Nicht wenige Personen sehen sich derzeit als Führer aller Gläubigen, als amīr al-muʾminīn, als Kalif. Es gibt Kalifen der Ahmadiyya, der Ismaeliten, gewisser Sufi-Orden. Und es gibt oder gab Abu Bakr al-Baghdadi, den selbsternannten Kalifen des Islamischen Staats – Daesh genannt. Neben ihm, der auf der Flucht oder tot ist, gibt es noch drei weitere religiöse Führer, die sich als amīr al-muʾminīn ansehen.
Die saudischen Könige von Arabien, die ihr Land frech Saudi-Arabien genannt haben, sind dank verwandtschaftlicher Verflechtung mit dem Sektengründer Mohamed Abdul Wahhab zugleich oberste Priester der Wahhabiten, die sich als einzige echte Gläubigen ansehen und Anspruch auf die Führung des sunnitischen Islam erheben. König Salman verkörpert also das Kalifat der Wahhabiten.
Sein Konkurrent und Erzgegner um die Führung der Gläubigen ist Ayatollah Ali al-Khamenei, oberster Priester des Iran und de facto Kalif der Schiiten (die den Titel nicht kennen), auch wenn seine Autorität gelegentlich von Ayatollah Ali al-Sistani, dem obersten Schiitenpriester des Irak, bezweifelt wird. Irans starke militärische Expansion in Irak, Syrien und Jemen unterstreicht den Führungsanspruch Khameneis in einer vom Niedergang der Sunniten und dem Aufstieg der Schiiten gezeichneten islamischen Welt.
Ein weiterer Kalif hat in den letzten Monaten erstmals seinen Führungsanspruch der Welt unverhüllt präsentiert: Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei. Er mischt jetzt in allen islamischen Fragen mit als sei er der Höchste. Ob in Malaysia, in Myanmar, in Libyen oder im Sudan, in Madagaskar oder in Bosnien, neuerdings auch in Katar, überall taucht Erdogan auf, baut Moscheen, schickt Emissäre oder ein Kriegsschiff, Waffen oder Nahrungsmittel. Seiner Umtriebigkeit liegt eine religiöse Zielsetzung zugrunde: die Etablierung der Führerschaft der Moslembrüder in allen sunnitisch dominierten Staaten. Für Moshe Ya'alon ist Erdogan der Führer der Moslembrüder geworden, eine Rolle, die der Obertürke mit Eifer und grossem Einsatz wahrnimmt.
Im Prinzip sind diese vier Kalifen einander spinnefeind: ihre Querelen dominieren das Geschehen in Nahen Osten, seit der Koloss USA auf seinen Führungsanspruch verzichtet hat. Erst Obamas Zurückhaltung in der Erkenntnis, dass man sich im Nahen Osten mit dem Versuch, Frieden zu bringen, nur Ärger einhandelt. Und nun die Konfusion im Weissen Haus, das von einem Extrem ins andere taumelt und amerikanische Innenpolitik exportiert. Weil Obama den pseudo-demokratischen Iran für respektabler hielt als die korrupten Golfmonarchien mit ihrem Terrorexport, muss Trump nun den Gegenpol, nämlich Saudi-Arabien, unterstützen, gegen den Iran und gegen Katar.
Ausgerechnet Katar. Im Jahr 1965 hatte ich das Vergnügen, als vermutlich erster deutscher Journalist Katar zu besuchen. Doha war damals ein staubiges Nest mit Lehmgebäuden, dessen Bazarstrasse, der Suk, ziemlich lang war. Auf der Suche nach etwas Bemerkenswertem fuhr ich ein paar Kilometer nach Süden zu einem von den Türken erbauten Fort, Al Wajbah, Ort einer historischen Schlacht, in der die Kataris 1893 eine osmanische Einheit besiegten und damit den Beginn der Unabhängigkeit ihres Mini-Staats erkämpften. Nun sind die Türken nach 124 Jahren zurück in Katar mit ihrem Militär, um das Ländchen gegen die Glaubensbrüder in Saudi-Arabien und Abu Dhabi zu verteidigen.
Saudi-Arabien, Bahrein, die Emirate, Ägypten und ein paar Mitläufer haben gemeinsam einen Boykott und eine Art Belagerung Katars verkündet, weil Katar angeblich den Terrorismus unterstützt. Das ist eine lächerliche Beschuldigung, denn alle Scheichtümer am Golf tun das in einer oder anderer Form, und der schlimmste Terrorpate ist fraglos Saudi-Arabien.
In Wirklichkeit werfen die Nachbarn Katar vor, die Moslem-Bruderschaft zu unterstützen und freundlich zu Iran zu sein. Katars Vorliebe für die Moslembrüder ist in der Tat bemerkenswert, denn sie sind Feinde aller Monarchien. Der populäre Fernsehprediger Yusuf al-Qaradawi gilt als spiritueller Leiter der Brüder und geniesst Gastrecht in Katar. Vielleicht ist es ihm gelungen, den jungen Emir Tamim bin Hamad Al Thani von den Lehren der hundert Jahre alten Bruderschaft zu überzeugen. Die Mitglieder der Boykottfront jedenfalls hassen die Moslembruderschaft und nehmen Katars “Verrat” übel.
Kaum hatten die Saudis den Boykott Katars verkündet, da eilte Brüder-Chef Erdogan den Kataris zu Hilfe, erst mit dem scheinheiligen Angebot, zu vermitteln und danach mit der Lieferung von Nahrungsmitteln, Waffen und Truppen. Dass das reiche Katar die Hilfe üppig belohnen wird, steht ausser Zweifel. Bleibt nur die Frage, wie es die Türken eines Tages wieder los werden wird. Als die Saudis alle Werke Yusuf al-Qaradawis verboten, eilten ihm türkische Religionsgelehrte prompt zu Hilfe, wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtet: “Wir erklären, dass wir mit dem Katarischen Staat und Gelehrten wie Qaradawi sind, die gegen den Imperialismus stehen. Wir fordern, dass die irrationale Aktion gegen sie endet.”
Dass die Türkei an allen Fronten für Katar und die Brüder kämpft, hat noch einen anderen Grund: angeblich hat Abu Dhabi durch den berüchtigten Palästinenserführer Mohamed Dahlan im vergangenen Jahr der Gruppe des Erdogan-Feindes Fethullah Gülen 3 Milliarden Dollar für die Durchführung eines Militärputsches in der Türkei gegeben. Der Putschversuch fand im Juli 2016 statt, aber Gülens Beteiligung ist mehr als fraglich. Die türkische Gerüchteküche brodelt wie immer und zögert nicht, einen fremden Kronprinzen,Mohammed bin Zayed al-Nahyan von Abu Dhabi, zu beschuldigen.
Ungewöhnlich ist das Verhältnis zwischen der Türkei und dem Iran. Die Türkei half dem Iran jahrelang kräftig, die westlichen Sanktionen zu unterlaufen, vor allem mit Goldhandel. Erdogan scheint den schiitischen Glaubensfeind zu bewundern: sein Bemühen, die Türkei, ihre Politik, ihr Bil;dungswesen und ihr Militär zu islamisieren deutet darauf hin, dass er eine demokratisch dekorierte Theokratie nach iranischem Vorbild anstrebt, wenn auch sunnitisch und mit einem Präsidenten statt einem Priesterkönig als oberstem Chef. Es könnte sein, dass Erdogan den Iran-freundlichen Kurs Katars massgeblich mitträgt.
Dass die deutsche Bundesregierung angeblich die Position Katars unterstützt ist eine unnötige und gefährliche Teilnahme an einer Schlammschlacht islamischer Sekten. Wer sich auf die Seite Saudi-Arabiens schlägt, fördert Salafisten und Dschihadisten weltweit; wer mit Katars Position sympathisiert, unterstützt die Moslem-Bruderschaft und den Iran. Egal, ob Saudi-Arabien, Katar, Abu Dhabi, Dubai oder Kuweit, alle Scheichtümer fördern irgendwelche islamischen Radikalisten, darunter al-Qaeda und Daesh, den Islamischen Staat und ihre Ableger in Jemen, Somalia, Libyen und Westafrika, Afghanistan, Pakistan und Südostasien.
Nach wie vor ist Barack Obamas Prinzip, mit den Scheichtümern (einschliesslich der Türkei) so wenig Umgang wie möglich zu pflegen, das einzig richtige. Warten wir ab, wer von den diversen Kalifen als Sieger hervorgeht, vielleicht Ali al-Khamenei im Iran. Das wäre dann vor allem ein Problem Israels.
Heinrich von Loesch
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Flohmärkte sind beliebt. Sie nehmen stark an Zahl und Grösse zu. In den USA sind sie bestens organisiert mit eigenen Zeitungen. In Pennsylvania und Florida stellen sie einen wichtigen Wirtschaftsfaktor mit tausenden Händlern dar. In Europa werden sie, ausgehend von den berühmten Puces in Paris, allmählich ebenfalls zu einem Wirtschaftsfaktor. In München findet jährlich ein grosser Markt auf der Theresienwiese statt. In Rom wird jeden Sonntag der wohl grösste Flohmarkt des Mittelmeer-Raums an der Porta Portese veranstaltet.
In der Ära von Industrie 4.0, Amazon, Outlet Centers und Drohnenzustellung wirken Flohmärkte wie aus der Zeit gefallen. Doch sie prosperieren höchst anti-intuitiv. Weshalb?
Ein Geheimnis ihrer Vitalität ist keines: die Steuerfreiheit. Je höher ein Staat die Mehrwertsteuer, die Gewerbesteuer und die Einkommensteuer schraubt, desto mehr Gewerbetreibende und solche, die es werden möchten, flüchten in Internet und Flohmärkte. In den USA mit ihrer notorisch schwachen Altersversorgung finden mom & pop-Senioren fröhliche und oft einträgliche Erwerbstätigkeit auf den fliegenden Märkten. Die Sehschwäche des Auges des Gesetzes ausnutzend, wird von Diebesgut über Markenfälschungen bis zu verbotener Ware und illegalen Einfuhren vieles auf der Basis gehandelt, dass Verkäufer und Käufer sich nie wieder begegnen. Und falls doch, dann herrscht Amnesie. Die mit Internet und Ebay aufgewachsene Generation sieht Kleinst-Handel als ganz gewöhnliche Nebentätigkeit an und hat keine Hemmungen, auf Flohmärkten einzukaufen und sogar selbst dort aufzuschlagen.
In Rom wimmelt die Porta Portese von ausländischen Verkäufern, meist Bangladeshi und Arabern. Der italienische Standinhaber zählt das Geld, der Bangladeshi schreit die Ware aus und verkauft sie. Das Vertragsverhältnis zwischen Patron und extracomunitario: Bargeld brevi mano, von Hand zu Hand. Flohmärkte sind zunehmend bedeutsam nicht nur als effizienter Vertriebsweg, sondern auch als Mittel der Arbeitsbeschaffung. Vom frisch angekommenen Asiaten, der gewissermassen noch nass vom Mittelmeer ist, bis zum bleichen Gefängnis-Entlassenen avanzo di galera, der einen Neuanfang braucht, ihnen allen bietet die Schattenwirtschaft der freien Märkte Möglichkeiten, die es nirgendwo sonst gibt. Wahrscheinlich integrieren Italiens fliegende Märkte mehr Migranten als alle staatlichen Initiativen zusammen genommen. Wer anspruchslos ist, schlechtes Wetter nicht scheut und früh aufsteht, ist willkommen. Die Flohmarkt-Veranstalter verdienen glänzend. Sie interessiert nur eines: das Einsammeln der Standgebühren. Wer wer zu sein behauptet, ist ihnen egal.
In der Theorie ist der Flohmarkt ein Gebrauchtwaren-Markt. In der Praxis werden mehr und mehr Neuwaren zu steuerfreien Preisen angeboten. Wie geht das? Es reicht, auf dem Stand auch ein paar gebrauchte Sachen zur Dekoration auszulegen, schon ist dem Gesetz Genüge getan. Wer einen Flohmarkt wie die Porta Portese gut kennt, findet dort einen erheblichen Teil des Haushaltsbedarfs, der Kleidung, der Technik, der Elektronik in neuer und oft ordentlicher Qualität, zu akzeptablen Preisen. Garantie? Man kennt den Händler.
Die Gewohnheit vieler Leute, die Märkte des Wochenendes für Spaziergänge samt shopping zu benutzen, führt im Extremfall dazu, dass Flohmarkthändler höhere Preise als reguläre Läden verlangen. Manche Einwanderer aus dem tiefen Süden und Osten scheuen sich, in Läden einzukaufen: Schwellenangst. Auch recycling von Waren ist durchaus drin, wenn beispielsweise ein Stand für Provinz-Spezialitäten in Roms Conca d’ Oro-Markteine Käsesorte von Lidl verkauft, mit Aufschlag, versteht sich.
So weit ist das alles ganz lustig und bildet zur Freude der Anarchisten einen wachsenden und wenig reglementierten Freiraum. Bedenklich wird die Entwicklung erst, wenn der steuerfreie Handel ausser Kontrolle gerät und, wie in Pennsylvania, einer der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes mit tausenden von Händlern wird. In Rom ist es so weit, dass der etablierte Handel unter der Konkurrenz der Freien leidet und protestiert, bislang vergeblich.
Typisch für Italien und insbesondere Rom sind fliegende Stände, bancarelle genannt, die tagaus, tagein alle Knotenpunkte des Lebens belagern. Bahnhöfe, Kaufhaus-Eingänge, Sehenswürdigkeiten, Ämter, Haltestellen, Friedhöfe. Von den 10.000 fliegenden Gehweg-Händlern Roms, selbst vor den Mülltonnen, haben nur 2000 einen Gewerbeschein, die anderen 8000 sind illegal. Sie handeln mit allem, was es auch in Läden gibt: vor allem Kleidung, Schuhe, Wäsche jeder Art, Taschen, Schirme, Schreibwaren, Spielzeug, Souvenirs, Smartphones und Zubehör. Damit machen sie den Kaufhäusern, vor denen sie aufgeschlagen haben, Konkurrenz: sie verkaufen aber auch die Produkte einer ganzen Fälschungsindustrie. Der Ponte S. Angelo, die Engelsburg-Brücke war bis vor kurzem fest in der Hand von Senegalesen, die Vuitton-Kopien und andere Fälschungen den Touristen aufdrängten.
Rom allein zählt geschätzte 20.000 illegale Betriebe, fünf Prozent aller regulären Unternehmen. Von Fälscherwerkstätten über fliegende Händler auf den Gehwegen, illegale Autoverleihs und wilde Übernachtungsbetriebe ist ihre Zahl in den Jahren der Krise regelrecht explodiert. Wenig Polizei, laxe Kontrollen und nicht angewendete Vorschriften sind laut LaRepubblica (29/5/17) Gründe für diese Entwicklung. Neben den 3500 offiziellen Hotels und Pensionen Roms gibt es wenigstens 3500 weitere Herbergen ohne Zulassung, vor allem im touristischen Zentrum.
“Kontrollen der Polizei sind notwendig und wir sind dankbar dafür”, sagt Valter Giammaria, der Präsident des Einzelhandelsverbandes von Rom, “aber sie reichen bei weitem nicht. Die parallele Wirtschaft ist so riesig, dass nur ein massives Einschreiten der Polizei in der gesamten Stadt Erfolg versprechen würde”. (La Repubblica 29/5/17) “Rom ist unter den grossen Städten ein Sonderfall geworden, eine Geisel des illegalen Handels, der durch seine bancarelle und rollenden Kioske das Antlitz der Stadt verändert hat.” Die etablierten Händler reagieren auf die Flut der Billigwaren, indem sie selbst die Qualität senken, um konkurrenzfähig zu bleiben, klagt Giammaria. Auch der Fremdenverkehr reagiert, indem er sich vom Elite-Tourismus der Pilger und Kunstkenner zu einem Billig-Massentourismus wandelt mit Pizzerien, fragwürdigen Eisdielen und chinesischen Souvenir-Läden.
Man sollte meinen, dass sich die Politik für das Problem interessiert, denn die Lizenzen für rund die Hälfte aller rollenden Imbisswagen, Kioske und geschätzte 90 Prozent der bancarelle gehören einer einzigen grossen Römer Sinti-Familie, den Tredicine, die Millionen damit verdienen. Die Standbetreiber sind fast ausschliesslich Bangladeshi. Eine informelle Umfrage zeigte kürzlich, dass neun von zehn Standinhabern bei der Frage nach ihrem Lizenzträger den Namen "Tredicine" angaben. Seit Jahrzehnten dominieren die Tredicine das ambulante Gewerbe, sitzen im Stadtrat und liessen sich kürzlich von der neuen Stadtverwaltung der Grillina Virginia Raggi ihre seit den sechziger Jahren existierende Quasi-Monopol-Position erneut langfristig bestätigen und festigen, zur Überraschung der Öffentlichkeit, die von Raggi energische Schritte zur Eindämmung der Misstände erwartet hatte.
Roms starke Zuwanderung aus Asien und Afrika stärkt die parallele Wirtschaft enorm. Die Ankömmlinge stammen aus Ländern, in denen seit Menschengedenken der Bazar das Zentrum der Wirtschaft ist, sei es in Damaskus oder in Addis Abeba, dessen Mercato als der grösste Markt Afrikas gilt. Egal ob Flüchtling oder Migrant, legal oder illegal: der Markt bietet ihnen den schnellen Weg zum kleinen Geld. *)
Der frappante Aufstieg der parallelen Wirtschaft in Rom mag ein Sonderfall sein, aber er zeigt die Richtung, in die es geht. Mit yard sales und Hof-Flohmärkten fängt es an und lässt sich kontrollieren, so lange die Wirtschaft stabil bleibt. Sobald eine Krise kommt mit Einkommens-Rückgängen, hoher Jugend-Arbeitslosigkeit und massiver Armuts-Einwanderung, dann kann die alternative Ökonomie rasch alle Bande sprengen. Wie schnell das gehen kann, zeigen UBER und AirBnB, auch ohne Krise. Nicht zu vergessen Ebay, das elektronische Äquivalent des Flohmarkts.
Drei Soldaten in Zivil wurden von rund 50 Personen bedrängt, als sie in der Piazza Vittorio in Turin zwei Jugendliche aus Bangladesh stellten, die aus einem Rollgepäck voll von 60 Flaschen alkoholische Getränken verkauften. Nach Abbau der Spannung konnten die Soldaten die Ware beschlagnahmen und 14.000 Euro Geldbussen verhängen.
Update II
*) Die Bürgermeisterin Roms, Virginia Raggi, hat angesichts der starken Präsenz von Migranten in Rom und dem kontinuierlichen Zustrom von ausländischen Bürgern das Innenministerium aufgefordert, ein Moratorium für Neuankünfte in der Hauptstadt zu verhängen.
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Am Ende eines Krieges ist ein Land in der Regel ausgelaugt. Die Entbehrung der Kriegsjahre, die Konzentration auf ein einziges Ziel – die Rüstung – hatten Folgen. Alle zivilen Investitionen unterblieben. Während des Krieges lebte das Land aus der Substanz. So ähnlich geht es derzeit Italien nach fast einem Jahrzehnt Schuldenkrise.
Italien ist in einem jämmerlichen Zustand. Seit 1990 sind die Re-Investitionen des Staates in die Infrastruktur kontinuierlich gesunken und standen 2016 bei minus 47 Prozent des ursprünglichen Budgetanteils. Entsprechend stieg der Anteil des Verbrauchs an den Staatsausgaben um ebenfalls 47 Prozent. Noch drastischer fiel der Anteil der Neuinvestitionen in die Infrastruktur, nämlich um 64 Prozent im Vergleich zu 1990, laut einer Statistik des Bauwirtschaftsverbandes ANCE.
Nach 2008 hat sich im Zuge der Schuldenkrise der Abbau der öffentlichen Investitionen beschleunigt. Wie ein Kriegsziel hat in diesen Jahren die von Brüssel und Berlin geforderte Schuldenstabilisierung von den italienischen Regierungen volle Konzentration auf dieses Ziel gefordert. Mehr als die unabweisbaren täglichen Ausgaben mit so wenig neuen Schulden wie möglich zu finanzieren war nicht drin. Daher lebte Italien jahrelang aus seiner ohnehin niemals üppig gewesenen Substanz.
Italien, ein Flickenteppich
Das Ergebnis ist überall sichtbar, deutlich auch im Verkehr. Italiens Strassen in und ausserhalb der Städte sind ein einziger Flickenteppich; nur die privat finanzierte Autobahn ist in akzeptablem Zustand. Öffentliche Verkehrsbetriebe und Versorgungsunternehmen ächzen unter veraltetem, ständig Reparaturen erfordernden Material. Wo Reparaturen fällig werden. können sie aus Mangel an Material und Arbeitskräften oft nicht durchgeführt werden. Das Material steht daher unrepariert herum. Baustellen werden oft nur eingezäunt, abgeriegelt und bleiben Monate und manchmal Jahre liegen.
Was das für Italiens Wirtschaft bedeutet, zeigt sich am deutlichsten in Rom. Derzeit herrscht in der Kapitale am Tiber Aufregung über die Beobachtung, dass mehr und mehr grosse Firmen Rom verlassen und nach Mailand abwandern. Die Gründe sind leicht zu finden: eine chaotische Stadtverwaltung: seit die Grillo-Bewegung der Fünf Sterne mit Virginia Raggi ins Kapitol eingezogen ist und erst einmal 130 der Korruption verdächtigte Amtsvorsteher und 500 Beamte (la Repubblica 28/5/17) kaltgestellt und alle laufenden Ausschreibungen wegen Mafiaverdachts gestrichen hat. Da die Grillini weder über genug qualifiziertes Personal noch über wirklich korruptions-unverdächtige Mitstreiter verfügen, ist die Stadtverwaltung gelähmt: sie arbeitet nicht.
Nordflucht
Doch das ist nur einer der Gründe für die Abwanderung. Der Verkehr hat Ausmasse angenommen, die echt die Arbeit behindern. Die wenigen U-Bahnen fallen wegen Altersschwäche häufig aus. Der Busverkehr bleibt im Dauerstau stecken, die altersschwachen Busse gehen öfters in Flammen auf. Der Pendelbetrieb der Bahn ächzt unter Überfüllung und inhumanen Transportbedingungen. Angeblich ist Rom die am stärksten motorisierte Grossstadt mit einem Auto je Erwachsenen, plus einer halben Million Motorrädern. Da Führerscheine auch nach Gefälligkeit vergeben werden, kann man die Kenntnis der geltenden Verkehrsregeln nicht von allen Fahrern erwarten: deswegen ist im Gewühl höchste Vorsicht und Konzentration erforderlich. Entsprechend anstrengend ist vor allem der Stosszeitverkehr, so dass Arbeitskräfte morgens bereits erschöpft am Arbeitsplatz erscheinen und erst einmal die nächste Bar aufsuchen, um sich bei einem Cappuccino zu erholen.
Den Römern ist jedoch in den letzten Jahren eine grosse Hilfe zuteil geworden: das telefonino und sein Nachfolger, das Smartphone. Die Stunden im Verkehr machten die Römer zu kreativen Multi-Taskern. Während sie fahren, telefonieren und texten sie, nicht nur im Auto, sondern auch auf dem Motorrad und neuerdings auf dem Fahrrad. So lässt sich ein Teil der Büroarbeit unterwegs erledigen. Das ist natürlich keine Lösung im Sinne der grossen Firmen oder gar der Verkehrssicherheit.
Geografische Fliehkraft
Was sich in Rom am deutlichsten zeigt, gilt mutatis mutandis auch im Rest des Landes. Insgesamt zeigt sich, dass die Wirtschaft Italiens nach Norden drängt. Der Süden, der Mezzogiorno, ist bei Einkommen, Arbeitslosigkeit und anderen Indikatoren von der Krise deutlich stärker betroffen als der Norden. Nicht nur die grossen Firmen, auch die Mafias des Süden wandern in den Norden, so dass sich das regionale Ungleichgewicht immer stärker ausprägt. Gegenpole wie Bozen/Trient im Norden und Agrigent/Palermo im Süden streben wie durch Fliehkraft auseinander. Rom und Latium hatten sich noch einigermassen gehalten; jetzt droht auch dem Zentrum Italiens, in den Süden gestossen zu werden.
Dass sich trotz dieser Umstände Italiens Wirtschaft und der Arbeitsmarkt nach Jahren des Rückgangs stabilisiert haben, grenzt an ein Wunder. Hin und wieder verzeichnet man sogar ein wenig heftig applaudiertes Wachstum bei stagnierender Verschuldung, doch man vergisst dabei, dass die Erosion der Infrastruktur ungebremst weiter läuft. Brüssel und Berlin mögen denken, dass es Italien vielleicht doch schafft, sich zu erholen, wenn man nur lange genug wartet.
Auch Grillini sind Italiener
Das Gegenteil ist jedoch der Fall: mit jedem Jahr der mühsam erkämpften Stagnation wird Italiens Lage wegen der Auszehrung der Infrastruktur hoffnungsloser. Heute fliehen die Firmen aus dem Süden in den Norden. Die auswärtigen Investitionen steigen zwar nach Jahren praktischer Abwesenheit wieder ein wenig auf das Niveau des kleinen Dänemark. Aber sie gelten nicht der Produktion. sondern nur Vertrieb und Forschung. Noch dienen Mailand, Trient und Venetien als Ankerplätze für die Nordwanderer: aber wie lange noch? Was, wenn übereifrige Grillini im ganzen Land an die Macht kommen, den Augiasstall Italiens auszumisten beginnen und die auf Korruption gegründete Verwaltung zusammenbricht? Nicht umsonst fürchtet die Wirtschaft die kommenden Wahlen, denn die Grillo-Bewegung ist inzwischen laut Umfragen die stärkste Partei. Immerhin zeigt sich deutlich, dass Politstar Davide Casaleggio jr. die Bewegung in eine pragmatischere Richtung führt, weg von den radikal-sozialistischen Träumen seines verstorbenen Vaters und Parteigründers.
Die marode und weiter zerfallende Infrastruktur ist nur eines der grossen Probleme Italiens, wenn auch ein bisher weitgehend ignoriertes. Es gibt den tiefen Süden, wo das Volk Mafiabosse oft wie Heilige verehrt. Es gibt ganz Italiens Leitmotiv der furbizia, der Schlauheit, die dem Einzelnen empfiehlt, sich seinen Mitbürgern und der Gemeinschaft durch Schlauheit überlegen zu zeigen. Furbizia bedeutet, dass tausend dem Fiskus vorenthaltene Euro doppelt so viel Befriedigung stiften wie tausend erarbeitete Euros. Furbizia beweist, wer sich an der Kreuzung einen halben Meter vor seinen Nachbarn drängelt, weil ja das Gesetz sagt, dass bei einer Kollision stets der Recht hat, der weiter vorne ist. Es gibt das Problem der durch Interessengruppen blockierten Reformversuche in Politik, Justiz, Arbeitsmarkt und Wirtschaft. Es gibt das Damoklesschwert der ungeheueren öffentlichen Verschuldung Italiens, das von EZB-Chef Draghi noch gehalten wird; das aber sehr wahrscheinlich fallen wird, sobald Draghi die Zinsen steigen lässt. Die Angst vor dem spread, dem Indikator der Vertrauenswürdigkeit italienischer Staatsschulden, lähmt das Interesse in- und ausländischer Anleger trotz der lockend hohen Renditen.
Wachstum durch Substanzverzehr
Wollte man Italien helfen, aus seiner Selbstlähmung zu erwachen und echtes statt durch Substanzverzehr erzieltes Wachstum zu erreichen, so müsste man seine Infastruktur erneuern und ausbauen. Ein Projekt in der Grössenordnung von hundert oder mehr Milliarden. Bedauerlicherweise liesse sich ein solches Projekt nicht durch Kredite finanzieren, denn Schulden hat Italiens Staat ja schon im Überfluss. Wollte Europa seinem Gründungsmitglied auf die Beine helfen, so müsste es ihm die Mittel für das Projekt schenken.***)
Ganz abgesehen von den Problemen, die eine solche Zuwendung bei den Geberstaaten aufwerfen würde: in Italien selbst wäre es äusserst schwierig, ein grosses Infrastrukturprogramm durchzuführen. Hunderte, tausende von öffentlichen Ausschreibungen für die Arbeiten und Materiallieferungen wären erforderlich. In Italien bedeutet das einen Selbstbedienungsladen für die organisierte Kriminalität und die korrupte Beamtenschaft.*)
Spezielle Gegebenheiten
Die Kommission in Brüssel hat ein detailliertes Ausschreibungsverfahren entwickelt, das als sachdienlich und zuverlässig gilt. Doch das Parlament in Rom hat zahlreiche Gründe gefunden, warum das EU-Verfahren den “speziellen Gegebenheiten Italiens” angepasst werden müsse. In fast jedem der letzten dreizehn Jahre hat der Gesetzgeber an den Ausschreibungsmodalitäten gebastelt, stets um sie angeblich transparenter und vor Missbrauch sicherer zu gestalten. Das Gegenteil trat ein. Die Mafias und die anderen Kriminellen waren stets einen Schritt voraus, fanden neue Wege zur Bereicherung. Nur 32 Prozent der öffentlichen Vorhaben seit 2001 wurden tatsächlich durchgeführt, wie Affari-Finanza (29/5/17) berichtete.
Ein Beispiel: Unter Roms früherer Stadtregierung des Postfaschisten Gianni Alemanno wurde der städtische Gartendienst ausgedünnt: von über tausend Arbeitskräften auf zuletzt noch 140. Rom ist nicht nur eine grosse, sondern auch eine sehr grüne Stadt. Also wurde der Gartendienst privatisiert, mit Hilfe von Ausschreibungen. Darauf warteten die lokalen Kriminellen der Mafia Capitale, gründeten ländliche, angeblich bäuerliche Kooperativen mit frommen Namen und gewannen mit ihnen prompt die Ausschreibungen. Als die Grillina Raggi Bürgermeisterin wurde und das einträgliche Spiel mit den Ausschreibungen blockierte, gab es plötzlich keine Gärtner mehr. Ergebnis: Rom erstickt im Unkraut. Mehrere Parks mussten geschlossen werden, weil sie zugewuchert sind.
Es müsste also das Ausschreibungsrecht ent-italianisiert werden, bevor eine grössere Infrastrukturinvestition überhaupt denkbar wird, die nicht Italiens Schröpfköpfen der Mafias zufiele. Das und die Eingrenzung der furbizia in Parlament und Behörden aber erfordert internationale Überwachung nach griechischem Modell; eine bittere Pille, die bislang keine italienische Regierung zu schlucken bereit war. Aber wenn ein grosszügiges Angebot aus Brüssel käme...
Benedikt Brenner
*) Le mafie stesse rischiano di diventare 'autorità pubblica' in grado di governare processi e sorti dell'economia. "L'uso stabile e continuo del metodo corruttivo-collusivo da parte delle associazioni mafiose determina di fatto l'acquisizione (ma forse sarebbe meglio dire, l'acquisto) in capo alle mafie stesse, dei poteri dell'autorità pubblica che governa il settore amministrativo ed economico che viene infiltrato"
“All’interno di questa cabina di regia criminale – si legge ancora nella Relazione – è stato gestito il potere, quello vero, quello reale, quello che decide chi, in un certo contesto territoriale, diventerà sindaco, consigliere o assessore comunale, consigliere o assessore regionale e addirittura parlamentare nazionale od europeo.
***) " Wenn (von Brüssel auferlegte) äußere Zwänge uns davon abhalten, in sichere Straßen und Schulen zu investieren, dann müssen wir wirklich hinterfragen, ob es Sinn macht, diese Regeln zu befolgen“, sagte der EU-Skeptiker (Innenminister Matteo) Salvini. Kosten, die für die Sicherheit ausgegeben werden, dürften nicht nach den strengen EU-Regeln berechnet werden. „Es kann keinen Kompromiss zwischen Budgetgrenzen und der Sicherheit der Italiener geben.
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Le riforme pensionistiche sono la causa dell’alta disoccupazione giovanile in Italia? L’innalzamento dell’età per la pensione ha avuto effetti negativi sull’occupazione giovanile, almeno a livello locale. Il discorso è diverso quando l’economia cresce.
Riforme delle pensioni e occupazione dei giovani
Negli ultimi vent’anni, l’occupazione giovanile in Italia si è ridotta in modo sostanziale. I dati dell’Indagine sulle forze di lavoro mostrano che il numero di occupati in età 16-34 anni si è ridotto da 7,5 milioni nel 1996 a 4,9 milioni nel 2015. Il declino è cominciato prima della crisi del 2008. Nello stesso periodo, l’occupazione nella classe di età 50-70 è aumentata da 3,8 a 7,3 milioni.
Candidata naturale a spiegare il contemporaneo aumento degli occupati senior e la riduzione dei giovani occupati è la sequenza di riforme pensionistiche che dal 1996 al 2011 hanno innalzato l’età minima pensionabile da 52 a più di 65 anni. In seguito alle riforme, la quota di individui in età 50-70 che riporta di essere in pensione è diminuita dal 40 per cento nel 1996 al 27,6 per cento nel 2015. Alcuni sostengono che, costringendo i lavoratori a ritirarsi più tardi, le riforme abbiano aumentato l’occupazione senior con possibili effetti negativi su quella giovanile.
Un aumento dell’occupazione senior genera per forza una riduzione dell’occupazione giovanile se il numero totale di posti di lavoro in un’economia è fisso. E non è sorprendente che gli economisti abbiano contrastato questa idea. Ma se anche consentiamo che il numero di posti non sia fisso, qual è l’evidenza empirica a sostegno del punto di vista che riforme pensionistiche che allungano la vita lavorativa danneggiano l’occupazione giovanile?
Rispondere alla domanda non è semplice, perché le riforme pensionistiche toccano tutti. È quindi difficile distinguere i loro effetti da quelli di altri eventi macroeconomici, come ad esempio l’innovazione tecnica che influenza il livello e la composizione dell’occupazione.
Dati e stime sulle province
Le riforme pensionistiche, tuttavia, non toccano tutti allo stesso modo. In particolare, il loro effetto sull’offerta di lavoro locale (ad esempio provinciale o regionale) varia a seconda della composizione per classi di età della popolazione locale. Per intenderci, indichiamo con PT la popolazione locale in età compresa tra 50 anni e l’età minima pensionabile.
La figura 1 illustra come sia cambiata PT dal 2004 al 2015 nelle province italiane a seguito delle riforme pensionistiche avvenute in quegli anni. Le aree in blu scuro sono quelle dove il cambiamento percentuale è stato maggiore e le aree chiare sono invece quelle dove il cambiamento è stato minore.
Mentre il “trattamento” rappresentato dalle riforme pensionistiche è stato lo stesso nell’intero paese, la sua intensità è stata diversa tra mercati del lavoro locali diversi. È possibile utilizzare questa variabilità per stimare l’effetto causale delle riforme pensionistiche sull’occupazione locale giovanile.
Usando dati di 102 province italiane per il periodo 2004-2015, troviamo che un aumento a livello provinciale della popolazione tra i 50 anni e l’età minima pensionabile pari a mille unità induce una riduzione dell’occupazione giovanile in età 16-34 pari a 189 unità e una riduzione dell’occupazione degli individui in età 35-49 pari a 86 unità. D’altro canto, l’occupazione per la classe di età 50-70 aumenta di 149 unità. Nel complesso, l’effetto totale è negativo e l’incremento dell’occupazione senior non è tale da compensare la riduzione dell’occupazione giovanile.
Ciò può dipendere in parte dal fatto che il periodo 2004-2015 è stato caratterizzato da occupazione complessiva stagnante e tasso di crescita del Pil vicino a zero o negativo. Per capire se gli effetti stimati valgano anche per un lasso di tempo più lungo, che contiene una fase di crescita economica e occupazionale moderata, abbiamo stimato l’effetto causale delle riforme pensionistiche sull’occupazione regionale per il periodo 1996-2015. In questo caso, l’effetto di un incremento di mille unità della popolazione locale tra i 50 anni e l’età minima pensionabile sull’occupazione giovanile è negativo, ma decisamente minore in valore assoluto. Mentre l’occupazione locale in età 16-34 e 35-49 diminuisce rispettivamente di 68 e 28 unità, l’occupazione in età 50-70 aumenta di 304 unità. Complessivamente, se si considera un periodo in cui l’economia registra anche una fase di crescita, l’effetto delle riforme sull’occupazione complessiva è positivo.
Le stime suggeriscono due cose. Da una parte, anche senza assumere che il numero di posti di lavoro sia costante, le riforme pensionistiche che hanno alzato l’età minima pensionabile hanno avuto effetti negativi sull’occupazione giovanile, quanto meno a livello locale. D’altra parte, i costi occupazionali delle riforme sono minori quando l’economia nel suo complesso cresce.
Figura 1 – Variazione provinciali di PT tra il 2004 e il 2015. Dati Istat sulle forze di lavoro.
Turkey is still taking stock of its referendum on sweeping constitutional reforms, which delivered a crucial victory for the president, Recep Tayyip Erdoğan – albeit under highly contested circumstances.
The anti-Erdoğan “No” camp, led by the Republican People’s Party (CHP) and the Kurdish-led, left-leaning People’s Democracy Party (HDP), claim that about 1.5m ballots in favour of “Yes” were counted despite having no official stamp, which should have rendered them invalid. But their complaints have failed to overturn the result, and the new political reality is taking shape. Turkey’s parliamentary system will be restructured, greatly enhancing Erdoğan’s power.
The new “super-presidency” system is the ultimate realisation of the “New Turkey” rhetoric long propagated by Erdoğan’s right-wing populist (in a “conservative democrat” discourse) ruling party, Justice and Development (AKP). Whatever the coming years hold, they will be full of surprises. No one, including Erdoğan and the AKP, seems quite sure what to expect – but the implications of this new order are especially unclear for the Kurds.
In the absence of a clear prognosis, the future of the so-called “Kurdish right problem” is the subject of intense debate on all sides. Is New Turkey a renewed Ottoman millet system of religious politics, an Islamist project in the style of the Muslim Brotherhood, or a chance to realise the long-held dream of Kurdish self-governance?
The result was a beacon of hope for many in Turkey and beyond, but it faded fast. At a second election later in 2015, Erdoğan won an outright majority and formed a government, while the HDP lost 20 of its hard-won seats. Erdoğan’s approach to the Kurdish issue has since then been more hardline than ever.The Kurds briefly seemed to have a strong political voice in the form of the HDP. The party is noticeably different to the pro-Kurdish political parties of yore, espousing a leftist populist discourse of equality and liberty for all against the AKP’s growing conservative authoritarianism and neoliberal elitism. It’s also relatively popular among Kurdish movements: its efforts to mobilise the passion stirred up by the 2013 Gezi Park protests seemed to pay off at the June 2015 election, where it cleared the 10% national vote threshold to win seats in parliament, netting 80 MPs.
A more muscular approach
The president accuses previous governments of being “weak” in the face of the militarised Kurdistan Workers’ Party (PKK). He blames their failure on treacherous cadres within the police, military, and intelligence services – the same malign infiltrators he accuses of masterminding the failed coup attempt in July 2016. Expunging these factions, he says, will allow him to take a more muscular, highly militarised approach.
When the so-called Kurdish peace process ultimately broke down in 2015, the AKP government duly turned away from a peaceful path to a military one, vowing to vanquish the PKK altogether – all this with the zealous support of Turkish ultra-nationalists.
Violence soon returned to south-eastern Turkey. The HDP’s “human security” agenda was overwhelmed by a new armed conflict between security forces and the PKK’s youth branch, the Patriotic Revolutionary Youth Movement, who are using heavy weapons, digging trenches and erecting barricades down the side streets of cities and towns.
Meanwhile, in 2016, almost all the elected pro-Kurdish municipal authorities were replaced by state-appointed “trustees” and elected mayors arrested, while the tough state of emergency law has securitised the region as never before.To listen to Erdoğan, you might think none of this was happening. In his post-referendum victory speech, he claimed his support had substantially grown in the east and south-east, even though those regions voted “No” by large margins. The HDP counter-claims that what advances Erdoğan made can be chalked up to fraud, unfairness, and outright coercion.
Erdoğan seems to be looking for a new political representative for the Kurdish movement, one that will be more likely to toe his line. But as long as he oppresses the HDP, Kurdish politics will have no single mainstream political voice. The non-PKK, secular, socialist or Kurdistani (pro-Kurdish autonomy) political parties have yet to mobilise efficiently enough to carry much weight. The ensuing vacuum might be filled by a new actor – and not necessarily a secular, peaceful one.
One faction vying for the lead role is Hüda-Par, a radical Islamist party with links to the Hizbullah paramilitary group. But the majority of Kurds still associate Hizbullah with brutal violence, and secular pro-Kurdish factions are still popular, particularly since their victory against the so-called Islamic State just across the Syrian border.
So long as the Kurds lack a unified political voice, the newly empowered Erdoğan will continue to deal with them violently rather than peacefully – and their future in Turkey will remain out of their control.