Der massive Einwanderungsschub von 2015 hat Europa aufgestört. Seither frägt sich die Öffentlichkeit, was wohl die Ursachen dieser Massenwanderung sind. Meist wird dabei gefragt, wie man die Migration besser kanalisieren und eindämmen kann, obwohl auch mitunter gefragt wird, wie man die Einwanderung erleichtern und verstärken könnte. Unter beiden Blickwinkeln ist es nützlich, mehr über die Beweggründe der Migranten zu wissen. Dabei wird gerne zwischen Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten unterschieden. Obwohl dieses Kriterium für die Asylgewährung entscheidend wichtig ist, kann nur selten klar unterschieden werden. Oft treffen beide Kriterien in Kombination zu.
Zwei Denkschulen stehen sich gegenüber: eine populär-politische und eine angeblich wissenschaftliche, die mit Hilfe von Statistiken und anekdotischem Material zu beweisen versucht, dass die populären Annahmen sämtlich falsch sind. Aber gehen wir schrittweise vor:
Demografie
Selten taucht in der populären Diskussion der mutmasslichen Migrationsmotive die Demografie auf. Als ich in den 1960er Jahren erstmals Äthiopien bereiste und noch den alten Kaiser erlebte, zählte das Land geschätzte 19 Millionen Einwohner. “Jedes Jahr wird irgendwo in Äthiopien gehungert”, sagten Landeskenner damals. Heute, gute 50 Jahre später, zählt Äthiopien rund 100 Millionen Einwohner, und noch immer wird irgendwo gehungert. Aber der Boden ist nicht mehr geworden. Terrassierung hat zwar geholfen, in Teilen des Hochlandes die Erosion aufzuhalten und den Boden zu verbessern, aber immer noch leidet die Vegetation unter der Gefrässigkeit von hundert Millionen Rindern und Ziegen. Mit der Zahl der Viehbesitzer und wandernden Hirten hat sich leider auch die Kopfzahl ihrer Herden vermehrt.
Wenn heute in Afrika und im Nahen Osten von Klimawandel, Versteppung und Wassermangel die Rede ist, muss man sich fragen: was ist Ursache, was Folge? Ist das, was man heute dem Klimawandel ankreidet, vielleicht nur ein Ergebnis atemberaubend schnellen Bevölkerungswachstums seit 1950 und seiner Folgen in Form von Entwaldung, Erosion und Übernutzung der Ressourcen?
Jugendüberschuss
Wie bekannt, hat sich in den rasch wachsenden Bevölkerungen ein starker Jugendüberschuss herausgebildet. In den patriarchalisch geformten Gesellschaften des Nahen Ostens und Afrikas bildet der Überhang an jungen Männern ein enormes Problem. Viele Faktoren speisen die Unzufriedenheit der Jünglinge, die sich in Gewalttätigkeit, Kriminalität und Krieg entlädt – und eben auch in Migration. Was Wirtschaft und Gesellschaft den Jünglingen nicht geben, nehmen sie sich mit Gewalt – zuhause oder in der Ferne. Auch die Elterngeneration leidet unter dem Jugendüberschuss. Familien mit vier oder mehr Söhnen entsenden gerne ein oder zwei junge Männer ins Ausland, ins angeblich reiche Libyen oder Algerien. oder weiter nach Europa. Viele Migranten, die in Libyen vergeblich Arbeit suchten, wählen statt schmählicher Rückkehr die riskante Überfahrt nach Europa.
Arbeitskräftebedarf
Fachautoren bezweifeln gerne die Wirksamkeit des Push-Faktors und stellen dem einen Pull-Faktor in Form des Arbeitskräftebedarfs der von demografischer Schrumpfung geplagten Wirtschaft Europas gegenüber. Das ist freundlich gedacht, doch nur marginal wirksam. Jedes Jahr im Frühling füllen sich die Flugzeuge der Royal Air Maroc mit jungen Marokkanern, die per Touristenvisum nach Italien fliegen, um während des Sommers als fliegende Händler, als Saisonarbeiter an den Stränden und als Taschendiebe in den Touristenstädten ein Auskommen zu finden. Von diesen und den aus Nachbarländern angereisten Saisonarbeitern in der Landwirtschaft Spaniens und Italien abgesehen muss man annehmen, dass vor allem die aus grösserer Entfernung ankommenden Migranten nur sehr vage Vorstellungen von dem haben, was sie bei Ankunft in Europa erwartet. Dennoch, die langen Wartezeiten bei Asylbewerbung und das politisch und gewerkschaftlich motivierte Arbeitsverbot für illegal Eingereiste wirken als Gegenteil eines vermuteten Pull-Faktors, ein Umstand, der sich langsam auch nach Afrika herumsprechen dürfte.
Behebt Einwanderung den Nachwuchsmangel?
Dass sich nur ein kleiner Teil der Einwanderer eignet, den Arbeitskräftemangel der europäischen Volkswirtschaften zu mildern, ist inzwischen allgemein bekannt. Akademiker und Intellektuelle integrieren sich schneller als Ungelernte und Analphabeten, die leider die Masse der Migranten stellen. Junge Eritreer, die nicht einmal ihre eigene Schrift Ge’ez kennen, analphabetische Türkinnen und Syrerinnen, haben geringe Chancen am Arbeitsmarkt. Während die Einwanderer aus Nahost und Afrika den Zielländern mehr Last als Segen bringen, bildet ihre grosse Kinderschar ein enormes Potenzial. Übertrieben könnte man sagen, dass die wirtschaftliche Funktion der ersten Generation hauptsächlich darin besteht, dem Zielland die zweite und dritte Generation als wertvolles Humankapital zu qualifizieren. Dass die erste Generation bei dieser Aufgabe volle Unterstützung erhält, liegt im eigenen Interesse der Zielländer. Man kann also annehmen, dass sich der volkswirtschaftliche Nutzen der Einwanderung erst mit einem time lag, einer Verzögerung von zwanzig bis dreissig Jahren, einstellen wird.
Braucht Europa überhaupt Einwanderer?
Neuere Untersuchungen lassen die populäre Annahme bezweifeln, eine schrumpfende Bevölkerung benötige dringend Einwanderung, um die Wirtschaft aufrecht zu erhalten. Nicht glaubhaft ist auch die populäre Ansicht, eine Volkswirtschaft brauche einen hohen Anteil junger Menschen, um kreativ und innovativ zu sein. Die durchschnittlich ältesten Volkswirtschaften der Welt zeigen sich vielmehr im internationalen Vergleich besonders kreativ.
Ein weiteres Argument gegen den Nutzen der Einwanderung ist die europäische Binnenwanderung. Die aus Nahost und Afrika Ankommenden entdecken, dass jene gering qualifizierten Arbeitsplätze, für die sie sich allenfalls eignen würden, bereits besetzt sind von europäischen Binnenwanderern, von Rumänen, Polen, Bulgaren. Türken. Albanern, Kosovaren usw. Natürlich liessen sich weitere solche Arbeitsplätze schaffen, doch Gewerkschaften und Gewohnheiten verhindern das. Beispielsweise gibt es in den USA an Supermarktkassen Einpacker, die für den Kunden die Waren verstauen und gegen ein Trinkgeld zum Auto tragen. Europäer wären verblüfft und möglicherweise verärgert, wenn ihnen dieser Service angeboten würde.
Amüsant ist die gegenwärtige Diskussion um die Roboterisierung der Wirtschaft. Eine Denkrichtung erachtet den fortschreitenden Robotereinsatz als notwendig, weil humaner Nachwuchs fehlt (Beispiel Japan, das trotz schrumpfender Bevölkerung traditionell Einwanderung verhindert und lieber auf Roboter setzt). Eine andere Denkschule befürchtet hingegen Massenarbeitslosigkeit, weil die unvermeidlich bevorstehende Roboterisierung Millionen aus ihren Arbeitsplätzen vertreiben werde. Dann würde Europa vom Einwanderungsparadies zum Auswanderungsgebiet mutieren, wie es – was die Altbevölkerung betrifft – in Krisenländern wie Griechenland, Italien, Portugal und Spanien bereits heute der Fall ist. Aber wohin mit den Roboter-Vertriebenen, wenn die Roboterisierung alle Industrieländer gleichzeitig erfasst? In Entwicklungsländer, wo sie sich noch als gesuchte Fachkräfte, allerdings zu Niedrigeinkommen, bewähren könnten?
Vielleicht kann man das Fazit ziehen, dass Europa zwar derzeit keine Einwanderung braucht, diese aber dennoch stattfindet und wahrscheinlich in ein, zwei Generationen der Wirtschaft positive Ergebnisse bringen kann: eine langfristige Humaninvestition gewissermassen.
Fluchtursachen bekämpfen?
In der Politik hält sich immer noch die Diskussion über die Idee von Milliarden-Hilfsmassnahmen für Auswanderungs-Länder zu dem Zweck, Arbeitsplätze vor Ort als Alternative zur Migration nach Europa zu schaffen. Das Konzept, das als “Marshall-Plan für Afrika” erdacht und popularisiert wurde, kollidierte schnell mit der Wirklichkeit und schrumpfte zu einem Vorgehen in zwei Richtungen. Zum einen erhalten afrikanische Staaten Material und Ausbildung zur besseren Überwachung ihrer Grenzen; zum anderen werden Regierungen dieser Länder belohnt, wenn sie die Migration behindern. Ein wenig humanes, aber offenbar erfolgreiches Konzept, mit dem es gelingt, Regierungen, die bislang die illegale Auswanderung förderten oder duldeten, vom Gegenteil zu überzeugen. Als Ergebnis wird freilich der Druck im Kochtopf steigen.
Die Empirie zeigt, dass der Zusammenhang zwischen Einkommensentwicklung in Auswanderungsländern und Migration nicht linear verläuft. Migranten verlassen vor allem nicht die ärmsten, sondern die halbwegs entwickelten Länder. Die Ärmsten der Armen sind an die Scholle gefesselt: sie können sich keine Wanderung leisten. Erst bei einem mittleren Einkommensniveau können Familien die Mittel aufbringen und leihen, die ein Migrant für die Reise mutmasslich brauchen wird. Das derzeitige Rekordniveau von Remittenten erfolgreicher Migranten in ihre Herkunftsländer beweist, dass die Rechnung aufgeht.
Sobald ein Land ein höheres als das mittlere Einkommenniveau erreicht, tritt eine Rückwanderung ein, wie sie die Türkei während des Booms der ersten Jahre der AKP-Regierung und Marokko in den Jahren vor den Rif-Unruhen verzeichneten.
Ein (utopischer) Marshall-Plan für Afrika könnte im Erfolgsfall die Migration sogar verstärken. Als Politikern diese Erkenntnis nahe gebracht wurde, beerdigten sie die Idee stillschweigend. Was nicht bedeutet, dass es keine Ansätze für Europa gibt, um der Bevölkerung in diesen Staaten zu einer menschenwürdigeren Existenz zu verhelfen. Im Nahen Osten und in Afrika sollte Europa sich für die Bekämpfung der Haupt-Fluchtursachen einsetzen: Krieg, religiöse und Stammeskonflikte, ethnische Säuberung, Kriminalität, Ausbeutung und patriarchalische Rückständigkeit.
Jürgen Pechel und ich waren die ersten deutschen Journalisten, denen es 1961 gelang, die Staaten und Scheichtümer am Persischen Golf zu bereisen, einschliesslich jener verschlossenen britischen Protektorate, die zur Piratenküste gezählt wurden. Fast sechzig Jahre später zeigen meine damaligen Berichte manches unterhaltsame Detail.
Am Dienstag, den 25. Oktober 1960 wurde die Welt in wenigen dürren Worten von der Tatsache in Kenntnis gesetzt, dass tags zuvor der Herrscher des winzigen Erdölstaates Qatar im Persischen Golf abgedankt habe. Seine Hoheit, Scheich Ali bin Abdullah al Thani, ist zurückgetreten zugunsten seines Sohnes Scheich Ahmed bin Ali.
Der Rücktritt Scheich Alis kommt nicht unerwartet. 1949 war Ali durch eine Palastrevolte und einen kleinen Bürgerkrieg an die Macht gelangt. Sein Vater, Scheich Abdullah bin Qasim, hatte die Tendenz gezeigt, das eben anlaufende Einkommen aus der Petroleumförderung ungeteilt in seine eigene Tasche zu stecken - wogegen sich seine Familie empörte. Ali erhob darauf- hin seinen Vater zwangsweise in den Ruhestand.
Doch das ironische Schicksal wollte es, dass Ali elf Jahre später wiederum aus denselben Grund abdanken musste. Der Herrscher aller achtzehntausend Qataris hat im vergangenen und einzigen Jahrzehnt seiner Herrschaft zwisehen fünfhundert und siebenhundertfünfzig Millionen Mark für sich und seinen engsten Anhang ausgegeben. Sein irdischer Besitz beläuft sich auf einige Dutzend Frauen, eine unbekannte Zahl von Kindern, zweihundert Autos meist amerikanischer Provenienz, zwei indische Elefanten, eine vom König von Saudi-Arabien geschenkte Motoryacht samt italienischer Besatzung und einem überdimensionalen Freiluftgrill für ganze Hammel; und einer stattlichen Sammlung von Palästen und einer Villa bei Genf. Letztes Jahr gab Scheich Ali in der Schweiz angeblich mehr Geld aus als eine mittlere Aussenministerkonferenz kostet. Die lebenden Hammel und die Gäste für seine opulenten Diners liess er nach Bedarf aus dem Persischen Golf in gecharterten Viscount-Maschinen einfliegen.
Noch in Frühjahr dieses Jahres war Scheich Ali so verschuldet, dass er seinen Domestiken keine Gehälter zahlen konnte. Der Handel in Qatar lag aus Geldmangel darnieder und offen tat man allerseits seinen Unwillen über Alis fehlplazierte Verschwendungssucht kund. Nach der grauen Theorie eines von britischen Beratern ersonnenen Staatshaushalts sollte Ali nur ein Viertel, maximal ein Drittel der Ölgelder für sich verbrauchen. Der gute, graubärtige Ali, dem alle tieferen politischen Gedankengänge und vor allem die Kunst des Rechnens ein Greuel waren, lebte munter drauflos in der Annahme, dass die Öleinnahmen schneller wachsen als sein Talent, das Geld unter die Leute zu bringen.
Darin täuschte er sich leider, denn Qatars Ölproduktion, die 1959 8,7 Millionen Tonnen erreichte, lässt sich nach Mitteilung der Qatar Petroleum Company unter den jetzigen Marktverhältnissen nicht mehr steigern. Damit war Alis Verständnislosigkeit für die kameralistischen Rechenkünste seiner britischen Berater nicht mehr tragbar: er musste abtreten. Doch ob das Übel damit behoben ist, scheint mehr als fraglich. Sein Sohn und Nachfolger Ahmed scheint nicht minder begabt im Geldausgeben zu sein. Seiıem nur hundertfünfzig Autos zählenden Rennstall fügte er kürzlich um 45000 Mark einen Ferrari "Anericano" mit zwölf Zylindern bei. In Frühsommer dieses Jahres wurde er von seinem Vater auf eine diplomatische Fernostreise geschickt. Bereits in Indien hatte er aber die 200.000 Mark Wegzehrung aufgezehrt und musste einen neuen Scheck von daheim anfordern. Der Rücktritt Scheich Alis hat noch einen anderen Hintergrund.
Durch die geregelte Übergabe der Regierungsgeschäfte an Ahmed konnte verhindert werden, dass ein anderer Thronprätendent, Ahmeds Onkel Khalifa bin Qasim al Thani, seinen Ansprüchen gewaltsam Geltung verschaffte. Khalifa, der einflussreiche Polizei- und Sicherheitsminister Qatars, ist der Sohn eines ehemaligen Thronfolgers, der jedoch vor Erreichung seines Zieles plötzlich, und wie man sagt einen natürlichen Todes, starb. So ist Khalifa - den man anstandshalber zum neuen Thronfolger proklamierte - der Benachteiligte. Selbst die britischen Schutzherren Qatars rühmen Khalifa Intelligenz und staatsmännische Talente nach - womit sie wahrscheinlich sein Talent zur Sparsamkeit meinen. Jedenfalls gilt Khalifa als ein Anhänger unpassend moderner Ideen und als ein Bewunderer des ägyptischen Präsidenten Nasser.
Im aussenpolitischen Intrigenspiel um Qatar ist Khalifa die wichtigste Figur, und es wäre nicht verwunderlich, wenn er sein Thronfolgerecht auf Kosten Ahmeds und dessen britischen Beschützern vorzeitig wahrnehmen würde. Qatars Ölmillionen sind kein schlechter Anreiz, wenn man bedenkt, wie es auf dieser zehntausend Quadratkilometer grossen Halbinsel noch vor wenigen Jahrzehnten aussah.
"Niemand ausser den wandernden Beduinen würde auf der Halbinsel Qatar leben wollen, gäbe es dort kein Öl. Dieses daumenförmige, zehntausend Quadratkilometer grosse Stück Land ist selbst für Arabien aussergewöhnlich unfruchtbar. Im Sommer vereinigt das Wetter die Feuchtigkeit des Persischen Golfes mit der brennenden Hitze der Wüste..." So berichtet der amerikanische Arabien-Schriftsteller Richard Senger über den merkwürdigen Staat Qatar, von dessen Existenz noch vor wenigen Jahren nur ein paar Fachgelehrte wussten.
1915 landeten britische Truppen auf Qatar und verhafteten eine spärliche türkische Garnison, einen der entferntesten Aussenposten des grossen osmanischen Reiches. Bereits 1920 aber hatte das Foreign Office in London vergessen, dass Qatar ein britisches Protektorat war, denn im "Handbuch für den Persischen Golf" war zu lesen, dass Qatar unter der Herrschaft von Ibn Saud, dem späteren König von Saudi-Arabien, stehe. Niemand kümmerte sich um die paar tausend halbverhungerten Perltaucher und Fischer, die an den Küsten dieses trostlosen Zipfels steiniger Wüste lebten. So konnte es geschehen, dass Qatar zeitweise vier Herren gleichzeitig unterstand, ohne dass einer den anderen störte. Die Qataris zahlten Tribut an den Scheich der benachbarten Inselgruppe Bahrain. Bahrain wiederum zahlte Tribut an Ibn Saud, damit dieser seinen Anspruch auf Oberhoheit über Qatar nicht wahrnahm. Die Türken betrachteten Qatar als einen Teil des Vilayets Bagdad. Die Briten schliesslich sahen Qatar als einen Bestandteil ihres Protektorats Bahrain an.
Die Qataris selbst kümmerten sich um keinen dieser Herren,sondern lebten munter in Stammesfehden und Blutrache, trieben ein wenig Schmuggel und wagten gelegentlich einen kleinen Raubüberfall auf benachbarte Küsten oder eine Kaperfahrt. Ein habgieriger Häuptling namens Abdallah al Thani hatte sich vom Tributeinnehmer zu einer Art oberstem Scheich der Halbinsel aufgeschwungen. In einem frühgotisch anmutenden Lehmpalast lebte er von den Vorschüssen seiner Kaufleute. Morgens ging er mit seinen Bürgern hinunter zum Ufer des Golfes um sich zu waschen, denn es gab kein Waschbecken und keine Toilette in seiner Residenz Doha. Wozu auch, war doch das wenige brackige Süsswasser so knapp, dass man es nur zum Trinken nahm.
Doha selbst war ein hinter Korallenriffen verstecktes Hafendorf, das sich mit halbzerfallenen Lehmmauern gegen den Gluthauch der Sandstürme schützte. Sehr braunhäutige Gestalten in ausgefransten Hemden undefinierbarer Farbe trabten auf Eseln durch den ärmlichen Markt, den Suq, wo man Salzschollen auf selbstgemachten Waagschalen mit einem Felsbrocken als Gewicht abwog. Wie Doha damals, so sehen heute noch die Städtchen der benachbarten Piratenküste aus.
Doha aber ist heute eine einzige grosse Baustelle. Bulldozer, Presslufthämmer und Betonmischmaschinen haben den Ort so verwandelt, dass er aussieht wie ein Erdbebenzentrum bei den Aufräumungsarbeiten. Kilometerlange Mäuerchen ziehen sich wie ein unregelmässiges Schachbrettmuster in die Wüstenumgebung und verraten Bodenspekulation. Zwei- und vierbahnige Asphaltstrassen durohschneiden ein Gewirr grellfarbiger Geschäftshäuser und Bungalows. Von dem Rumeilah-Hügel grüsst der grosse neue Palast mit seinem kupfergrünen Dach, das an die zartgeschwungenen Formen buddhistischer Klöster erinnert. Durch die Strassen presst sich eine Schlange der grössten und teuersten Autos, die es auf der Welt zu kaufen gibt. Nur die Menschen sind die gleichen geblieben - ihre Hemden allerdings sind nicht mehr ausgefranst und so weiss wie eine Waschmittelreklame.
Doha gestern - Doha heute: der Unterschied heisst einfach Erdöl. Vor zehn Jahren lief die Petroleumproduktion Qatars in grossem Stil an. Heute sind bereits fünfzig Millionen Tonnen exportiert worden und das Land verdiente daran etwa eineinhalb Milliarden Mark, wenn man die verschiedenen Konzessionsgebühren mitrechnet. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Einnahmen aus dem Ölgeschäft auf rund eine Viertelmilliarde Mark. Man darf danach vermuten, dass auf die 18000 gebürtigen Qataris ein Volkseinkommen pro Kopf entfällt, das gegenwärtig das höchste der Welt ist. Mittlerweile haben sie allerdings zur Bewältigung dieses Einkommens über zwanzigtausend Ausländer ins Land geholt: Omanis, Saudi-Araber, Bahreinis, Perser, Somalis und Briten.
Der Fremde wundert sich, dass die Qataris, nachdem sie reich genug sind, um sich an irgendeinem schöneren Fleck der arabisch sprechenden Länder niederzulassen, dennoch weiterhin auf ihrer unwirtlichen Halbinsel bleiben. Welch ein Aufwand an Klimaanlagen, Süsswasserdestillen und ähnlichen Investitionen ist notwendig, um das Leben auf Qatar erträglich zu machen. Das kleine Scheichtum dürfte der einzige Staat der Welt ohne eigene Landwirtschaft sein. Ausser Öl wird praktisch nichts mehr erzeugt. Und das Ölgeld geht durch die Hände der Dynastie al Thani, deren rund zweihundert Mitglieder ein Mindesteinkommen von monatlich 4500 Mark beziehen.
Es berührt den Besucher sehr sympathisch, wenn er sieht, dass die Qataris trotz der wirtschaftlichen Monopolstellung der Scheichsfamilie kein devotes Volk von Hofschranzen geworden sind. Wenn ihnen das Gebaren ihres Herrschers missfällt, besuchen sie ihn in seiner Residenz, reden ihn mit "Ali" oder "Ahmed" an, und tun ihren Unmut offen kund.
Die Briten dagegen, für die die Scheichs vor wenigen Jahren noch irgendwelche dubiosen Beduinenhäuptlinge waren, reden den "Herrscher" nun mit "Hoheit" an, verleihen ihm unverständliche Ehrentitel, die abgekürzt hinter dem Namen zu führen sind, und laden ihn gar an den Londoner Hof ein. Wie ungebildet und verschwenderisch ein "Herrscher" auch sein mag, die britisch geleitete Qatar Petroleum Company schreibt über ihn: "Die allgemeine Hebung des Lebensstandards in Qatar verdankt man der Weisheit, mit der Seine Hoheit, der Herrscher, die Öleinnahmen für das Wohl seines Volkes verwendet."
Nur wenigen Fremden wird ein Blick auf Qatar gestattet. Die Wenigen,die hereinkommen, machen meistens nach einem kurzen Besuch in Doha kehrt und fliegen in wirtlichere Gegenden. Bisher konnte man nur bei den beiden sehr gastfreundlichen Ge-sellschaften QPC und Shell unterkommen. Doch neuerdings hat ein lokaler Kaufmann ein Hotel gebaut, in dem die Übernachtung mit Frühstück nur 110 Mark kostet...
So sehr sich Qatar auch isoliert, das Öl hat doch ein Reihe neuer Einflüsse ins Land gebracht, dessen Auswirkungen dem Scheich recht unliebsam sind. Manche der 22000 Einwanderer haben es durch Fleiss und bessere Vorbildung zu kleinen Vermögen gebracht, namentlich die Perser und Palästinenser. Sie sehen in der Herrschaft der Scheiehs das Haupthindernis für ihre staatsbürgerliche Gleichberechtigung. Die jungen Qataris andererseits erkennen am Beispiel der Einwanderer den wirtschaftlichen Vorteil besserer Ausbildung. Die Regierung hat zwar in den vergangenen Jahren genügend Schulen geschaffen. Der Unterricht folgt aber dem religiösen Prinzip der Koranschule.
Wie die Saudi-Araber, Kuweitis und Bahreinis sind auch die Qataris Anhänger der streng islamischen Sekte der Unitarier oder Wahabis. Die Ulemas oder Schriftgelehrten dieser orthodoxen Glaubensrichtung sehen den Koran nach wie vor als die Quelle alles irdischen Wissens. Um den etwas unmodernen Ausbildungsstand ihrer qatarischan Angestellten zu heben, wollte die Ölgesellschaft QPC Elementarunterricht in Arabisch geben. Dies wurde ihr prompt vom Scheich untersagt.
Seither darf sie technische Ausbildung nur noch in Englisch erteilen. So darf sich der Scheich nicht wundern, wenn die neuen Schulen schlecht besetzt sind. Er muss den Schülern Gehälter bis zu 120 Mark in Monat zahlen, damit sie überhaupt in seine Schulen gehen. Um diese Schulen eröffnen zu können, wurden ägyptische und palästinensische Lehrer ins Land geholt, denen es natürlich ein besonderes Vergnügen ist, ausser dem Koran auch noch andere Schriften zu lehren: beispielsweise die von der heranwachsenden Jugend aller arabisch sprechenden Länder heiss verschlungenen Kurzgeschichten von Ihsan Abdel Kaddous, dem politischen Hofpoeten der Offiziersregierung in Kairo. Behutsam wird auch im fernen Qatar der Jugend jener revolutionär-panarabistische Samen in Herz gestreut, der in Ägypten, Syrien und im Irak schon so unerwartete Früchte getragen hat.
Der Isolationismus Qatars kann zu einen Bumerang werden. Im vergleichsweise weltoffenen Kuweit und Bahrein hat ein grosser Teil der jungen Generation erkannt, dass die britische Protektoratsherrschaft politischen Schutz und administrative Vorteile mit sich bringt. Die jungen Qataris jedoch fragen, ob die Absperrung nach aussen ihr Land nicht zu einem gehüteten Geheimkämmerchen Grossbritanniens macht.
Bis vor kurzem war Qatar viel zu beschäftigt, seinen neuen Reichtum zu verwerten. Doch wenn - wahrscheinlich schon in diesem Jahr- die Öleinnahmen nicht mehr wachsen, dann kommt Zeit zum Nachdenken. Unabhängige Staaten wie der Irak, Saudi-Arabien und Persien sind entschlossen, durch fortschreitende 'Integration' die Monopolmacht ihrer Ölgesellschaften zu brechen. Geben die Briten und die QPC nicht freiwillig ähnliche Zugeständnisse, dann könnte in Qatar - von aussen unterstützt - Unruhe entstehen.
Heinrich von Loesch
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Dies ist die Geschichte eines versunkenen Kontinents. Nicht im wörtlichen Sinne freilich, sondern im übertragenen. Nicht in geographischer Weise verschwunden ist dieser Erdteil, sondern aus unserem Wissen. Doch selbst dies ist keine genaue Aussage, denn vielleicht haben wir über diesen Kontinent nie wirklich Orientierendes gewusst.
Wenn ich dieses Gebiet kühn einen Erdteil nenne, so wird mir der Geograph energisch widersprechen, handelt es sich doch bestenfalls dabei um ein Sammelsurium von Inseln, die noch dazu über einen weiten Raum verstreut sind. Der Ethnograph, der Völkerkundler hingegen, wird schon eher geneigt sein, mir zuzustimmen. Freilich ist das ganze Gebiet reichlich abgelegen; es liegt sozusagen am anderen Ende der Welt und hat sich nie sonderlich durch wirtschaftliche, politische oder zivilisatorische Leistungen ins Gespräch gebracht. Es handelt sich vielmehr um eine Gegend von ausgewählter Bedeutungslosigkeit.
Deswegen ist es auch keineswegs tadelnswert, darüber wenig oder garnichts zu wissen. Wenn ich trotzdem unverschämt genug bin, Sie um Aufmerksamkeit zu bitten so nur deswegen, weil mir selbst diese Gegend ein starkes Aha-Erleben, eine klassische "Was wäre, wenn..." Perspektive beschert hat. Oder ganz einfach: weil sich hier eine Form von Menschsein darbietet, von der kaum jemand außer einer Handvoll Spezialisten eine Vorstellung besitzt und die immerhin vor noch kurzer Zeit auf der halben Südhalbkugel unserer Erde herrschte.
Die Gegend, von der ich spreche, hat viele Namen. Wenn ich nur einen nennen dürfte, würde ich sagen: Melanesien.
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Unter Kokospalmen grast Vieh, das irgendeinem Grundbesitzer gehört. Der Hain ist licht und locker. Ein Weg schlängelt sich zwischen den Bäumen hindurch. Wie Schemen tauchen niedrige Hütten auf, würfelig, palmschilfgedeckt, fein säuberlich in zwei Reihen rechts und links des Weges erbaut. Der Boden ist schmierig vom Regen, doch Kinder spielen vergnügt in den Pfützen und schwarze, drahtige Schweine suchen nach Abfällen und frischen Trieben.
Frauen und Männer tragen Baströcke in unterschiedlichen Graden des Zerfalls und der Verschmutzung, der Oberkörper bleibt unbedeckt - eine Erfordernis bei den herrschenden Waschküchen-Temperaturen. Kaum ist der nachmittägliche Regenguß überstanden, wird schon wieder das Feuer unter dem Ofen in der Dorfmitte entzündet. Der Duft erinnert an kalten Stubenrauch, durchdringend und beizend.
Daneben arbeiten zwei fast nackte Männer im Schweisse ihrer Körper und enthülsen Kokosnüsse mit der Machete. Auf dem Ofen wird das Kokosfleisch in großen Schnipseln zu Kopra für den Export getrocknet. Mir scheint jedoch, daß diese Kopra eher geräuchert als getrocknet wird, so mühsam schwelt der Brand. Minderste Qualität, gerade gut für Seifenherstellung. Aber immerhin ein Auskommen für dieses Dorf, ein Lebensunterhalt, den sich jeder einzelne Familienvater allein ergattern kann, egal ob er zehn, hundert oder tausend Bäume besitzt. Ein Weg zum Überleben in einer Welt, in der gewöhnlich kein Platz ist für barbusige Nachkömmlinge ehemaliger Wilder. Kopra bedeutet Leben. Leben für Melanesier. Ohne Kopra gäbe es die Melanesier vielleicht schon lange nicht mehr.
Sie sind dunkelbraun bis schwarz. Einige sind besonders schwarz. Ebenholzschwarz. Man findet sie auf der Insel Bougainville, weil dort lange Zeit das Wort "Schwarz ist schön" wörtlich verstanden wurde. Mütter bevorzugten ihre dunkleren Kinder vor den helleren, und da die Kleinkindsterblichkeit sehr hoch war, bedeutete dies in der Praxis, daß hellere Kinder leichter starben und die dunkleren immer mehr den Farbdurchschnitt der Insulaner bestimmten. Bis das satte Ebenholz erreicht war. Sind sie also Afrikaner? Wer die dunkle Haut, die feingekräuselten Haare zum erstenmal sieht, wird ja sagen. So sehen doch Afrikaner aus. Aber es gibt gewichtige Gründe für die Annahme, daß die Melanesier keine Afrikaner sind, ja nie etwas mit Afrika zu tun gehabt haben.
Wenn man sie lange genug gesehen hat, dann erkennt man auch ihre Gesichtszüge. Und wenn man später in eine international gemischte Menge schaut, etwa am East River in New York, wo bei den Vereinten Nationen Vertreter aller Herren Länder sich drängen, dann wird man die Melanesier von den Afrikanern unterscheiden können. Ihr Haarwuchs ist ungewöhnlich üppig, doch ihre Gesichtszüge ähneln in mancher Hinsicht eher denen von Europäern als Afrikanern.
Wenn es stimmt, daß schwarze Menschen eine Wärmeform der Menschheit sind, entstanden durch Anpassung an die klimatischen Erfordernisse und Existenzprobleme heißer Regionen, dann wären die Melanesier wohl eine Parallelentwicklung zu den Afrikanern. Wir nennen sie Melanesier, die "Bewohner der Schwarzen Inseln", was natürlich nur ein Notbehelf ist.
Über die halbe Erde verstreut
Merkwürdig, daß sie so isoliert in einer im wesentlichen hellhäutigeren Umgebung leben, im Norden und Osten umgeben von Polynesiern und Mikronesiern, im Nordwesten und Westen von ebenfalls recht hellfarbigen Malaien. Doch wie steht es mit den Aborigines, den schwarzen Ureinwohnern Australiens? Sie müssen sicherlich mit den Melanesiern in einem Zusammenhang gesehen werden. Und die Papuas in Neuguinea? Auch sie sind, trotz mancher sprachlichen und körperlichen Unterschiede im Prinzip zu den Melanesiern gehörig. Mischformen von Papuas, Melanesiern im engeren Sinne und Malaien findet man auf manchen indonesischen Inseln. Blickt man weiter nach Westen, so stößt man auf die schwarzen Ureinwohner Ceylons und Südindiens, die Veddahs und Dravidas und schließlich gelangt man in einem Bogen nach Süden, nach Madagaskar; wo vor der Küste Afrikas melanesisch gesprochen wird und ein melanesisches Bevölkerungselement klar erkennbar ist.
Von Madagaskar im Westen bis nach Tahiti im Osten, wo noch in jüngerer Zeit Reste der melanesischen Urbevölkerung gelebt haben, reicht der Bogen rund um den halben Erdball, erstreckt sich das einstige und heutige Reich der schwarzen Menschen, die keine Afrikaner sind, Konturen eines dunklen Kontinents mit Schwerpunkten in Südindien, Australien und Neuguinea, eines der ausgedehntesten Siedlungsgebiete, das je eine Menschengruppe sich schaffen konnte.
Ein Kapitel Menschwerdung und Menschsein, von dem wir wenig, fast nichts wissen. Und doch gilt, was Austin Coates über Melanesien schrieb: "Dies sind ohne Zweifel die ältesten Kulturen der Welt, über die in den vergangenen beiden Jahrhunderten der Schatten der britischen Krone fiel".
Die Melanesier sind Stiefkinder der Zivilisation. Während ihre hellhäutigen Vettern, die Polynesier, die den östlichen Pazifik bewohnen, als die sanften guten Wilden in die Literatur des 18. Jahrhunderts eingingen und von Malern und Dichtern als perfekte Naturmenschen idealisiert wurden, fielen die Melanesier dem Farbvorurteil zum Opfer. Wurden die Polynesier teilweise von Europäern und Amerikanern sogar gehätschelt, so traf die Melanesier die volle Härte des Kolonialdaseins.
Kolonialismus
In Australien wurden die Aborigines bis in die Gegenwart in skandalöser Weise diskriminiert. Im nordwestlichen Teil Neuguineas haben die Indonesier eine Art von Kolonialregime im Stile des 19. Jahrhunderts errichtet und Rebellionen der schwarzen Papuas immer wieder unterdrückt. Im ehemals australisch verwalteten südöstlichen Teil Neuguineas wurde den Papuas und Melanesiern eine auígeklärtere Verwaltung zuteil, die freilich ein abruptes Ende nahm, als sich die Treuhandverwaltung für Australien zunehmend als finanzielle Bürde entpuppte. Das unabhängige Papua-Neuguinea leidet unter hoher Kriminalität und Korruption.
Die Gilbert- und Ellíce-Inseln, die Salomonen und Vanuatu waren bis vor wenigen Jahrzehnten Kolonien, die in eine ungewisse Zukunft entlassen wurden. Und auf den Fiji-Inseln hat man die einheimische melanesische Bevölkerung mit den Nachkommen massenhaft importierter indischer Kulis für die Zuckerrohrplantagen konfrontiert, die ihnen seither die Macht im Staate streitig machen.
Auf Sri Lanka sind die dunklen Tamilen auch nach dem Ende des Bürgerkriegs einer starken Diskriminierung durch die staatstragenden, hellerhäutigen Singhalesen ausgesetzt, und auf Madagaskar haben malaiische und afrikanische Bevölkerungselemente das Übergewicht. Man kann vielleicht sagen, daß derzeit nur in Niugini, dem freien Papua-Neuguinea die Schwarzen Herr im eigenen Lande sind. Sie wissen sich dabei beobachtet von ihren Nachbarn und einstigen Herren, die stets bereit sind, abfällig zu schmunzeln: Na ja, die Bushies, die Buschleute, was werden die schon zuwege bringen?
Salomonen-Inseln & Vanuatu
Guadalcanal ist die Hauptinsel der Salomonen, eines westpazifischen Archipels, der fast ausschließlich von Melanesiern bewohnt ist. Weite Reisfelder überziehen die Ebene von Guadalcanal, auf der vor mehr als siebzig Jahren eine der Hauptschlachten des Zweiten Weltkriegs ausgetragen wurde. Japaner, Amerikaner, Neuseeländer und Australier lieferten sich hier einen Kampf um jeden Meter Erde, und in der schmalen Meeresstraße zwischen Guadalcanal und der Nachbarinsel Florida versank soviel an schwimmender Ausrüstung, daß die Enge seither "Iron Bottom Sound", Eisenboden-Sund heißt. Und es war eine ganz gewöhnliche Übung, zum Schluß auf der Insel noch ein kleines Blutbad unter den Verbleibenden anzurichten, damit ein etwa nachher kommender Konkurrent keine willigen Arbeitskräfte, sondern mörderische Wilde vorfand.
Die Zeiten der Blackbirder sind vorbei, die Inseln haben die damit verbundene Entvölkerung überwunden und die Menschen haben Zutrauen gefaßt. Aus den unwegsamen Bergen sind sie heruntergekonmen an die Küste und haben dort ihre Siedlungen angelegt, vor allem an der windstillen Küste des Slot, des Schlitzes, wie die Binnensee heißt, die sich geschützt von den Bergen der umliegenden Inseln im Zentrum der Salomonen-Gruppe erstreckt.
Ähnlich wie auf den Salomonen ist die Lage in Vanuatu, den einstigen Neuen Hebriden, auf Neu-Britannien, Neu-Irland und Bougainville, und wie all die großen und kleinen Inseln zwischen Neuguinea und Fiji heißen. Hier hatte sich von allen Orten der Welt das Kolonialstystem am längsten gehalten. Hier war die Lücke, die zwischen der Zivilisation der Weissen und der steinzeitlichen `Kultur der Melanesier klaffte, schier unüberwindlich. Und niemand außer den Missionaren gab sich Mühe, sie zu schließen.
Photo: wikimedia commions
Paradies im Regen
Sicherlich sind die Inseln in der Weite eines tiefblauen Ozeans von paradíesischer Schönheit und immer noch trotz Plantagen, Waldraubbau und Suche nach Bodenschätzen ziemlich unberührt. Aber lebt es sich auf ihnen auch paradiesisch?
Sturzbächen gleich peitscht Tropenregen hernieder auf das gefächerte Dach der Kokos- und Pandanuspalmen, der langnadeligen Kasuarinen und der Vielfalt großblättriger Gewächse, die dem Tropenwald seine unverwechselbare Schönheit geben. Das Meer ist grau und trüb von den niederstürzenden Wassermassen. Die Auslegerboote sind auf den Strand hochgezogen, die Straßen, die zum Hauptort Vila führen, haben sich in Morastbetten verwandelt. Nirgendwo auf der ganzen Insel Vate; der Hauptinsel von Vanuatu, scheint es einen trockenen Fleck zu geben. Auch die Dächer der Hütten, die sich unter den Palmen und Bananengebüschen ducken, sind trotz vielfacher Lagen von Pandanusschilf nicht ganz wasserdicht und kleine Bächlein ziehen ihr Netzwerk über den festgestampften Hüttenboden. Die ganze Familie, bestehend aus Menschen und einigen durch Charakterfestigkeit und Zutraulichkeit hervorstechenden Schweinen, drängt sich im Dreivierteldunke1.der Hütte; nur die Kinder spielen unter dem Vordach im Schlamm, hin und wieder von einer Regenböe zu hochglänzendem Braunschwarz gewaschen.
Die Erwachsenen schlafen teils auf dem lianengeflochtenen Familienbett, das hinten in der Ecke auf Pfosten wohlgesichert über der Tierwelt des Bodens schwebt. Teils sind die Menschen mit kleinen Hausarbeiten oder einem Schwatz beschäftigt, teils glotzen sie hinaus in das nasse Inferno des Paradieses, warten hungrig auf eine Unterbrechung der Sintflut um ein paar Fische am Riff zu fangen, sobald sich das Meer beruhigt hat; melanesischer Al1tag.
Capri-Gefühle und Pickelhauben
Das vertraute und doch wieder neuartige Südseegefühl der schwarzen Inseln, die zutiefst heidnische Idylle der Natur auf diesen Eilanden, die wie Kokosnüsse in der Ozeanweite treiben - was sagt dies ihren neuen, heimlichen Herren, den Japanern und Chinesen, die als Investoren und Touristen das Erbe der Angelsachsen angetreten haben? Hegen sie hier Capri-Gefühle, sind die Schwarzen ihnen eine Tei1nahme, eine Analyse wert? Oder schweben sie - wie es mitunter den Anschein hat - als stumme Herren über diesem zerbröckelnden Erdabfall, diesem geographischen und anthropologischen Kehricht, der es allenfalls wert ist, Fische, Edelholz und Erde für Heldengräber zu liefern, diesem vor der Haustür sich gichtig in der Sonne räkelnden Bastard eines Hundes, dem man derzeit den obligaten Fußtritt erspart, weil der Wadenmuskel Schonung braucht?
Für uns Deutsche scheinbar so weit weg, und doch näher, als wir uns bewußt sind: Melanesien. Was haben wir mit den schwarzen Inseln zu schaffen? Eine Menge, denn unsere Pickelhauben-Rauschebärte, unsere "Es ist erreicht“- Pioniere, unsere wagemutigen hanseatischen Handelsherrn und ihre wilhelminischen Beschützer haben auf einigen dieser Inseln ein unvergessliches Gastspiel gegeben, geschwellt von Treu und Redlichkeit, mit alpenbäuerlicher Holzhausarchitektur, Seelenerkern und Lebkuchengiebeln, Sie gaben den Schwarzen jenen häßlichsten aller häßlichen Namen, Symbol des schlimmsten Rassismus, würdig eines Francisco Pizarro und Cecil Rhodes: sie tauften die Melanesier "Kanaken" nach französischem Vorbild.
Und so gingen denn diese in den deutschen Volksschatz, in des Knaben Wunderhorn ein als die nackten Wilden, deren Aufgabe es ist, "zu schuften wie die Kanaken". Oh natürlich, die deutschen Kolonien auf Neu-Mecklenburg, Neu-Pommern, Neuguinea und dem Bismarck-Archipel waren Musterbetriebe, patriarchalisch geleitet wie ostelbische Latifundien, bibelfest, sauber und ungemein tüchtig, voll Gerechtigkeit, wenn auch sehr strenger, und einem handfesten Profit für die Kontore in Hamburg.
Die Schwarzen lernten zu schuften für drohend zuckende Schnauzbärte, und an Kaisers Geburtstag hatten sie in weißen Hemdchen artig zu jubeln. So lebhaft blieb das in ihrer Erinnerung, daß als in Neuguinea die gefürchtete Unabhängigkeit näherrückte, die Australier ihre Geldbörsen zuschnürten und die Koffer packten, sich einige der Häuptlinge zurückträumten in die Epoche der Pickelhauben und Tropenhelme und heimlich beschlossen, die Deutschen zurückzurufen nach Melanesien, damit sie wieder für Ordnung, stimmende Kassen und preussische Zucht sorgten. Mich selbst frug damals ein schwarzer Adept der Speyerer Missionare in Rabaul, ob ich nicht der deutschen Regierung in Bonn den Wunsch des Rats der Häuptlinge übermitteln könne, die Treuhandschaft zu übernehmen.
Die Pläne der Häuptlinge schienen den Australiern denn doch ein zu grober Spuk und sie disziplinierten die Konspirateure. Wie wäre wohl der bundesdeutsche Entwicklungsminister verlegen gewesen, wenn ihm dieser böse Rückfall in die imperialistische Vergangenheit offiziell angetragen worden wäre, etwa unter dem Treuhandmäntelchen der Vereinten Nationen? Keine Angst, Kaiser Wilhelm blieb, wo er hingehört, und die einstigen Kanaken tappten alleine in die Freiheit, den Rat der Missionare einholend, wo ihnen der der Australier fehlte.
Indonesisch-Neuguinea
In gemächlicher Rundung zieht sich die Bucht von Jayapura über Kilometer dahin, begleitet von einer kurvenreichen Uferstraße, hinter der die noch holländisch akkurat gebauten Häuschen den Berg emporklimmen, sich immer mehr im Grün verlieren, das endlich in den Urwald übergeht. Geländewagen und Kleinbusse rumpeln durch die Kuhlen einer Baustelle, in der der rote Lateritboden Neuguineas zutage tritt. Auf Pfählen an die Ufer gebaut, die Häuser der Küstenleute, ganz aus Holz und geflochtenen Sagostrohmatten, in denen teils einheimische Melanesier, teils eingewanderte Makassar-Leute von der Nachbarinsel Sulawesi leben, dunkel und drahtig.
Ein seltsamer Gegensatz, die Melanesier: ruhig, fast stoisch, mit derbknochigen großen Körpern und Köpfen mit schwerem Kinn und klobigen Nasen, wie Holzplastiken im Stile Barlachs. Wie überall auf den Inseln zeigt sich auch hier ein erheblicher Gegensatz zwischen den Melanesiern der Küste, die vom Fischfang und Handel leben, und den Bushies, den Urwaldleuten, díe selten ans Meer kommen und der Zivilisation erheblich ferner sind. So groß war früher bisweilen die Furcht der Küstenleute vor den Bushies, daß sie ihre Häuser auf künstlich aus Korallenbrocken aufgeschüttete Riffe bauten, die für die Buschleute, die weder schwimmen können, noch Boote zu bauen verstehen, unerreichbar waren.
Wikinger des Südens
Dafür gelten die Küstenleute als eines der begabtesten Seevölker der Welt. Mit renntauglichen Geschwindigkeiten preschen ihre Einbaum-Auslegerboote über die von einer Insel eingerahmte Lagune von Jayapura, im Heck das Familienvermögen, kostbar und behütet, den amerikanischen oder japanischen Außenbordmotor von 30, 70 oder gar hundert PS. Mit Präzision werden die Einbäume wie vor Iahrhunderten in kleinen Strandwerften ausgehöhlt, poliert und mit dem einseitigen oder doppelseitigen Ausleger zum Katamaran vervollständigt. Jahrelang wird auf einen Außenborder gespart, der allgemein als höchstes Gut unter Melanesiern gilt, vor allem als Brautpreis. Und dann geht es ab, zischend wie ein Pfei1 quer durch die Lagune, im Heck der stolze Besitzer hockend, vergleichbar mit einem westlichen Playboy, der seinen Rennwagen durch die Kurven der Corniche an der Côte d'Azur steuert.
Missverständnisse
Als mit den spanischen Flottenkapitänen Mendaña und Queiroz die ersten Europäer in Melanesien landeten, fest der Meinung, sie hätten das erträumte Australien entdeckt, standen sich auf wenige Schritte menschliche Wesen gegenüber, die nicht nur die Hälfte des Erdballs in ihrer Herkunft, sondern auch Jahrtausende unterschiedlicher Erfahrung trennten. Diese Melanesier kannten keine Schrift und kein Rad, keine Töpferei und kein Metall. Sie waren Steinzeitmenschen, deren einst mehrere Inseln, ja Inselgruppen umfassenden politischen Verbände längst degeneriert waren zu einem Dauerkampf Dorf gegen Dorf, allenfalls Insel gegen Insel, manchmal Mann gegen Mann.
Aus der einst gemeinsamen Sprache austronesisch, einer der Weltsprachen der Vorzeit, die von Madagaskar bis zur Osterinsel von Melanesiern, Malaien und Ozeaniern gesprochen wurde, blieb in der Zerfallzeit nur eine babylonische Sprachverwirrung, die dazu führte, daß in manchen Gebieten auf Vanuatu auf je 260 Menschen eine Sprache entfällt, wobei nur die direkten Nachbarn sich noch einigermaßen gegenseitig verstehen. Aus der Verehrung verstorbener Ahnen mittels Aufbewahrung ihrer Schädel in Knochenhäusern war die gewaltsame Beschaffung solcher Relikte durch Kopfjagd geworden, und von der Kopfjagd war es dann nur ein Schritt zum Kannibalismus. Wo dieser aber herrscht, löst sich jede Gemeinschaft und Kultur auf: wie will man noch Feste feiern, wenn arglose Gäste befürchten müssen, kurzerhand mitverspeist zu werden?
So war Melanesien kulturell wohl am Ende angelangt, als die Weissen kamen, von denen man annahm, sie seien kraft ihrer hellen Hautfarbe mit Zauberkraft bedacht. Die Buschleute auf einigen der Salomoneninseln sahen die Fremden von den Höhen ihrer Hügel und Berge herab aus den Schiffen steigen, dort unten am Strand. Doch die Bushies stiegen nicht herab ans Wasser, denn das taten sie nie in ihrem Leben. Sie sahen sich zwar stets vom Meer umgeben, doch sie mieden es, weil sie meinten, es sei giftig. So blieben die Bushies noch weitere Jahrhunderte relativ ungeschoren. Erst Sklavenjäger und Sandelholzaufkäufer brachten auch ihnen die Zivilisation mit Glasperlen, Dysenterie, Malaria, Kalikotuch, Schnaps und Stangentabak.
Wie grotesk die Mißverstândnisse zwischen Melanesiern und Europäern waren, enthüllt ein Bericht über die Expedition des Kapitäns Queiros zu den Neuen Hebriden in den Anfangsjahren des 17. Jahrhunderts. Um eine erste Seele für Christus zu gewinnen, fingen die Spanier einen jungen Mann, der ihnen intelligent erschien, verschleppten ihn auf das Schiff, kleideten ihn in Seidengewänder - die den Melanesiern, die keinen Stoff kannten, nur als Farbflecken erschienen. Dann schoren sie ihm Haar und Bart, was in melanesischen Augen eine unerhörte Beleidigung war, denn des Mannes Haupt galt ihnen als heilig und unverletzlich. Sie schnitten ihm Finger- und Zehennägel, was einer gewaltsamen Verkürzung seiner Lebenserwartung gleichkam, gaben ihm Geschenke, darunter ein so gefährliches Zauberobjekt wie einen Spiegel. Dann setzten sie ihn wieder an den Strand, stolz auf ihre zivilisierende Großtat. Heulend vor Wut und Scham lief der gräßlich Verunstaltete und Entehrte zu den Seinen, und die Spanier waren außer sich vor Zorn über die "bösartigen Wilden", als diese sie zum Dank mit einem Pfeilhagel überschütteten. Noch heute gibt es abgelegenere Gebiete auf den melanesischen Inseln, wo ein Fremder, wenn er einem Einheimischen wohlwollend auf die Schulter klopft, sein Leben riskiert.
Blondism und blaue Augen
Wenn ich am Abend durch Honiara schlendere, dieser aus einem US~Stützpunkt des Zweiten Weltkriegs in Resteverwertung entstandenen Hauptstadt der Salomonen - ein größerer Marktflecken - so fällt mir unter vielen Eindrücken besonders auf, daß zahlreiche der melanesischen Einwohner einer pittoresken Haarmode frönen: sie tragen blond. Mir verschlägt es einigermaßen die Augen, als mein prüfender Blick an einer blond-gekräuselten jungen Dame mit dunkelbraunem Teint herabgleitet und entdeckt, daß nicht nur ihr Haupthaar hell ist, sondern auch ihre Augenbrauen und der zarte Haarflaum auf ihren Armen. Diese junge Dame, die im geblümten Hängerkleidchen die Mendafia Avenue entlang zur Eisbar strebt, kokette Grüße mit etlichen gleichaltrigen Burschen tauschend-- dieses hoffnungsvolle Produkt einer Missionsschule -- ist ganz ohne Zweifel echt blond.. Und sie ist auch, wie ihre zahlreichen blondgekrausten Mitinsulaner beweisen, nicht etwa eine Mendel'sche Laune bei der Kreuzung europäischer und salomonischer Vorfahren.
Sie ist eine echte Melanesierin, jener einzigen braunschwarzen Art von Mensch, bei der Blondhaarigkeit und selbst Rothaarigkeit - wie ich später erfahre - in der Tat weit verbreitet ist. Blondism, eine vor rund 10.000 Jahren aufgetretene Genmutation bei Pazifik-Insulanern, kann bei bis zu zehn Prozent melanesischer Bevölkerungen auftreten. Auch hier gilt übrigens, daß blond als schön gilt, und manche Mutter hilft schon bei ihren Kindern der Blondheit nach, indem sie ihnen die Haare regelmäßig mit ungelöschtem Kalk wäscht, was nebenbei Läuse und andere Untermieter vertreibt. Wenn also auch hier nicht immer echt ist, was blondet, so zeigt doch der Kontrollblick auf die Arme den wahren Sachverhalt. Es soll ab und zu Vernehmen nach auch Blauäugige unter den Südsee-Insulanern geben. Dieser Erkenntnis bewusst blicke ich um mich, den Bürgern von Honiara fest ins Auge schauend, ohne Erfolg allerdings.
Der Cargo-Kult
Eine der Eigenarten melanesischer Kultur ist weltweit bekannt geworden unter dem Begriff "Cargo-Kult", einem überall auf den Inseln und in Neuguinea zeitweise oder seit langem üblichen Glauben. Jack Mc Carthy, ein im Kolonialdienst ergrauter Ire, erzählt sehr anschaulich, wie er selbst ein Stück Cargo-Kult bei der Entstehung beobachtete: Er ritt eines Tages von Alexishafen an der Nordostküste des ehemals deutschen Neuguinea hinauf in die Berge, um ein Dorf zu besuchen. Auf einer Bergkuppe über den von Urwald überzogenen Schluchten fand er das Dorf: die üblichen Strohhäuser, ein Gemeindehaus und darin große Blechbüchsen und Gefäße, fest verschlossen, in denen beim Schütteln Münzen klapperten. Was es damit auf sich habe, fragte er. Das Geld bliebe acht Jahre lang darin verschlossen, versicherten die Dörfler, denn es sei im Begriff, sich zu vermehren. Mc Carthy glaubte, nicht recht gehört zu haben, dann forschte er die Geschichte aus.
Ein junger Mann, der bei den Weißen unten in Madang in die Schule gegangen war, sei vor drei Jahren durch das Dorf gekommen, und als er von dem chronischen Geldmangel der Leute hörte, habe er ihnen Hilfe versprochen. Er hätte ihnen ein gedrucktes Papier in der Sprache der Weißen gezeigt, auf dem zu lesen stand, wie man Geld vermehrt, indem man es wachsen und Früchte tragen läßt wie ein Baum. Das hätte ihnen sehr eingeleuchtet und sie hätten alle Barschaft des Dorfes, 800 Dollar, zusammengekratzt und es ihm gegeben mit der Bitte, es zu vermehren. Da habe er alle erreichbaren großen Gefäße mit ein paar Münzen gefüllt, verschlossen und ihnen befohlen, sie acht Jahre lang aufzubewahren bis er zurückkäme. Dann habe er den Rest des Geldes an sich genommen und sei gegangen. Niemand habe ihn mehr gesehen.
Mc Carthy lachte herzlich und bemühte sich, die Dörfler aufzuklären. Vergeblich. Sie zeigten ihm den berühmten Zettel, in englisch bedruckt und geschmückt mit dem Bild eines Baumes, an dem Dollarscheine hängen. Triumphierend verwiesen sie auf die Zeichnung als letzten wissenschaftlichen Beweis der Richtigkeit ihrer Schlauheit, wie man mühelos zu Reichtum komme.
Der Besucher las den Text. Es handelte sich um ein Zeitungsinserat einer amerikanischen Investmentgesellschaft. Erneut bemühte er sich um Aufklärung, doch vergeblich. Die Dörfler glaubten fest an das Wunder des Geldbaumes, so wie August der Starke an die goldmachende Kraft der Alchimisten glaubte. Mc Carthy kehrte zurück, bereichert um die Erkenntnis, daß auch der Cargo-Kult der Melanesier nicht so weit von unserer Welt ist, wie wir denken.
Die Melanesier glauben, Flugzeuge seien Götterboten ihrer im Himmel lebenden Vorfahren, die ihnen Schätze bringen sollten, doch von den bösen Europäern abgefangen worden seien. Somit galten den Schwarzen die Weißen als Diebe, und das vor allem im Zweiten Weltkrieg reichlich vom Himmel kommende Kriegsgerät in Wahrheit als gestohlenes melanesisches Eigentum. Was Wunder, daß es in den Jubeltagen der Cargo-Kult-Bewegung in den Nachkriegsjahren zu großen Aufständen gegen die Kolonialverwaltungen Melanesiens kam.
Auch heute hat es sich noch nicht überall herumgesprochen, daß die Weißen Heimatländer haben, in denen sie all diese wundervollen Waren mit Fleiß in Fabriken herstellen; noch immer gelten sie in abgelegenen Inselgebieten als Fallensteller der Götterboten, und auf den Landepisten im Urwald findet angeblich heute noch mancher Pilot morgens unter den Tragflächen seines Flugzeugs die nachts deponierten Opfergaben der Buschleute an den Göttervogel, den sie für ein Lebewesen ansehen.
Salzwasserleute vs. Süsswasserleute
Das schönste an Melanesiens Atollen ist nach Meinung mancher Sachkenner ihr Anblick aus der Luft. Das klingt ungewollt spöttisch, ist jedoch ganz vordergründig gemeint. Atolle sind mit ihrem strahlenden Farbenspiel, das vom Grün der Vegetation über das Weiß des Sandes zum Smaragd der Lagune und zum Indigo des umgebenden Meeres reicht, wahrlich Naturwunder; Kunstwerke geschaffen für den Aufenthalt des Menschen in nobler Abgeschiedenheit, in totaler Harmonie mit einer Welt, die ihn gleichzeitig zum absoluten Herrn über seinen Mikrokosmos macht und ihn der Beengtheit ausliefert, der er nur unter Gefahr für Leib und Leben entfliehen kann, nämlich durch Fahrt in seinem Einbaum hinaus in die Weite, die Leere bis zum nächsten Atoll, das zwar Wochen entfernt ist, doch dem verlassenen aufs Haar gleichen mag.
Melanesier sind, obgleich sie auch eine Reihe solcher von Korallen gebauten Gruppen von Mini-Inseln bewohnen, doch nicht zu vergleichen mit den Mikronesiern oder Ozeaniern, die sich auf das Atoll-Leben spezialisiert haben. Melanesier sind im Vergleich dazu in erster Linie Festlandsmenschen: Bewohner jener großen Inseln, die schon fast Festlandscharakter haben. Man muß sie vor dem Hintergrund Ozeaniens sehen, um ihre Besonderheit zu begreifen. Wenn auch die Gruppe der "Salzwasserleute" unter ihnen, wie man sie nennt, groß ist, so sind es doch die Bräuche und religiösen Vorstellungen der "Süßwasserleute" oder bushies, die bei weitem vorwiegen. Ähnlich wie die Beduinen des östlichen Arabiens teils Wüstenmenschen sind, in deren Leben die Abwesenheit von Wasser geradezu Hauptbedingung ist, teils aber Seeleute und Perlfischer waren, also das gewissermaßen genaue Gegenteil davon, sind auch die Melanesier zum Großteil wasserscheuende Ackerbauern, die ihre Taro- und Süßkartoffelkulturen zu beachtlicher Perfektion gebracht haben, teils aber Wassermenschen, von denen die Welt lernte, modern und schnell zu schwimmen.
Welcher Sportler denkt heute daran, daß der Kraulstil, der im letzten Jahrhundert das Schwimmen revolutionierte, von den nackten Wilden der Salomonen-Inseln stammt? Englische Besucher lernten von den Salomoniern 1904 so zu schwimmen, und von Australien ging dann die neue Mode um die Welt.
Die Melanesier haben auch noch eine Reihe anderer Dinge erfunden, Kava zum Beispiel, jenes berauschende Getränk des Pazifik, das die Bewohner Vanuatus aus den Wurzeln einer Art von Pfefferrebe gewinnen. Ursprünglich von Knaben so weit zerkaut, daß man den Saft auspressen und trinken kann, wird die Wurzel heute etwas hygienischer mittels Korallenbrocken zerquetscht und dann gepreßt. Aus halben Kokosschalen getrunken,vermittelt das nach Gemüsesaft schmeckende Kava ein außerordentliches Gefühl der Klarheit und der Erdgebundenheit des Menschen, während sich gleichzeitig erhebliche motorische Störungen einstellen, die noch am nächsten Morgen, wenn einem gewöhnlich schlecht ist, zu allerlei Zusanmenstößen mit Gegenständen verhelfen.
Der regelmäßige Genuß von Kava soll die Wirkung übrigens beschleunigen und intensivieren, wobei das Gefühl, mit der Natur verwandt, ja ein Bestandteil von ihr zu sein, sicherlich dazu beiträgt, Steinzeitliches zu konservieren. Wer Kava trinkt, wird Melanesier - sei es auch nur für ein paar Stunden - und es soll Leute geben, die sich dabei pudelwohl fühlen.
Mangel an Arbeitskräften
Eines der Probleme bei der Entwicklung der melanesischen Inseln ist die unleugbare Tatsache, daß Melanesier keinen Sinn für regelmäßige Arbeit haben. Nicht, daß sie nicht hart arbeiteten, wenn notwendig: nicht umsonst -- galten sie als das schwarze Gold der Bergwerke Australiens und der Plantagen auf Fiji. Aber von selbst fällt ihnen nicht recht ein, in europäischem Stil zu arbeiten. Vielleicht ist es ihr kulturelles Erbe, vielleicht ist es auch -- wie in der Karibik -- eine Reaktion auf Sklaverei und Vertragsarbeit, die sie feste Beschäftigung scheuen läßt. Die wenigen Melanesier, die sich dazu bereit finden, werden gewöhnlich von der Verwaltung und anderen Angestelltenjobs absorbiert, so daß es auf den Inseln eigentlich immer Mangel an Arbeitskräften gibt. Die alten Kolonialherren wußten sich zu helfen: sie öffneten die Gefängnisse.
Ohnehin stets dabei überfordert, Justiz unter den Stämmen zu üben, begnügten sie sich meist damit, die Sünder zu Zwangsarbeit zu verurteilen und darauf zu achten, daß sie nicht davonliefen. Dies hatte zur Folge, daß die Europäer sich mit Kriminellen umgaben, die ihnen als Arbeiter und Hausboys, Gärtner und Köche dienten. Sehr gut möglich also, daß der freundlich lächelnde schwarze Geist, der einem den Whisky kredenzt, Vater und Mutter erschlagen hat. Das wurde hierzulande nicht weiter tragisch genommen.
In der Tat war Gefängnis mit Arbeitszwang so etwas wie eine besondere Form der Ausbildung, die zu besten Hoffnungen Anlass gab. Oft hat ein tüchtiger Mann seine Karriere mit einer Strafe begonnen: das gilt auch keineswegs als ehrenrührig. Da tüchtige Administratoren darauf aus waren, viele Arbeitskräfte zur Verfügung zu haben, verfolgten sie jedes Verbrechen und Vergehen schärfstens, um auf diese Weise die Zahl der Gefangenen zu erhöhen. Ähnlich wie in Sibirien ist also auch in Melanesien eine als Kriminalität kaschierte Form der Zwangsarbeit entwickelt worden, ein ebenso wirksames wie fragwürdiges System der Entwicklung. Man kann nicht einerseits moderne Arbeitsformen kriminalisieren und andererseits erwarten„dass sich der gesetzestreue Teil der Bevölkerung davon angesprochen fühlt. Oder zu glauben, daß eine Strafe, die mehr der Ausbeutung als der Besserung gilt, sonderlich überzeugend wirkt.
Unter dem Firnis der Missionsschulen, denen man bequemlichkeitshalber die Erziehung weitgehend anvertraute, blieb die Steinzeit erhalten. Eine echte Integration ist nicht gelungen - vor allem nicht dort, wo Briten und Australier die Herren waren. Man darf gespannt sein, wie die Indonesier ihre von den Holländern geerbte Kolonie West-Papua, die nordwestliche Hälfte Neuguineas, auf Dauer unter Kontrolle halten werden, Zwar begann ihre Herrschaft mit einem blutig unterdrückten Aufstand der Papuas, zwar zeigen sie viele Unarten des Kolonialstils aus dem vorvorigen Jahrhundert, aber vielleicht sind sie auf lange Sicht in ihrer relativen Armut und Vielzahl eben doch menschlicher als die von ihren hohen zivilisatorischen Qualitäten allzu überzeugten Angelsachsen. Doch bislang sind Papuas und Javaner keine Freunde geworden.
Das ehedem englisch-französische Melanesien war seinerzeit als ein Bollwerk gegen das Vordringen der Asiaten in den pazifischen Raum entwickelt worden. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob das eine Fehlspekulation war oder nicht. Bereits die Drohung der kupferreichen autonomen Insel Bougainville, sie werde sich von Papua-Neuguinea lossagen, könnte asiatische Investoren anlocken. Im Juli 2021 wurde ein Abkommen zwischen den Regierungen von Papua-Neuguinea und Bougainville geschlossen, das die Unabhängigkeit Bougainvilles bis 2027 vorsieht. Melanesien steht wackelig auf seinen Beinen.
Vielleicht liegt die Zukunft der nördlichen Inseln bei den Malaien, ob es den Angelsachsen nun paßt oder nicht. Mit seinem Erdölreichtum ist der Gigant Indonesien mit seinen 273 Millionen Menschen nun stärker denn je und sein Anspruch auf Hegemonie über den indopazifischen Raum tritt klar zutage. Der einzige gut funktionierende unabhängige Staat Melanesiens, Fiji, zählt so viele Nachkömmlinge eingewanderter indischer Plantagenkulis unter seinen Einwohnern, daß sie die Hälfte der Bevölkerung ausmachen. Nach langen politischen Querelen wurden 2014 die Vorrechte der melanesischen Urbevölkerung abgeschafft.
Suizide und John Frum
Schweigend und schwarzgrün überzieht Urwald die Insel Tanna, zu Vanuatu gehörig. Hier, in diesem ehemals halb französischen, halb britischen Kondominium, erlebten die Melanesier die schlimmsten Auswüchse des Kolonialzeitalters. - Die Neuen Hebriden galten als das Land mit der höchsten Selbstmordrate der Welt, als Land der permanenten Trauer. Von den Sklavenhändlern verfolgt, von presbyterianischen Priestern gegängelt, in Dörfern zusammengedrängt, damit bessere Überwachung möglich ist, von Grundstücksspekulanten vertrieben, ohne den Schutz einer funktionsfähigen Verwaltung, in den unzugänglichen Bergen sich selbst überlassen, reagierte diese Bevölkerung auf die Teufeleien der Weißen mit Resignation.
Auf dem Yimwajim, dem Tanzplatz des Dorfes vor den Schilfhütten hockend, erörterten die Kanaken die traurigen Fakten ihres Daseins. Schon im 19. Jahrhundert traten sie in Gebärstreik. Die Männer wollten die hohen Brautpreise nicht mehr aufbringen, den verheirateten Frauen war es egal geworden, ob sie Kinder hatten oder nicht. Oft genug trat ein intelligentes Ferkel an die Stelle der eigenen Brut, wurde vielleicht nach einer Totgeburt am Mutterbusen aufgezogen, lebte mit der Familie bis es groß genug war zur rituellen Schlachtung beim Schweinefest, dem festlichen Blutbad unter den vierbeinigen Familienmitgliedern, das so typisch für melanesische Bevölkerungen ist. War der Liebling ein Eber gewesen, so trug Muttern später seine durch Ausbrechen der oberen Eckzähne zu geschwungener Schönheit gewachsenen Hauerzähne des Unterkiefers an der Halskette.
An ihrer Unterlegenheit beim Anprall der modernen Zivilisation verzweifelnd, siechten die Hebridianer dahin. Leere Hochlandlichtungen, auf denen einst tausende von Bauern ihr Auskommen gefunden hatten, dienten in der Kolonialzeit französischen Farmern zur Zucht von Charolais-Rindern für ihre Bergwerkskunden im benachbarten, nickelreichen Neukaledonien. Hier in Tanna, im Schatten der Sagopalmen und der riesigen Baumfarne, deren feingliedrige Fächer nachts unter Sintfluten von hurrikanartigen Regenstürmen gepeitscht werden, während tagsüber die Sonne ein leuchtendes Paradies hervorzaubert, hier, wo die Frauen noch wie zu Zeiten des Captain Cook vor zweihundert Jahren barbusig in Grasröcken spazierengehen, hat sich die Bevölkerung schneller als auf anderen Inseln von ihrem Schock erholt und sich wieder vermehrt.
Hier entstand in den letzten Tagen vor dem Zweiten Weltkrieg jenes für die Europäer zunächst unbegreifliche Phänomen: JohnFrum. Wie waren die Storekeeper, die Ladenbesitzer, erstaunt, als die Men-Tanne, die Buschleute, einer nach dem anderen erschienen und ihre wie den Augapfel gehüteten Goldklümpchen verkauften gegen allen möglichen Tand, den sie gar nicht brauchten. John Frum hat es befohlen, so hieß es. Dann kamen andere in die Stores und montierten höflich aber bestimmt einige der Preisschilder ab, doch nicht um zu plündern, nein, weil John Frum auf gewisse Farben ein Tabu gelegt hatte, nämlich auf rot, blau und gelb. Wenn man hingegen eine Kleidung in bestimmten leuchtenden Farben trug, so wurde das anerkennend bewertet: man trug die Farben von John Frum. Noch vor kurzem war Sulphur Bay das Mekka der Anhänger John Frums, des schwarzen Gottes von Melanesien, dessen Name eine Verballhornung des Zweiten Weltkriegs darstellt, weil die GIs sich mit den Worten vorstellten "Hi, I'm John from America". Da die Melanesier Amerika nicht kannten, blieb es bei John Frum.
In endlosen monotonen Gruppentänzen, die vom Papst der John-Frum-Leute zelebriert wurden, wurde in Sulphur Bay auf Tanna die Heimkehr der Melanesier zur Erde ihrer Väter beschworen. Dann gingen sie wieder nackt, warfen sie die Segnungen der westlichen Zivilisation energisch über Bord und wurden wieder Wilde. Sie schworen den christlichen Kirchen ab und den Kleidern, der regelmäßigen Arbeit und der Schule. Statt Bier tranken sie wieder Kava, zelebrierten den ein wenig nach wilder Minze schmeckenden Saft am späten Nachmittag auf dem Yimwayim mit solcher Präzision, daß die Europäer spöttisch von der "Fünfuhr-Kava" zu sprechen pflegten. Und die Frauen bemalten sich ihre Gesichter und Körper exakt in den Farben von John Frum, dem legendären Messias, der von großen Unterseebooten begleitet kommen soll, und dessen drei Söhne Flugzeugen entsteigen.
Von der Osterinsel bis Madagaskar: der Periplus der Melanesier
Während das Zentrum Melanesiens, wie wir es im engeren Sinne nennen, östlich und nördlich von Australien liegt, gehören doch die Aborigines, die australischen Ureinwohner ebenso zu den Melanesiern wie die Madagassen im fernen Westen. Man nimmt heute an, daß sich die Melanesier sich aus drei verschiedenen Komponenten gemischt haben. Am wichtigsten war wohl der Einfluß der Negritos, einer aus Südindien, vor allem von den Andamanen-Inseln, in den pazifischen Raum in kleinen Gruppen eingewanderten Bevölkerung von kraushaarigen und dunkelhäutigen Pygmäen, wie man sie heute noch in den unzugänglichen Berggebieten Neuguineas, Bougainvilles, der Salomonen und Vanuatus findet. In Australien, das sie einst ganz besiedelten, wurden sie später in den Süden, nach Queensland und Tasmanien, abgedrängt, wo sie ausstarben. Man findet ihre Reste auch auf Java.
Eine Gruppe späterer Einwanderer waren die sogenannten Veddoiden, dunkel, groß und von wellig-schwarzem Haar, die sich mit den Negritos vermischten und die Aborigines des australischen Nordens, sowie den Hauptteil der Bevölkerung der Salomonen, Hebriden und Fijis bildeten. Diese Veddoiden haben wohl ebenfalls ihren Ursprung in Südindien genommen, wo die Veddahs noch heute eine beachtliche Bevölkerungsgruppe sowohl auf dem Festland wie in Sri Lanka bilden.
Zu diesen beiden Komponenten gesellte sich nach Ansicht der Anthropologen eine dritte, die der hellhäutigen, stark behaarten Ainoiden, die - wie man nach Forschungen über die Herkunft der austronesischen Sprache vermutet - aus Südchina stammten und sich mit den dunklen Völkern in verschiedener Weise vermischt haben, dabei die hellhäutigen Polynesier und in dunklerer Tönung die Papuas bildend. Eine hellere Variante der Papuas sind die mit Malaien vermischten Ambonesen, die westlich Neuguineas auf Inseln leben und einen vergeblichen Freiheitskampf gegen die Indonesier geführt haben. Eine ähnliche Mischung, allerdings zwischen Polynesiern und Malaien, sind die Mikronesier. Reist man von Neuguinea aus nach Westen, dann werden die Spuren der Melanesíer immer dünner; immer vollständiger haben Malaien und andere später aus Norden eingewanderte Völker die "Kanaken" verdrängt.
Madagaskar: Vazimba und Betsileo
Um so größer ist das Staunen dann, wenn man in Madagaskar wieder auf die vertrauten Papua-Gesichter stößt, einwandfrei identifizierbar und von dem Hauptteil der Bevölkerung, der im wesentlichen malaiischen Ursprungs ist, stammesmäßig unterscheidbar. Beide Gruppen sprechen eine im wesentlichen melanesische Sprache, tragen eine melanesische Kultur und pflegen jene weltweit so berühmt gewordene Gepflogenheit Melanesiens, die wir in falscher Betonung "Tabu" nennen, in Malagasy "Fady".
Vor der Südostküste Afrikas liegt Madagaskar, diese festlandartige Insel, in der Größenordnung vergleichbar mit Neuguinea. Ein wahres zoologisches Museum ist dieses Bruchstück des versunkenen Erdteils Gondwana, der einst Ostafrika mit dem Deccan, dem zentralen Hochland Indiens, und Westaustralien verbunden haben soll. Hier allein findet man die Lemuren, graziöse Halbaffen und den Äpyornis, den einst größten Vogel der Welt, der ausstarb, weil er nicht fliegen konnte und weil ein Schenkel größer war als ein Mensch und einem ganzen Stamm Nahrung bot. Seine Eier, die manches Museum zieren, erreichen die Größenordnung von zehn Litern Volumen.
Irgendwo in der Legende sind auch die Vazimba angesiedelt, die Ureinwohner Madagaskars. Dunkel waren sie sicherlich, vielleicht Pygmäen, vielleicht waren sie sogar Nachkommen jener seefahrenden Negritos, die von Südindien aus den Pazifik besiedelten. Klar ist jedenfalls, daß die Monsunwinde eine Art Einbahnverkehr zwischen Südindien und Ceylon einerseits und Madagaskar andererseits erlauben. Da die Richtung der Winde halbjährlich wechselt, kann man selbst mit einem einfachen Segelboot im November bis Februar von Indien nach Madagaskar fahren und mit dem Monsun im Mai/Juni wieder zurückkehren. Dieses System funktioniert so vorzüglich, daß nicht nur die Besiedlung der Insel von Asien aus ermöglicht wurde, sondern daß auch zu historischer Zeit Kaufleute, vor allem Araber, den Trip regelmäßig machten.
Über das fast baumlose Hochland Madagaskars zieht sich ein lockerer Teppich menschlicher Präsenz: Dörfer aus jenen zweistöckigen Bauernhäusern mit überdachter Loggia, die Jean Laborde, ein französischer Abenteurer, eingeführt hat, und Reisterrassen wie in Asien, sorgfältig getreppt, vom Regen des Winters im Juni bis August durch Gefälle bewässert. Zeburinder mit weit ausschwingendem Gehörn und Schulterbuckeln waten knietief vor einer primitiven Egge durch die unter Wasser stehenden Felder, durch Zuruf und Stockschlag gelenkt von fast schwarzhäutigen Männern, während die Frauen - ewiges Bild Asiens -- mit gebeugtem Rücken die Reispflanzen pikieren. Das sind die Betsileo "die zahllosen Unbesiegbaren", einer der größten Stämme Madagaskars. Ihre mit Kuhhörnern geschmückten Stelen gemahnen an hölzerne Stelen auf den Salomonen und in Vanuatu. Ihre Vettern im Tiefland, vor allem an der regenreichen Ostküste mit ihren Urwäldern, leben weiterhin so wie im Pazifik. Ihre palmstrohgedeckten Häuser ähneln denen der Salomonen und Vanuatus aufs Haar. Ihre Kultur, ihre Sprache und Musik ist bestimmend für die Inselnation geworden, und die später angekommenen vorwiegend malaiischen Stämme, vor allem die Imerina des Hochlands, haben sich eingefügt.
Aufbruch zu neuen Gestaden
Von Madagaskar bis zur Osterinsel und wer weiß - vielleicht noch weiter bis nach Südamerika und Ostafrika -- reichte Melanesien, das Reich der Schwarzen, die doch keine Afrikaner sind, dieser fleißigen Ackerbauern und Fischer, die mit ihren Pirogen - den Auslegerbooten - so weit zu reisen verstehen.
Auf den Atollen des Pazifik gilt noch heute ein besonderes Gesetz für den überführten Sünder, den mit den Seinen vergeblich Hadernden, den Ausgestoßenen. Er weiß genau„was er zu tun hat: er packt Proviant in Blätter, nimmt ein paar Angelhaken, einen Behälter mit Wasser und rüstet sein Boot. Eines Morgens sticht er in See, heimlich beobachtet von den Seinen. Während die Brise sein Segel bläht und ihn hinausträgt in die leere Weite, wo die Inseln so dünn gesät sind, daß man eine Gruppe von ihnen durchqueren kann,ohne jemals Land zu Gesicht zu bekommen, werden die Palmen seines Stücks Erde an der Kimmung immer kleiner. Verzweiflung packt den einsamen Seemann: werden sie das Boot schicken, das ihm sagt: alles ist verziehen, du hast recht gehabt, kehre zurück!
Kein rostfarbenes Segel entfaltet sich vor den Palmen, die Insel versinkt im Horizont und der Beinahe-Selbstmord ist nun beschlossene Sache. Tage, Wochen und Monate wird das Boot seinen Passagier hinaus tragen bis er verdurstet, bis ein Taifun das schwache Gefährt zertrümmert oder bis sich melanesisches Schicksal erfüllt wie in Jahrtausenden: eine Insel zu finden, aufgenommen zu werden, weiterzuleben wie ein Neugeborener, dessen Kindeskinder noch lange die Legende von der großen Reise erzählen werden.
Analysts tracking Russian influence operations find a feedback loop between Kremlin propaganda and far-right memes.
This article has been updated to include a comment provided by Sputnik after this story was published. Sputnik’s full comment can be found here.
Angee Dixson joined Twitter on Aug. 8 and immediately began posting furiously — about 90 times a day. A self-described American Christian conservative, Dixson defended President Donald Trump’s response to the unrest in Charlottesville, criticized the removal of Confederate monuments and posted pictures purporting to show violence by left-wing counterprotesters.
“Dems and Media Continue to IGNORE BLM and Antifa Violence in Charlottesville,” she wrote above a picture of masked demonstrators labeled “DEMOCRAT TERROR.”
But Dixson appears to have been a fake, according to an analysis by Ben Nimmo and Donara Barojan of the Digital Forensic Research Lab at the Atlantic Council think tank. The account has been shut down. Dixson’s profile picture was stolen from a young Instagram celebrity (a German model rumored to have dated Leonardo DiCaprio). Dixson used a URL shortener that is a tell for the sort of computer program that automatically churns out high volumes of social media posts whose authorship is frequently disguised. And one of her tweets attacked Sen. John McCain for his alleged support of Ukrainian neo-Nazis, echoing language in tweets from Russian outlets RT and Sputnik.
A screenshot of one of Angee Dixson's tweets, before the account was suspended (Twitter)
The same social media networks that spread Russian propaganda during the 2016 election have been busily amplifying right-wing extremism surrounding the recent violence in Charlottesville, according to researchers who monitor the activity. It’s impossible to tell how much of the traffic originates from Russia or from mercenary sources. But there were hordes of automated bots generating Twitter posts and much more last week to help make right-wing conspiracy theories and rallying cries about Charlottesville go viral.
A sample of 600 Twitter accounts linked to Russian influence operations have been promoting hashtags for Charlottesville such as “antifa,” a term for activists on the far left; and “alt-left,” a term Trump used, which was interpreted by many as suggesting an equivalence between liberal demonstrators and white nationalists in the so-called alt-right.
The sample includes accounts that are openly pro-Russian and push content from state-controlled outlets RT and Sputnik, which a joint U.S. intelligence assessment concluded are “part of Russia’s state-run propaganda machine.” The sample also includes those, like “Angee Dixson’s,” that seem to be written by typical Americans. And it follows automated bots that help make messages go viral and even users around the world who spread the Kremlin’s messages whether or not they mean to support Russia. The network is tracked by four researchers working with the Alliance for Securing Democracy, a project of the German Marshall Fund that seeks to expose efforts to undermine Western democracy.
(A spokesperson for Sputnik took issue with the assertions about it in this article, providing 22 links to the news service’s articles that she called “highly critical of the president’s response to Charlottesville.” She argued that to “ignore that reality … would only mean that you are fixing the facts to push a false narrative.” The spokesperson also disputed that Sputnik is a vehicle for any purported Russian disinformation campaign.)
“The Russian influence networks we track are definitely amplifying the broader alt-right chatter about Charlottesville,” one of the researchers, J.M. Berger, said. “The major themes they have been pushing are the ‘both sides are violent’ argument and conspiracy theories that George Soros was behind the counter-protests, although the latter has been trending more sporadically.”
The latest Soros accusation, which PolitiFact found to be baseless, shows another aspect of how messages snowball as they pass between the American right-wing and Russian propagandists, according to Nimmo. A U.S. right-winger asserts a “fact,” a Russian news agency fuses it with a Kremlin narrative, and then American right-wing websites parrot the Russian news agency’s assertion.
Soros, a Hungarian-American investor and major Democratic donor, long ago became a frequent bugaboo for the Kremlin and for Republicans. He funds the Open Society Foundations, which support democracy and development around the world — and they have given money to ProPublica, including its Documenting Hate project, while accounting for less than 3 percent of ProPublica’s revenue so far this year. Many recipients of Soros’ contributions are viewed as politically liberal, but some right-wingers and the Kremlin tend to see his hand (or more precisely, his wallet) in any action they perceive as left-wing.
The accusation that Soros was behind the Charlottesville counter-protesters appeared to have been first uttered by Alex Jones, the conservative conspiracy theorist and provocateur, on Aug. 14. The next day, Lee Stranahan, a host for Sputnik, repeated the claim in several YouTube videos, according to Nimmo. Stranahan was previously a prominent advocate for the #FireMcMaster campaign against national security adviser H.R. McMaster.
The pro-Russian networks are also injecting Russian propaganda about other countries into U.S. far-right circles. After Jones’ InfoWars interviewed Stranahan on Aug. 15, Stranahan’s charge that the U.S. is hypocritical for supporting Nazis in Ukraine (a years-old Kremlin line) while condemning them at home appeared on fringe websites such as Mint Press News, TheLastAmericanVagabond.com, BBSNews and JewWorldOrder, Nimmo found.
“Given the number of channels that propagated the narrative at the same time, it is not possible to say whether a single channel or many different channels inspired the American actors’ linkage of Charlottesville and Ukraine,” Nimmo wrote in a blog post. “What does appear probable is that the U.S. activists derived their narrative directly from the Kremlin and its supporters — and thus amplified Russian disinformation in America.”
Some in the self-described alt-right have embraced Russian support. At an earlier protest of the removal of a Confederate monument in Charlottesville in May, people chanted“Russia is our friend!”
Tracking disinformation online is challenging because it can be hard to discern users’ motivations and affiliations. But congressional investigators probing Russia’s interference in the 2016 election are interested in how social networks spread fake news and propaganda, such as documents stolen by Russian hackers from the Democratic National Committee and Hillary Clinton’s campaign chairman.
“The Internet and social media provide Russia cheap, efficient and highly effective access to foreign audiences with plausible deniability of their influence,” another of the researchers working with the Alliance to Secure Democracy, Clint Watts, told the Senate Intelligence Committee in March. “This pattern of Russian falsehoods and social media manipulation of the American electorate continued through Election Day and persists today.”
Correction, Aug. 25, 2017: An earlier version of this article mischaracterized the composition of the 600 accounts tracked by the Alliance for Securing Democracy. The sample includes openly pro-Russian accounts that push content from RT and Sputnik, but RT and Sputnik are not themselves in the sample.
Apart from Eritreans and some Afghans there are few genuine refugees among the migrants currently arriving in Italy. The stream of boat people taken to Italian shores is drying up because of measures taken by Italy and the government in Tripoli.
Mrs. Merkel and Mr. Gentiloni, both faced with upcoming elections, should be happy. Less satisfied are those predicting heavy loss of life because of the withdrawal of NGO vessels.
However, it is by no means sure that the numbers of casualties by drowning will increase. All depends on how the smugglers and the Libyan coast guard react to the new situation.
According to a report carried by Huffpost, the coast guard now charges NGO ships between US$ 40,000 and 60,000 in cash for the permission to save a rubber boat full of migrants. This means another twist in the sad economics of illicit migration. If the report is true it means that the coast guard, authorized by a wannabe Libyan government, wants its cut in the profitable trade in humans.
In all likelihood the smugglers on the Libyan coast are as furious about the new tax as the NGO operators in the Mediterranean. In economic terms, the new measures taken by Italy and Tripoli, already drastically reducing the flux of migrants, will raise the fees charged by smugglers. More than the danger of risking drowning, the increased cost of buying a place on a boat is going to make it impossible for most migrants already in Libya to afford sea travel to Europe.
In past months, the smugglers’ work was easy. All they needed was a Chinese made inflatable for $250 from Alibaba. They took the rubber boat filled to the brim with migrants to where the rescue ships were cruising, removed the valuable outboard engine and themselves, and told the migrants to call emergency numbers. Now the rescue ships are disappearing and the so-called Libyan coast guard is taking over. Faced with this situation, the smugglers are forced to return to their origins. Again they need expensive wooden boats fitted with engines strong enough to perform the trip to Lampedusa, Malta or even mainland Italy. Because of the strong currents prevailing in the Canal of Sicily some knowledge of navigation is required. Higher tariffs are the consequence which means that most sub-Saharan Africans are priced out of the market.
In practical terms, hundreds of thousands of migrants and refugees on the Libyan coast are waiting in vain-for their trip to Europe. Like the people vegetating in the refugee hotspot camps on the Greek islands, these migrants in Libya are blocked where they are. With insufficient funds to continue their travel to Europe they are faced with the horrible alternative of somehow returning to Bangladesh, Nigeria or Eritrea. Since returning will in most cases be impossible they are kept in limbo in Libya.
Once their misery has become known south of the Sahara and in Asia, information will spread that the Libyan route to Europe has been closed. People still willing to migrate will look for alternative routes: through Egypt and the Mediterranean, through Turkey and the Black Sea, through Morocco and even Algeria to Spain. Since Morocco and Spain have jointly developed a robust system of dealing with migrants, and Bulgaria is busy strengthening its border fence with Turkey, few viable options are left.
Despite all current efforts to discourage migration, there are still plenty of ways to get illegally into Europe. Crossing the Canal of Sicily at its narrowest point between Cap Bon in Tunisia and Mazara del Vallo in Sicily, for instance, takes a speedboat about four hours for the 78 miles distance. If you want to avoid immigration control it is sufficient to skip Mazara and travel a few more miles to Marettimo, a tiny Sicilian island, and from there as a tourist by hydrofoil to Trapani on the Sicilian mainland.
Europe is still wide open for those who can afford expensive travel. Current efforts to close the central Mediterranean route through Libya will only block cheap mass travel. Bangadeshis buying an all-in-one trip from Dhaka to the Libyan coast for US$2,500 or Senegalese traveling from Dakar to Libya for $500 will see their trip ending in a dead alley, being doomed to serve Libyans as slave labor, as pawns for extortion or being cut up for the organ trade.
The Balkans route and the Central Mediterranean route offered unique opportunities for mass migration. Hundreds of thousands correctly anticipated that the time window for cheap travel would not stay open for a long time: that Europe sooner rather than later would overcome its humanitarian scruples and block the routes.
Images of overloaded rubber boats and smugglers removing outboard engines in full view of NGO ships which are rescuing migrants from deflated boats will disappear. The smugglers will abandon the mass travel business and focus on high-value travelers. Less black Africans, more Pakistanis, Bangladeshis, Iranians, Syrians, Iraqis, Turks. Already in past years the smugglers kept different tariffs for Arabs and Africans. Syrian refugees, for instance, paid three to five times more than Nigerians for a place on the same boat.
However, there is no way of returning to the old days before mass migration started. The hundreds of thousands who made their way to Europe are acting as magnets for their families and friends at home. Ms. Merkel’s invitation to Syrian and other refugees has left a deep mark on the mind of millions. The glacier has started sliding and there is no way of stopping it. Millions are dreaming of Europe and have seen images which showed that the previously impossible has become possible.
Already in past years the world was astonished to see how much money citizens of some very poor countries were able to raise for their travel to Europe. Eight thousand dollars for a trip from Turkey to Italy, for instance. Or through the Balkans to Germany, Sweden, UK. From remote African villages to Algeria, France, Belgium. The smuggling business is a way of levying taxes in poor countries which consider migration of their citizens to Europe a potentially profitable investment because of the expected remittances.
Closing the mass migration routes means heating up a pressure cooker. Governments of poor countries are only too happy to get rid of young people and usually refuse to take them back when Europe tries to expel them. These countries, with the exception of Syria and perhaps Eritrea, experience strong population growth. Sudan, Niger, Iran and Iraq are adding close to 1 million every year to their population. In Egypt, Bangladesh and Ethiopia the total increases by 2 million or more a year. Pakistan grows by 3.8 million annually, and Nigeria tops the list with 4.8 million more citizens each year. In the Arab world, according to World Bank data, births exceed deaths by 8 million annually, and in Sub-Saharan Africa population is growing by a stunning 27.9 million per year.
Hence, year after year, the pressure in the cooker is rising. At the same time, economies are growing. Poverty is decreasing in most countries and more people are becoming able to dream the dream of Europe. Former hardscrabble subsistence farmers gain access to the money economy and learn to effect payments by smartphone. Money wired through Western Union and the like by successful migrants in Europe will encourage others to undertake the perilous trip of which crossing the Mediterranean is often the least dangerous part.
Since Europe refuses to accept more than a tiny trickle of legal immigrants from the Middle East and Africa, smugglers will remain pivotal by facilitating illicit migration. In fact, some migrants even praised their smugglers’ help despite the money they had to pay. In future, the relationship between tariffs charged by smugglers and the income levels in departure countries will determine how many people undertake the trip to Europe.
By forcing smugglers to raise their tariffs, Europe and its helpers in Turkey and Libya are trying to minimize the flow of migrants. The pressure of refugees on Turkey is currently decreasing because thousands of Syrians are returning home whereas in Libya the pressure is rising because new migrants from Africa and Asia continue arriving while smugglers cannot handle them as before. A swelling population of desperate foreigners along the Libyan coast is likely to cause trouble, incredible suffering and possibly mayhem. But, strangely, it might help Libya to overcome its political fragmentation.
Sabratha, Libya: An armed group is stopping migrant boats from setting off, causing a sudden drop in departures over the past month, sources in the area said. The group is made up of several hundred “civilians, policemen, army figures,” he said. It is conducting a “very strong campaign” that was launched by a “former mafia boss”... Another shift has been a clampdown on smuggling of Bangladeshi and North African migrants through Tripoli’s Mitiga airport, after a militia that controlled the trade was forced out.