollte damit rechnen, weiterhin Massnahmen wie das Tragen von Masken und die Vermeidung von Gedränge während Zeiten höherer COVID-Infektionen zu treffen, vor allem gilt das für Leute mit hohem Risiko."

   Keine Rückkehr zur Normaliät auf Jahre hinaus? Was wird dann aus uns, unserem Leben, unserer Wirtschaft?  Bestürzende Perspektiven

--ed

Update

Das amerikanische staatliche Center for Disease Control and Prevention (CDC) " wird in dieser Woche voraussichtlich folgende Richtlinien für Geimpfte erlassen:

Den Menschen, die bereits vollständig geimpft sind, wird geraten, sich weiterhin an die meisten öffentlichen Gesundheitsregeln zu halten, wie z. B. das Tragen von Masken und körperliche Distanzierung in den meisten Umgebungen. Obwohl sie grünes Licht für begrenzte soziale Zusammenkünfte bekommen, sollten diese klein und zu Hause gehalten werden, und sie sollten nur andere vollständig geimpfte Erwachsene umfassen, wie es heisst.

 

 

    Journalist Can Dündar, former editor-in-chief of Turkey’s critical Cumhuriyet daily who lives in exile in Berlin, has made a bid to attract public attention to political imprisonment in Turkey with the adaptation of a prison cell in the garden of Berlin’s Maxim Gorki Theater, Deutsche Welle Turkish service reported on Thursday.

can dundar 1021x580

 

    “This is a replica of a cell in the [high-security] Silivri Prison, which is known as the largest journalist jail in the world,” Dündar told DW Turkish, describing the room furnished with concrete-colored objects and optically insulated with mirror film.

    “Among those who have been kept in there are politicians, journalists, academics and artists — a lot of people whose only crime was telling the truth — and some of them are still behind bars. I wanted to make their voices heard,” he said.

    “It’s a kind of human rights campaign, and I hope it draws public attention to political prisoners in Turkey,” Dündar said, referring to his installation for the theatre that he calls the “Prison of Thoughts.”

Turkish Minute