Ein Prozess kann einen anderen verbergen. Es ist nicht nur ein Kunsthändler, Guy Wildenstein, der wegen Steuerhinterziehung angeklagt ist, der zum dritten Mal vor Gericht steht - nach zwei Freisprüchen, die von der Kassation aufgehoben wurden. Sicherlich könnte man versucht sein, auf eine Ausnahme zu plädieren, da diese Familie von Gemäldehändlern seit fünf Generationen durch ihren maßlosen Lebensstil auffiel, der nur noch von ihrem Kult der Geheimhaltung übertroffen wurde.
Der Ruf der Wildensteins ist nicht erst seit gestern sehr zweifelhaft. Der Verdacht, dass sie mit den Nazis kollaborierten, wurde nie wirklich ausgeräumt. Valérie de Senneville lässt uns in die erbarmungslose Intimität dieser Familie eintauchen, deren Vorfahre Georges mit Jacques Seligman und Paul Durand-Ruel auf Augenhöhe war.
Doch abgesehen von einem Einzelfall ist es der Kunstmarkt, der sich einmal mehr in der Position des Angeklagten befindet, denn hier folgt ein Skandal auf den anderen: Unterschlagung von Kunstwerken durch die Kommissionäre von Drouot, mutmaßlich betrügerische Begutachtung von Sesseln aus dem 18. Jahrhundert durch den Experten Jean Lupu, Ponzi-Pyramide in den alten Manuskripten von Aristophil, kolossale Überfakturierungen, die dem Genfer Händler Yves Bouvier, "dem König der Freihäfen", vorgeworfen werden. Gerade die Freihäfen, diese zollfreien Lager, stehen im Zentrum des Geldwäscheverdachts, da sie es ermöglichen, dass Gemälde den Besitzer wechseln, ohne den Ort zu wechseln.
Gefälschte Gutachten, überhöhte Rechnungen, falsche Zuschreibungen: Diese kriminellen Praktiken sind so alt wie der Kunsthandel. Sie haben jedoch eine neue Dimension erreicht, da astronomische Preise für Werke erzielt wurden, deren Echtheit selbst zweifelhaft ist, wie z. B. der Salvator Mundi, der für 450 Millionen Euro versteigert wurde. Die Kunstwelt hat ein Interesse daran, sich selbst zu beruhigen, denn ein Markt, der von Misstrauen geprägt ist, kann früher oder später zusammenbrechen.
Shell ist das jüngste große Unternehmen, das sich aus den Kohlenstoff-Kompensationsgeschäften zurückzieht, weil es befürchtet, dass viele von ihnen keine Auswirkungen auf die Umwelt haben, und der Carbon Trust sein auf Kompensationsgeschäften basierendes Kennzeichnungssystem "carbon neutral" einstellt.
Der Ölkonzern, einer der führenden Befürworter von Kohlenstoffkompensationen, hat im Juni sein Ziel aufgegeben, bis 2030 jährlich bis zu 100 Mio. Dollar (80 Mio. Pfund) in Kohlenstoffgutschriften zu investieren und 120 Mio. Naturkompensationen pro Jahr zu kaufen, wie der Ölkonzern bestätigt hat. Dies ist Teil dessen, was Kritiker als eine allgemeine Verwässerung von Shells Klimazielen bezeichnen.
Wahlparolen der Konkurrenz zu beschädigen ist ein alter Sport, vermutlich schon im antiken Rom üblich. Wenn jedoch die Plakate nur einer Partei heil bleiben, schöpft man Verdacht....
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Als Charles-Louis Napoléon Bonaparte 1848 zum Präsidenten Frankreichs gewählt wurde, waren 33 Jahre vergangen, seit die Herrschaft seines Onkels Napoleon I nach 19 Jahren Krieg endete. Nur 33 Jahre -- knapp zwei Generationen -- dauerte es, bis die Franzosen das Grauen der endlosen Kriege seines Onkels vergessen hatten und Louis Napoleon als Nachfolger des durch die Revolution von 1848 gestürzten Bourbonenkönigs Louis Philippe zum Präsidenten erkoren.
Louis Napoteon zögerte nicht. Schon 1852 wurde er als Napoleon III Kaiser der Franzosen und, wie sein Onkel, engagierte er Frankreich in mehreren Kriegen, die erst 1870 mit der Niederlage gegen Preußen und seine Verbündeten endeten. Erst nach dieser Erfahrung waren die Franzosen bereit, auf die kriegerischen Bonapartes zu verzichten, übrigens auch auf die kaum friedfertigeren Bourbonen. Vive la République!
Was das mit Deutschland und 2023 zu tun hat?
1945 endete Deutschlands letzter grosser Krieg mit der nahezu vollkommenen Vernichtung. Deutsche Städte lagen in Trümmern, Deutschland Söhne unter der Erde, soweit sie nicht in Gefangenenlager marschierten. Der Holocaust und die Verbrechen deutscher Truppen und Besatzer in Nachbarländern.hatten kommenden Generationen eine unglaubliche Schuld aufgeladen.
Mehrere Generationen von Deutschen haben sich dieser Schuld gestellt, irgendwie. Sie haben Verzeihung und Versöhnung gesucht und gefunden, mehr als sie erwarten durften. Die Welt hat sie wieder aufgenommen in die Gemeinschaft der Vereinten Nationen.
Aber seit 1945 ist viel Zeit vergangen, fast 80 Jahre. Generationen sind gekommen und gegangen: Immer kleiner wurde die Schar derer, die das Grauen der vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts erlebt und erlitten haben. Als „Zeitzeugen“ steckten sie ihr Wissen zwischen Buchdeckel in der Annahme, damit den kommenden Generationen Wissen und Empathie zu vermitteln.
Doch die neuen Generationen lasen die Bücher nicht. Sie waren beschäftigt zu leben, genug Geld dafür zu erwerben, Fernsehen und Smartphone zu schauen.
Allmählich vollzog sich ein Wandel in der Denkweise der Generationen. Das Bewusstsein der Schuld, die Kenntnis der im Namen Deutschlands begangenen Verbrechen fielen der zeitlichen Erosion zum Opfer. Nicht nur das: zum Vergessen und der Gleichgültigkeit gesellte sich im Laufe der Jahrzehnte der Wunsch neuer Generationen „einen Schlusstrich“ unter die Vergangenheitsbewältigung zu ziehen; die Schuld abzuwälzen wie Prometheus einen Felsblock, sie aufzurechnen gegen eine Fußball-Weltmeisterschaft oder eine elegante Automarke.
Mehr noch: während die Portraitfotos der Soldaten unter der Erde verblichen und die Städte schlecht und recht wieder aufgebaut wurden formierte sich ein neuer Nationalstolz, eine Erinnerung an vergangene deutsche Größe in Geografie, Literatur, Export und Fussball.
Dem wachsenden Nationalstolz der neuen Deutschen entspricht ein Rechtsruck in der Politik. Vergessen die Zeiten, in denen ein Nachkriegsdeutschland die Sozialdemokratie mit der Leitung des Landes betraute. Brandt, Schmidt, Dohnanyi, Schroeder -- Monumente einer Vergangenheit, an der man die Gegenwart nicht messen sollte.
Die Gegenwart? Eine deutschnationale Partei (um es höflich auszudrücken) ist, wenn man den Umfragen glauben will, erstmals seit 1945 die zweitstärkste Kraft in Deutschland und scheut sich nicht, nach der Macht zu greifen. Frankreich hatte 1848 das Debakel von 1815 vergessen. .Hat Deutschland heute 1945 vergessen? Sind die Deutschen bereit, ihr Schicksal (und nicht nur ihres) wieder Rechtsextremen anzuvertrauen, deren Vorläufer bereits einmal das Unvorstellbare verwirklichten?
Heinrich von LoeschUpdate"Ein Teil der deutschen Bevölkerung habe schon immer eine extremistische Gesinnung gehabt, urteilte Münch. Mit der AfD würde sich auch für enttäuschte Wähler nun eine scheinbar wählbare und "komplett destruktive Opposition" bieten. "Das ist ein neues Phänomen, mit dem wir anscheinend noch gar nicht so recht umgehen.""Update IILesefrucht aus einem populären Social Media Portal:
"Hier ein paar Zitate von AfD-Aussteigern (Von Es_REicht auf Facebook)
9 Zitate von AfD-Aussteigern, … die belegen wie rechtsextrem sie ist:
1. Die Radikalen haben die Kontrolle über die AfD übernommen!
2. Diese Partei ist keine Alternative, sie ist der Abgrund für Deutschland!
3. Demokratie, die sie abschaffen wollen! Wie 1933, genau so wurde auch die NSDAP groß!
4. Den Kampf gegen Nationalbesoffene, Radikale, Extremisten, Höcke-Jünger habe man verloren!
5. Hätte dreimal gereicht, für eine Bebachtung!
6. Bei der AfD gibt es Papiere in den Schubladen, die sind krasser als das, was die NPD früher wollte!
7. Nur ein Feigenblatt für die Ideologien von Höcke & Co.!
8. Die AfD läuft Gefahr, eine Art NPD 2.0 zu werden!
9. Mit Neonazis mache ich mich nicht gemein!"
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Papst Franziskus, UN-Generalsekretaer Guterres und etliche andere bieten dem russischen Präsidenten Putin ihre Friedensvorschläge für den Ukraine-Krieg an. Gut gemeint? Vielleicht.
In jedem Fall sind die Vorschläge toxisch für die Ukraine, die sich lautstark gegen die Ideen der Friedensschwurbler wehrt. Warum?
Indien, China, die Türkei, Saudi-Arabien sehen sich ebenfalls als potentielle Friedensvermittler. Für die Ukraine gibt es keinen Frieden zu vermitteln. Für Russland auch nicht. Russland will unverändert den totalen Sieg in diesem Krieg, und die Unterwerfung des Landes, das es als eine rebellische Provinz ansieht.
Wie sich die Russifizierung vollzieht, kann man derzeit in den annexierten und besetzten Gebieten der Ukraine beobachten. Für die Ukraine geht es um wesentlich mehr: Russland (nicht nur W. Putin) plant die Zerstörung der Ukraine als staatliches Gebilde und die Ausrottung aller Ukrainer, die sich nicht begeistert als Russen offenbaren.
Völkermord samt kultureller Auslöschung ist das Konzept Putins und der russischen Nationalisten. Uebrig bleiben dann nur ein paar ukrainische Diaspora-Viertel in Amerika und Westeuropa, mit Restaurants, die als letzte die Erinnerung an die ukrainische Küche pflegen.
Eine Niederlage der Ukraine würde das russische Volk in einen Siegestaumel versetzen, der der Regierung carte blanche für die Rückeroberung Osteuropas bis zur Elbe geben würde. Ob Russland dafür den Mut und die Stärke haben würde, ist freilich offen. Immerhin würde die Eingliederung der ehemals ukrainischen Streitkräfte dem russischen Militär einen enormen Modernisierungsschub bringen und dadurch die Eroberung Osteuropas (wo weitere NATO-Waffen warten und der Wohlstand reiche Plünderung verspricht) mit Hilfe der eroberten NATO-Waffen möglicher machen.
Die Ukraine und Europa stehen also mit dem Rücken zur Wand. Angesichts des russischen Siegeswillens gibt es keinen Spielraum für Friedensgespräche.
Da nehmen sich die Bemühungen des Papstes wie die anderer selbsternannter Friedensstifter lächerlich aus. Alle Friedensschwurbler egal welcher Orientierung müssen erkennen, dass sie fortan als russophil und daher als parteiisch gelten. Kein Ruhmesblatt für den Papst: sein Vorvorgänger Johannes Paul II hätte diese Initiative aus Kenntnis Russlands unterlassen.
Weniger lächerlich, eher sachlich vertretbar, mutet die Initiative des UN-Generalsekretaers António Guterres an. Er vertritt ein klar definiertes Ziel. Nicht der Krieg ist sein Betreff, nicht die Zerstörung und das Leiden der Bevölkerung besorgen ihn: ihn treibt die Angst vor dem Hunger in Entwicklungsländern um. Ihnen die Versorgung mit Getreide zu sichern scheint ihm wichtig genug, das Gespräch mit den Kriegsverbrechern in Moskau zu suchen und ihnen Angebote zu machen, die die Ukraine empörend findet und die ausländische Beobachter als unglaubhaft erachten. Kein Ruhmesblatt für die Vereinten Nationen!
Verständlich ist Guterres‘ Initiative durchaus, aber leider falsch, denn für Russland ist eine Hungersnot in Wusu-wusu-Land total unwichtig. Russland will zweierlei erreichen: die dauerhafte Ausschaltung der Ukraine als Konkurrent auf dem Welt-Getreidemarkt und eine Preissteigerung für russisches Getreide, das dank einer Rekordernte überreichlich vorhanden ist und auf den Markt drängt. Je mehr Hunger in Afrika und Nahost, desto höhere Preise für russisches Getreide!